Da ich in diesem Monat mein zehnjähriges Arbeitsjubiläum habe, möchte ich zur Abwechslung mal ein paar Beiträge zu meinem Job und meiner Arbeitsstelle posten, über die ich ja sonst nie schreibe.
Einige meiner Leser wissen ja bereits, dass ich eine Ausbildung zur Fotografin gemacht habe und immer noch in demselben Studio für Werbe- und Industriefotografie arbeite. Mein Schwerpunkt und meine Hauptkompetenz in diesem Zwei-Mann-Betrieb ist jedoch die Bildbearbeitung, die zwar zur Fotografenausbildung dazugehört, aber eben nicht in dem Ausmaß, wie ich sie betreibe.
Für die Kunden bin ich also Lui, die Photoshopqueen, Zauberin und die für manche sogar die „weltbeste Bildbearbeiterin“. Ich würde das jetzt so nicht sagen, aber ich denke schon, dass ich in dem, was ich mache, echt gut bin. Im Laufe der letzten Jahre habe ich einfach unglaublich viel dazulernen dürfen. Das hätte ich aber nicht ohne MR geschafft…
Anfangs war ja noch JR mein Chef. Dann ereignete sich jedoch ein Unfall wenige Meter vom Studio entfernt und er übergab noch während meiner Ausbildungszeit den Betrieb an seinen Bruder MR, der mich danach als fest angestellte Fotografin und Bildbearbeiterin übernahm.
In meinem ersten Jubiläumsbeitrag möchte ich nun mal meine allererste Begegnung mit meinem damaligen Arbeitskollegen und jetzigen Chef und mittlerweile besten Freund MR beschreiben, der für mich zu einem der wichtigsten Menschen in meinem Leben geworden ist. Ich habe diesen Text vor etwa 10 Jahren mal grob niedergeschrieben und nun nachbearbeitet und ergänzt.
Es war ein stürmischer Nachmittag, als ich das Haus verließ. Mir blieb nur wenig Zeit, um meine Bewerbung abzugeben. Und dabei wusste ich noch nicht einmal, wo genau ich hin musste. Ich kannte nur den Namen der Firma, ihre Adresse und die ungefähre Richtung. Im Laufe meiner Busfahrt wurde es immer stürmischer, bis schließlich ein ungemütlicher Schneeregen eintrat. Und obwohl mich beim Aussteigen mittlerweile wieder die Motivation verließ, blieb ich am Ball und suchte eifrig im nach dem kleinen Betrieb im Industriegebiet. Nach vielem Umherirren bekam ich jedoch so langsam das Gefühl, dass ich nie mehr ankommen würde und so beschloss ich, einfach mal jemanden nach dem Weg zu fragen. Dies stellte sich jedoch als sehr problematisch heraus, da in diesem Gebiet einfach gar nichts war und bei diesem Wetter auch niemand herumlief, der normal im Kopf war. Kurz bevor ich mich zurückbegeben wollte, weil ich schon wieder irgendwie falsch war, entdeckte ich an einer Ecke einen Laden für Sicherheitstechnik und trat ein. Mit tat es lid, den Angestellten enttäuschen zu müssen, der wohl auf einen Kunden in dieser Trostlosigkeit gehofft hatte, aber er brachte mir dennoch von sich aus ein Tempo, damit ich meine Brille soweit trocken reiben konnte und so immerhin wieder etwas sehen konnte. Er wies mir die Richtung und ich betrat wieder die Kälte und den Wind, angetrieben von dem Wunsch, immerhin die Abgabe meiner Bewerbung zu meistern.
Leider erwies sich auch dieser Weg nicht als richtig oder zu weit weg von meinem Ziel und ich fragte erneut in einer Tankstelle nach, wo man mir endlich weiterhelfen konnte. (Ich weiß bis heute nicht, wie ich da eigentlich gelaufen bin…zehnmal im Kreis und durch Privatgärten vermutlich…?!)
Völlig durchnässt bis auf bis auf die Bewerbung und gepeitscht von Wind und Wetter stand ich also wirklich wenige Minuten später vor der Adresse und klingelte. Es summte und ich trat ein. Ein ziemlich aufgekratzter Mann empfing mich mit langem Haar und der Statur eines Informatikers: der Bildbearbeiter. Er bot mir einen Kaffee an (vermutlich aus Mitleid), redete kurz mit mir und schien nicht sehr erfreut darüber, gestört zu werden und war total gestresst. Am Schluss meinte er, dass ich ja selbst raus finden würde. Nun, das tat ich, wenn auch mit etwas Glück und unter nervlicher Extremanspannung. Das Haus erschien mir vollkommen wirr und es war nicht gerade einfach, die Ausgangstür wiederzufinden. Meine Orientierungsfähigkeit hatte an diesem Tag definitiv ihr Limit erreicht…
Ich vergaß ehrlich gesagt das ganze wieder und legte es ab unter eine von vielen unausgesprochenen Absagen. Und so war es umso überraschender, dass ich nach 30 Absagen in anderen Betrieben dennoch wieder etwas von diesem Fotostudio zu hören bekam.
Es folgte eine Einladung zu einem Vorstellungsgespräch und eine Probearbeit, bei der ich echt alles gab. Nach diesem Tag, den ich auch im Blog beschrieben hatte, saß ich dann wie auf heißen Kohlen, bis ich kurz vor gängigem Ausbildungsbeginn doch noch einmal vorgeladen wurde. In diesem Gespräch ging es nun um meine Psyche und ich entschied im Bruchteil einer Sekunde, einfach alles auf den Tisch zu packen. Schon doof, müsste man meinen, wo das doch meine letzte Chance war, für das Jahr irgendwo unterzukommen. Aber mir war das in dem Moment nicht bewusst oder vielmehr ließ ich es nicht an mich heran und sagte die Wahrheit. Ich sah ein, dass es nichts genutzt hätte, unzählige kommende Therapietermine zu verschweigen und zu verleugnen was ich war: ein Psycho…
JR fand mich wohl voll schräg, aber MR fand meine Ehrlichkeit beeindruckend und er appellierte an den Glauben seines Bruders, damit dieser mir eine Chance gab, was dieser dann auch tat. Dass genau diese „Psychofrau“ und sein langhaariger Bruder den Betrieb rocken und auf seine echt gute Fotografie noch einen draufsetzen würden, hätte er wohl nicht für möglich gehalten.
Siehe auch:
10 Jahre – 1 Job I (meine erste Begegnung mit MR)