Ein paar gesellschaftliche Zukunftsgedanken unter dem „Generationen“aspekt

Eins vorweg: Das folgende sind wirklich nur angerissene Gedanken von mir und diese bilden nicht das gesamte Thema in seiner Komplexität ab! Wer sich weiter informieren will, der kann die unten stehenden Links als Inspirationsquelle nutzen bzw. selbst etwas weiter recherchieren. ; )

 

Zurzeit mache ich mir viele Gedanken über die gesellschaftliche Entwicklung. Da kommt gerade so vieles zusammen (GenerationZ, KI, …), was einem schon etwas Sorgen bereiten kann, besonders wenn man gerade selbst an der Schwelle eines Neuanfangs steht…

Ich habe das Gefühl, dass sich seit Corona gesellschaftlich so viel verändert hat, wie die ganzen letzten Jahre davor nicht. Es hat sehr viele Dinge nicht nur angestupst, sondern regelrecht umgeworfen durch den plötzlichen Stillstand. Die Menschen waren mit einem Schlag mit sich selbst konfrontiert durch den Wegfall von sozialen Kontakten/Gesellschaft und ihrer Arbeit. Wir alle scheinen durch diese Vollbremsung auf der einen Seite weniger belastbar geworden zu sein, aber gleichzeitig haben wir auch erkannt, dass wir uns nach etwas mehr Ruhe sehnen, mehr Zeit für uns und vor allem nach weniger Arbeit. Die „Zeit“ an sich ist in diesen unsicheren Zeiten wertvoller geworden und wir haben sie (im besten Fall) zu schätzen gelernt.
Das ist etwas, das ich durch alle Generationen hinweg beobachtet habe. Am extremsten hat die Erkenntnis, dass die Arbeit nicht alles im Leben bedeuten kann, jedoch bei den jüngeren eingeschlagen, auch Generation Z genannt (Jahrgang ca. 1997-2010).

Kurz zum Begriff: In einer „Generation“ werden von etwa Gleichaltrigen bzw. in einem bestimmten Zeitraum geborenen kollektiv Erfahrungen erlebt, welche sie (vor allem in jungen Jahren) prägen wie z.B. Kriege, politische Umschwünge, gesellschaftliche Entwicklungen/Veränderungen, Katastrophen, Erfindungen/Entdeckungen,…
Natürlich unterscheiden sich die Erfahrungen auch je nach Gesellschaftsschicht und Land.
Die Einteilung von „Generationen“ anhand eines festgelegten Zeitrahmens weist zwar einige Schwachstellen auf, was auch häufig kritisiert wird, aber an sich finde ich Generationenforschung sinnvoll, weil sie eine Tendenz aufzeigt und Zusammenhänge verdeutlichen kann. Meiner Meinung nach sollte man die zeitliche Einteilung aber eher lockerer bzw. die Übergänge von der einen in die nächste Generation fließend sehen. (Wie ich festgestellt habe, ist man sich ohnehin nicht ganz so sicher, wo denn nun die eine Generation aufhört und die nächste beginnt.) Vielmehr sollte man sich also darauf fokussieren, was gerade aktuell wo geschieht, welche Folgen das hat, wen es betrifft und wie alt man in dieser Zeit ist, weil das ausschlaggebend dafür ist, wie sehr uns etwas prägt.

So hat also jede Zeit ihre Ereignisse. Allerdings habe ich schon oft gehört, dass bisher keine Generation so viele unterschiedliche Krisen miterleben musste, wie es aktuell der Fall ist. Es gab früher ein bis zwei größere Herausforderungen, aber wir schlittern gerade gefühlt durch mehrere Konflikte, Krisen und Probleme gleichzeitig. Vielleicht liegt es daran, dass es früher kein Internet gab und wir Menschen das alles somit nicht live und geballt mitbekommen konnten und auch nicht so reizüberflutet waren von all den Medien, die uns umgeben. Vielleicht empfinde ich das alles aber auch als so intensiv und nah, weil ich nun mal gerade jetzt in dieser Zeit lebe.
Und obwohl gerade die Generation Z ausschlaggebend ist, weil sie an der Schwelle zur Arbeitswelt steht und Generation Alpha (ca. 2011-2025) teilweise noch am Entstehen ist, prägt mich das, was aktuell passiert, als 1990-Y-Generation-Millennial (ca. 1980-1997) ebenso.

