Mein Leben ist nun mal gerade wie es ist. Nicht schlecht, aber auch nichts, was ich super toll finde. Ich weiß aber, dass ich es nicht ändern kann und sollte mich darauf einstellen, dass es ist wie es ist und wohl auch erst mal so bleiben wird. Es wird kein rettendes Licht am Ende des Horizonts kommen. Mich damit abzufinden ist leider nicht immer so leicht…
Es gibt Tage wie heute, da könnte ich heulen, wenn ich die Spülmaschine öffne, alles gespülte eigentlich nur ausgeräumt und aufgeräumt werden müsste und mir einfach die Kraft dazu fehlt. Ich stelle fest, dass ich auch keinen Bock mehr habe. Früher habe ich die Gläser mit Liebe direkt nach dem Spülgang nachpoliert. Früher hatte ich eine sauberere Küche. Früher hab ich öfter mal das Bad geputzt und mit meinem geliebten Staubsauger gesaugt. Heute finde ich mich damit ab, dass es eben ist wie es ist. Bei weitem nicht dreckig, aber auch nicht immer schön. Früher habe ich auch mehr gekocht. Früher habe ich so vieles, was einfach in dieser Form keinen Platz mehr in meinem Leben hat.
Ich tröste mich einzig und allein mit der Tatsache, dass es nicht nur mir so geht.
Unser aller Leben hat sich in den letzten drei Jahren durch Corona, Klimakrise und Krieg krass verändert. Hinzu gekommen sind dann noch persönliche und individuelle Faktoren.
Meine beste Freundin Maze, die ich kaum sehe oder spreche, singt von ihrem Haushalt dasselbe Lied, weil sich bei ihr auf der Arbeit was verändert hat, sie aufgestiegen ist und einfach Leute fehlen.
Meine Mum muss zum Glück nicht arbeiten, ist aber mit ihrem Fulltimejob, sich um meinen Dad zu kümmern plus den Haushalt, kochen und meine Katze Luna versorgen am Limit. Hinzu kommt noch der Stress mit meiner Tante, die gegenüber wohnt und die Gerichtsverhandlung gegen sie und ihren Mann.
Mein Bruder und seine Frau sind mit dem Führen des Farbenladens mehr als am Limit und ihnen fehlen ebenfalls die Leute und die wenigen, die da sind, sind mit der Situation auch nicht so ganz zufrieden, wie mir Observer immer wieder mitteilt, der dort seit letztem Jahr arbeitet. Er hat ein sehr gutes Gespür für Stimmungen und die Stimmung wird irgendwann kippen, wenn man sich nicht irgendwann mal zusammensetzt und redet, wohin die Reise eigentlich gehen soll, vor allem für meinen Neffen. Observer selbst wohnt nach wie vor eigentlich in Hamburg, wo seine Probleme liegen bleiben, die er nicht lösen kann, lebt aber mit mir in meiner 54 m² Zwei-Zimmer-Wohnung.
Mein Chef kämpft sich auch so durch. An Jobs fehlt es zum Glück nicht, aber wir bewegen uns auch nicht aus dem Minus raus und für die Gestaltung unserer Website und Aquisekram fehlt absolut die Energie. Seine Kinder sind zudem mittlerweile keine Kinder mehr, hören Gangstarap der übelsten Art und der Haussegen hängt schon seit vielen Jahren schief, weil seine Frau auch vollkommen überfordert und unzufrieden ist.
Warum ich das alles jetzt so aufschreibe? Es ist nicht mal wirklich detailliert und nur ein Bruchteil von dem, was ich eigentlich schreiben könnte, aber ich denke, das reicht, um euch einen Eindruck davon zu vermitteln, was mir noch so alles im Kopf herumspukt und mich belastet, weil es eben alles Menschen sind, die mir am Herzen liegen.
Und natürlich würde ich am liebsten helfen… und kann es nicht.
Gleichzeitig würde ich am liebsten ganz allein weit weg sein ohne irgendwelche Einflüsse von anderen. Das will ich schon sehr lange. Einfach weg von all den Problemen um mich herum, die nicht meine sind. Denn ich kann wirklich sagen, dass ich keine habe. Außer die Probleme der anderen, die ich liebe, und die ich dadurch zu meinen mache.
Wenn ich so zurückdenke, kam der Crash für mich eigentlich mit dem Unfall meines Vaters vor 1 1/2 Jahren. Ab da hat sich einfach alles verändert. Seltsamerweise ist das Verhältnis zu meinen Eltern besser denn je, auch wenn es zwischen ihnen sehr oft brodelt, besonders was meine Mum angeht.