 

Besonders extrem sehe ich einen auf uns zu kommenden Umschwung in der Arbeitswelt.

Von der Generation Z heißt es, sie sei faul, motivationslos, verweichlicht, ichbezogen, verwöhnt, nicht belastbar, fordere zu viel und zeige kaum Leistungsbereitschaft,… Von ihnen wird nämlich nach wie vor erwartet, dass alles seinen gewohnten Gang hat: Schule, Ausbildung/Studium, +40h-Wochenarbeitszeit, Rente, Leben, Tod. Alles andere erscheint suspekt und nicht vorstellbar.
Und dabei gibt es schon seit Jahrzehnten in jeder Generation „Ausbrecher“ aus diesem Muster. Das sind dann jene, die man als gescheitert betrachtet, wenn sie es nicht geschafft haben, „von irgendetwas zu leben“ (=und sich dadurch ihren Wert/ihr Dasein zu verdienen).
Denn wie soll ein Leben auch anders funktionieren?
„Wer soll diese Leute denn mittragen?“ Das fragen sich alle, die ihr Leben für die Arbeit geben oder gegeben haben und denen die Generation Z gerade zum Teil ganz extrem den Spiegel vorhält, der sie in ihrem Hamsterrad zeigt. Und ja, das stört so einige, die das gar nicht an sich ranlassen wollen oder können.
Wie können denn diese Weicheier es wagen, da ausbrechen zu wollen, zu rebellieren, Forderungen zu stellen? Wie soll denn eine Gesellschaft funktionieren, wenn irgendwann keiner mehr arbeitet und die letzten Fachkräfte wegsterben? Was soll nur aus dem einst so tollen Wirtschaftsstandort Deutschland werden?

Die schlechte Arbeitsmoral ist somit das, womit die meisten diese Generation verbinden. Das ist zumindest das, was man von außen sehen kann. Was wirklich dahinter steckt, ist allerdings um einiges tiefer und wenn man sich mal ein wenig darauf einlässt, durchaus nachvollziehbar…

Die jungen Menschen der GenZ haben an ihren Eltern gesehen, wie gefangen diese in ihrem Job waren bzw. sind. Sie sehen die finanziellen Abhängigkeiten der Frauen von ihren Männern aus den bisherigen Generationen und dass ihre Väter nie wirklich für sie da waren durch die Arbeit. Sie spürten als Kinder (die ja nun mal empathischer sind als Erwachsene), wie sehr ihre Eltern eigentlich darunter litten, keine Zeit zu haben. Sie sehen die Fluchten in Arbeit, in Stress und die Depressionen, die durch Jobverlust (=Sinnverlust) entstehen. Sie sehen, wie kaputt es Beziehungen machen kann, wie groß das Risiko eines Herzinfarkts ist und wie überarbeitet viele Menschen eigentlich sind. Sie wollen nicht nicht arbeiten, sondern so nicht arbeiten.

Außerdem spüren sie, wie es gerade um die Zukunft steht. Altersarmut ist eine große Angst der jungen Generation.* Ob sie jemals Rente bekommen werden, ist ungewisser denn je. Wer kann ihnen da verübeln, dass sie lieber im Jetzt leben wollen, als auf eine so unsichere Zukunft hinzuarbeiten?
Angesichts von Klimawandel, Krieg, Inflation, Migration, politisch eher rechten Tendenzen*, drohender Massenarbeitslosigkeit durch KI und allgemein düsteren Prognosen, die parallel auch noch ablaufen, ist die Rebellion durchaus verständlich. Es kann eben nicht so weitergehen wie bisher.

Und ganz ehrlich? Ich finde die Konsequenz dieser Entwicklungen gar nicht mal so schlecht… Mein Bestreben ist es auch, nie mehr in meinem Leben so viel zu arbeiten wie die letzten Jahre. Weniger war aber bisher einfach nicht drin. Fairerweise muss ich aber dazu schreiben, dass das Bedürfnis die letzten Jahre auch bei weitem nicht so groß war wie jetzt. Corona hat auch mir die Augen geöffnet plus alles andere, was parallel ablief. Dazu zählt die Auseinandersetzung mit meiner eigenen Geschichte, meine Beziehung zu Observer, mein Wunsch zu schreiben und der Tod von Gunnar Kaiser,…

 

Natürlich habe auch ich etwas Angst vor dem, was da auf uns zukommen wird in den nächsten Jahren. Aber wirkliche gesellschaftliche Entwicklung findet – soweit ich das sehen kann – nun mal nur im Zusammenhang mit dem Zusammenbruch eines Systems statt. Erst daraus kann dann wieder etwas Neues entstehen. Vielleicht wird es wehtun, vielleicht wird es uns eine Weile sehr schlecht gehen, vielleicht geht es aber auch nicht anders, weil Menschen nun mal erst ins Handeln kommen, wenn die Not groß genug ist. Vielleicht passiert aber auch gar nichts davon und es wird ganz anders ablaufen und alles besser werden, weil die Ära „Konsumismus“ im Zuge dieser Bewegung auch ein Ende finden wird, im Idealfall weltweit (was im Übrigen auch besser für das Klima wäre…)?

Selbst wenn die älteren Generationen den jüngeren nichts zutrauen, bin ich davon überzeugt, dass sie Wege finden werden, auch wenn sie jetzt (noch) nicht in der Lage dazu sind, diese zu entwickeln und umzusetzen.

 

Wichtig bei all dem ist jedenfalls, dass man untereinander mehr Verständnis für die Sichtweise der anderen Generationen aufbringen und mehr „miteinander“ anstatt über „die anderen“ spricht. Da sind sich auch viele einig, die sich mit der Thematik auseinandersetzen und das funktioniert ja auch hier und da. Zum Teil passen sich Betriebe bereits an die jüngeren Generationen an. Zum Teil müssen sie es, um als Arbeitgeber attraktiv zu bleiben, aber zum Teil finden sie die Entwicklung auch ganz gut und können vieles nachvollziehen bzw. sehen ein, dass dieses „Aufeinanderzubewegen“ nicht einseitig bleibt und auch etwas zurückkommt.

Denn so wie die einen nicht nur die Arbeitsverweigerung ausmacht, bestehen die anderen nicht nur aus ihrer Arbeit. Hier gilt es für beide Seiten, menschlich zu bleiben und nicht in Vorurteile zu verfallen, sondern genau hinzusehen, wie es zu einem bestimmten Verhalten kommt. Die einen sind nun mal seit Jahrzehnten festgefahren in ihrem System, die anderen sind zu weit weg davon. Aber das ist es auch, was es den jungen Menschen überhaupt erst ermöglicht, das bisherige Arbeitsverhalten so krass infrage zu stellen und mit ihren Verweigerungsverhalten zu rebellieren.

Doch hat das nicht jede Generation getan?* Waren jene Boomer einst nicht selbst Rebellen und haben sich ihren Eltern und Großeltern in irgendeiner Art und Weise widersetzt, indem sie ein anderes Leben angestrebt und auch umgesetzt haben?
Zugegeben, die bisherige Arbeitsmentalität umzukrempeln zu wollen, das ist in einer wirtschaftlich orientierten Welt schon eine extrem große Sache…

Aber wer könnte es denn, wenn nicht die GenerationZ?

 

*Edit: Mein Leser Pit hat zu diesen Textstellen ein paar sehr gute Gedanken ergänzt, daher habe ich seinen Kommentar dort nochmal mit einem direkten Verweis darauf verlinkt.