Ich finde den Kontakt, den wir mittlerweile haben schön, aber eigentlich bin das nicht wirklich ich. Ich war nie ein Familienmensch. Ich wollte immer für mich selbst da und unabhängig sein und in niemandes Schuld stehen und so den Verpflichtungsgefühlen entgehen. Aber in so einer Extremsituation kann man sich dann doch nicht so leicht lösen. Dafür bin ich nicht egoistisch genug, auch wenn ich liebend gerne etwas egoistischer und ignoranter wäre. Dann würde ich nämlich auch mal Urlaub für mich nehmen und nicht nur für andere. Ich könnte dann auch ruhiger schlafen.
So habe ich aber das Gefühl, nichts mehr für mich zu tun, außer vielleicht mal auf der Konsole zu zocken. Aber etwas Geistiges tun? Geht gerade nicht. Lesen ist mir momentan auch zu anstrengend und schreiben ist schon lange tot.
Ich vermisse auch das Philosophieren mit Observer, was immer weniger geworden ist, weil ich es einfach nicht mehr kann. Mein Kopf ist zu voll und ich bekomme ihn nicht immer so leer, weil ich die konkreten Probleme nicht ausblenden kann, um über abstrakte zu philosophieren.
Ich vermisse auch die Tanzabende mit Maze oder allein, um mich auszupowern. Jetzt bin ich zu platt dafür und kann mir nicht mehr vorstellen, wie ich es jemals geschafft habe, die Nacht durchzutanzen.
Ich habe auch bei weitem nicht mehr die Energie, die ich in meine Arbeit stecken konnte.
Mir fehlt einfach die Konzentration, die ich für so vieles aufbringen konnte und die ich jetzt in so viele verschiedene Bereiche aufteilen muss. Das ist vermutlich das härteste für mich…: ich habe nur 100% Lui zur Verfügung. Früher gab es weniger Bereiche, die mich beansprucht haben und die ich zu einem gewissen Prozentsatz erfüllen konnte. Heute sind es so viele und ich habe oft das Gefühl, dass keiner dieser Bereiche der ist, den ich mir eigentlich für mein Leben wünsche bzw. ist für das, was ich mir wünsche einfach kein Platz mehr. Und noch dazu fühlt sich vieles so halbgar an und mir fehlt die Zufriedenheit, mit der ich meine Aufgaben früher erledigt habe.
Auch wenn es sich jetzt alles nicht so schön anhört, bin ich mit all dem nicht sterbensunglücklich, aber die Entwicklung gefällt mir jetzt auch nicht wirklich.
Ich erlebe natürlich auch andere Dinge, die schön sind, kann aber nichts mehr in Worte fassen außer Briefe an den Anwalt, der die Gerichtsverhandlung meiner Eltern betreut und Nachrichten an die Familie, damit alle auf dem gleichen Stand sind, weil mir die Missverständnisse in der Kommunikation zwischen den anderen einfach zu viel geworden sind. Zu diesem Zwecke habe ich – ICH! – mir ein Smartphone besorgt bzw. das alte iPhone von meinem Dad. Ja, ihr habt richtig gelesen: Ich habe ein Smartphone! Ich bin nicht glücklich damit, weiß aber, dass ich nun einfach nicht drum rum komme und es alles etwas einfacher macht, wenn ich allen in die Familygruppe über Nachrichten schreibe, anstatt meiner Mum per iMac, den ich extra anmachen muss, und meiner Schwägerin per Instagram in der Hoffnung, dass mein Bruder auch irgendwie informiert wird. Diese Gruppe mehr oder weniger zu leiten ist hoffentlich für alle Beteiligten weniger stressig.
So ist der also der Stand der Dinge…
Mittlerweile hat Observer zum Glück die Maschine ausgeräumt. Eigentlich sollte ich ihm das abnehmen, da er auch gestresst von so vielem ist, aber es ging einfach nicht. Ich kann nicht immer anderen allen möglichen Stress vom Leib halten und alles machen, auch wenn ich es immer wieder versuche und das auch oft leicht über meine Grenzen hinaus. So hab ich zwar gestern den kompletten Farbenladen und die Büros gesaugt, kann ihm heute aber wohl doch nicht mehr helfen, das Auto von außen zu putzen. Ich hatte es zwar mehr oder weniger versprochen, aber ich bezweifle, dass ich bei diesem Sommerwetter noch mal das Haus verlassen werde. Mir war heute Morgen um 8 schon zu heiß, als ich den Van innen gesaugt habe…
Wach bin ich übrigens seit drei. Und was hab ich solange gemacht? Gearbeitet, damit ich mir guten Gewissens für meine Eltern frei und Zeit nehmen kann und gecheckt, wo ich überall noch was klären und anrufen muss (was ich ja absolut liebe…). Leider nimmt auch sonntags um drei keine Hotline das Telefon ab…im nächsten Leben werde ich Telefonistin und setze einfach alle Kunden automatisch in die Warteschleife bis sie aufgeben.