Weiterführende Links (zum Thema GenZ und KI):

Podcastfolgen:

Videos:

Posted by Journey

Kategorie: Allgemein

Autor: Journey

«      |      »

6 Kommentare        

Es ist selten, dass ich Dir hier in irgendetwas widersprechen muss. Heute schon hier und da. An anderen Stellen bin ich ganz bei Dir.

> Altersarmut ist eine große Angst
> der jungen Generation.

Kann ich nicht nachvollziehen. Altersarmut ist die berechtigte Angst der Boomer, die jetzt alle gemeinsam alt werden. Zu hohe Sozialabgaben (zur Finanzierung der alten Boomer) ist eine große Angst der jungen Leute.

> […] angesichts von […] politisch eher rechten Tendenzen […]

… die sich aber nach meinem Wissen und zu meinem Erstaunen auch und besonders in der ganz jungen Generation vollziehen. Die rechten Tendenzen sind also kein Grund für Sorgen der jungen Leute, sondern eher Folge der Sorgen (und Grund für Sorge in der älteren Generation)

> Weniger war aber bisher einfach nicht drin.

Das sagst du so leicht dahin. Aber stimmt es so?
Immer schon, ganz unabhängig von Generationen, gab es alternative Möglichkeiten, sein Arbeitsleben zu gestalten. Insbesondere bei Journey aber sehe ich – nach allem was ich hier lese – in der Vergangenheit eine sehr starke intrinsische Motivation für zu viel Arbeit. Was ja nicht schlimm ist, denn jeder Mensch ist anders! Du schreibst vom Hamsterrad, doch ist das Hamsterrad nur negativ? Für viele Menschen ist es Halt und Struktur, für Dich zum Beispiel, und ich glaube, dass Du damit in viel größerer Gesellschaft bist, als Du glaubst 🙂
Weniger war bisher schon drin, aber vielleicht nicht erwünscht.

> Doch hat das nicht jede Generation getan?

Dies scheint mir die wichtigste Frage Deines Beitrags zu sein. „Die Jugend von heute …“ ist ein feststehender Ausdruck, weil jede Elterngeneration die Jugend geringschätzte und jede Jugend die Älteren genervt hat mit „neumodischem Kram“. Wenn die GenZ heute als faul diffamiert wird, dann ist dies nur eine weitere Formulierung von „Die Jugend von heute …“. Ist da was dran? Ist die Jugend faul? Kann ich nicht beurteilen. Vielleicht nicht fauler, als jede junge Generation, die nach einem spannenden Leben strebt mit ihrer jugendlichen Energie und die nicht durch gnadenlose Machtstrukturen zu mehr Einsatz gezwungen wird (wie zur Kaiser- oder Nazizeit). Oder doch?

Was heute tatsächlich anders ist als früher, ist a) das Fehlen dieser Machtstrukturen, also das Fehlen der Macht der Alten über die Jungen, und b) das große Maß an existenzieller Sicherheit (fast 80 Jahre lang kein Krieg, etablierte Sozialsysteme, wohlhabende Vorgängergeneration, hohes Lohnniveau). Beides gemeinsam erhöht nicht gerade die Motivation zur Arbeit. Interessanterweise nennst Du gerade den Wegfall dieser Dinge als Sorgen der GenZ („allgemein düstere Prognosen“). Doch muss man auch das Niveau beachten, auf dem dieses „Jammern“ (zur Zeit noch) stattfindet.

In meinen Augen legt sich gerade eine große Depression über die jungen Leute, denn – anders als die jungen Leute im Wirtschaftwunder – scheint es für sie nur den Weg nach unten zu geben. Das schafft Existenzangst und Depression. Sicherlich bei allen Menschen, aber besonders bei den jungen und den Boomern, denn sie kennen nichts anderes als Wohlstand. Für sie ist genug Essen eine Selbstverständlichkeit, Wohnen, Gesundheitswesen, Arbeitslosengeld – alles Selbstverständlichkeiten. Aber sag mal als heutiger Lehrer einem heute 100-jährigen, dass du bei dieser Arbeitsbelastung nur noch halbtags arbeiten wirst. Der 100-Jährige hätte damals nicht überleben können mit einem Halbtagsgehalt. Im Gegenteil: Der hat damals nach Feierabend noch im Garten Steckrüben gepflanzt. Wie hätte seine Generation einen Begriff wie Work/Live-Balance hypen oder auch nur erfinden können?

Seit den Boomern halten sich die Generationen in großer Sicherheit auf. Die heute ganz jungen aber kennen niemanden mehr, der in harten Zeiten gelebt hat. Ich glaube durchaus, dass das ein wenig leichtfertig macht, dass auch der GenZ nicht vor Augen steht, dass es harter Arbeit bedarf, all das aufrechtzuerhalten. Sage ich damit, sie sind faul? Nicht wirklich, aber auch nicht wirklich nicht. Ich würde sie eher als fahrlässig bezeichnen, was ich nicht vorwurfsvoll meine, sondern als völlig normal empfinde – als direkte Folge der Umstände, in denen sie großgeworden sind.

Vielleicht geht es jetzt ein paar Jahrzehnte wirklich abwärts. Vielleicht kommt dann irgendwann eine Generation, die das große Ziel hat, sich wieder hochzuarbeiten. Vielleicht werden sie den Älteren dann vorwerfen, den A*** nicht hochbekommen zu haben. Diese werden auf ihre Eltern zeigen und sagen: Die haben es doch verbockt. Ja, ein besseres Miteinander wäre wirklich gut:

> Wichtig bei all dem ist jedenfalls,
> dass man untereinander mehr Verständnis
> für die Sichtweise der anderen Generationen
> aufbringen und mehr „miteinander“ anstatt
> über „die anderen“ spricht.

 

Hallo Pit,
wow, vielen Dank für deine Ergänzungen zum Thema! Ich sehe sie auch nicht als Widerspruch. Sie bringen eher etwas mehr Klarheit in meinen Beitrag bzw. ergänzen diesen auch in meinem Sinne, weshalb ich an den entsprechenden Stellen auch noch mal verweisende Markierungen zu deinem Kommentar gesetzt habe.

Altersarmut ist die berechtigte Angst der Boomer, die jetzt alle gemeinsam alt werden. Zu hohe Sozialabgaben (zur Finanzierung der alten Boomer) ist eine große Angst der jungen Leute.

Ja, stimmt. Ich habe das etwas schwammig formuliert und den Aspekt nicht so klar herausgearbeitet, wie du es in deiner Ergänzung beschreibst. Im Grunde beziehen wir uns aber auf etwas Ähnliches bzw. den „Generationenvertrag“: Es war ja schon lange abzusehen, dass diese Rechnung irgendwann nicht mehr so aufgehen wird wie ursprünglich geplant. Zumindest ist das in meiner Schulzeit durchweg ein Thema des Gemeinschaftskundeunterrichts gewesen (vor ca. 20 Jahren…). Es geht eben nicht mehr so auf, dass ein junger Mensch die Rente eines älteren finanziert. Eher ist es so, dass dieser junge Mensch mehrere ältere finanzieren müsste (bzw. dass sich dadurch – wie du es beschreibst – die Sozialabgaben erhöhen könnten). Im Umkehrschluss fragen sich die jungen Leute angesichts dieses bröckelnden Systems wiederum, wer eigentlich ihre Rente finanzieren soll (was ich eigentlich mit der „Angst vor der Altersarmut“ meinte).

Zu meinem Satz „Weniger war aber bisher einfach nicht drin.“:
Na ja, teilweise bin ich schon etwas arg arbeitssüchtig gewesen. Aber ich war es, wie du so treffend beschrieben hast, auch gerne! Es hat für mich ja so gepasst und auch das „Hamsterrad“ habe ich nicht als negativ empfunden. Daher habe ich ein „Weniger“ auch gar nicht in Erwägung gezogen. Mich haben das viele Arbeiten, die Erfolge und die Wichtigkeit, die ich auf einmal hatte, ja auch erfüllt.
Heute sehe ich das etwas anders und gewichte auch andere Dinge außerhalb der Arbeit höher als damals. Mit Sicherheit hänge ich mich in das, was kommen wird, auch mit einer sehr großen intrinsischen Motivation rein, weil ich auch ein Mensch bin, den halbe Sachen nicht unbedingt befriedigen. Aber ich habe eben auch gelernt, mehr auf meinen Körper zu hören und der sagt heute eher mal Stopp und signalisiert mir, dass ich mal einen Gang zurückschalten sollte. Und das ist auch gut so. 🙂

Zum Rest deines Kommentars mit all den gedankenanregenden Fragen kann ich wirklich nur zustimmend nicken! Danke dir nochmal dafür, dass du dir die Zeit genommen hast, einige Aussagen noch mal genauer zu beleuchten bzw. deine Gedanken dazu zu ergänzen!

Zum Thema Verhältnis zwischen den Generationen: Dies habe ich gerade im Roman „Indiana“ von Amantine Aurore Dupin gelesen: „Diese alten Betschwestern, welche Karten spielten, schienen nur da zu sein, um die Gespräche der jungen Leute unter ihre Zensur zu stellen, und in ihren strengen Zügen glaubte Raymon die geheime Freude des Alters zu lesen, welches eine Genugtuung darin findet, die Jugend in ihrem Vergnügen zu verkümmern.“

Oh, der Roman ist ja schon fast 200 Jahre alt! Die Geschichte bzw. Persönlichkeit der Autorin liest sich aber auch sehr intereressant.

Allerdings klingt die Passage schon etwas traurig. Ist das denn eine Referenz für ein Verhältnis zwischen den Generationen allgemein zu dieser Zeit? Ein gutes scheint es im Roman jedenfalls nicht zu sein…

> Ist das denn eine Referenz für ein Verhältnis
> zwischen den Generationen allgemein zu
> dieser Zeit? Ein gutes scheint es im Roman
> jedenfalls nicht zu sein…

Der Roman beschriebt – ähnlich wie Effi Briest – insbesondere die gesellschaftliche Stellung der Frau in der Zeit – die Frau als rechtloser Spielball der Gesellschaft, sprich: der Männer. Gleichzeitig geht der Roman auch mit der kolonialen Geschichte ins Gericht. Der Blick auf die Generationen ist eher ein Nebenschauplatz (bisher nur in dem genannten Zitat manifestiert; ich bin erst halb durch).

Bei der Hauptperson Indiana kommt alles zusammen: Frau, Kreolin, sehr jung – drei Faktoren, die damals eine Geringschätzung mit sich führte. Sie ist 19 und mit einem uralten Oberst a.D. verheiratet, unglücklich natürlich, doch jüngere Liebschaften bringen ihr auch nur Unglück.

Unabhängig von dem Roman glaube ich, dass damals – bis sicher weit nach 1945 – die Generationen kein freundschaftliches Verhältnis hatten. Es war von der Macht der Älteren bestimmt, die Gehorsam von den Jüngeren einforderten. Genau dies meinte ich oben, wenn ich schrieb: "wie zur Kaiser- oder Nazizeit". Erst in den 68ern wurde das nachhaltig aufgebrochen, also durch die allerersten Boomer 🙂
(ich bin da kein Experte, aber ich reime mir das so zusammen)

Ach ja, die Autorin ist natürlich bekannter unter ihrem Pseudonym George Sand einem eher männlich verstandenen Namen. Klar, denn als offensichtliche Frau wäre sie ja niemals gelesen worden 🙂

Das war eine Zeit …

Schreibe einen Kommentar