Abschied auf Zeit

Ich muss mich nun doch etwas mehr beherrschen, nicht zu zerfließen. Seit heute Morgen. So stürze ich mich lieber auf dies, lieber auf jenes. Auf Aufgaben. Auf andere Emotionen. Auf Ablenkung.

Falle ihm in die Arme, damit er nicht sieht, dass ich eigentlich doch weinen muss. Vergrabe mich an seiner Schulter. Er scherzt zwar, ich scherze zurück. Aber wir wissen es beide: Es berührt auch mich, dass er wieder nach Hause fährt. Es lässt eben auch mich nicht kalt. Es ist keine Erleichterung, auch wenn ich in den letzten Tagen immer angespannter geworden bin. Auch wenn ich spüre, dass ich wieder ein wenig Zeit für mich haben sollte, weil ich einfach ein Mensch bin, der nicht in ständiger Zweisamkeit leben kann. Es ist daher gut, dass er nun wieder zurückfährt. Nein, es ist vernünftig.

Und dennoch ist es ein schmerzhafter Abschied gewesen, heute.
Dennoch kamen mir auf dem Rückweg im Bus die Tränen, weil ich noch vor einigen Tagen genau auf diesem Platz saß und konzentriert in einem Buch gelesen habe, bis sich mir ein Mann provokant gegenüber gesetzt hat. Als ich aufsah, blickte ich in die immerzu interessierten offenen vertrauten Augen von Observer, mit dem ich so gar nicht gerechnet hatte. In diesem Moment war ich irritiert, überrascht, glücklich, alles zugleich. Aber vor allem fühlte ich mich irgendwie… „zu Hause“. Nun jedoch saß dort niemand und mir wurde bewusst, dass auch bei mir zu Hause keiner mehr sein würde. Ja, ich hatte meine Wohnung nun wieder für mich, aber es würde ein wichtiges Element fehlen. Eins der wichtigsten in meinem Leben.

Das klingt jetzt sehr dramatisch, emotional und vielleicht auch traurig. Aber das ist es keineswegs. Es sind keine Tränen von Trauer, die ich seit gefühlten Stunden vergieße. Die Sehnsucht sticht natürlich ein wenig und ja, das tut weh. Aber der Kern all dessen ist vielmehr ein unglaublich starkes, positives Gefühl. Sonst würde ich hinter dem Schleier der Tränen nicht hin und wieder lachen, wenn ich mir in Erinnerung rufe, was Observer und ich schon alles erlebt haben. Vor allem aber empfinde ich eine unglaublich große Dankbarkeit, diesem Menschen begegnet zu sein, mit dem ich so vieles teilen, über alles und nichts sprechen kann. Der mich so sieht und versteht, wie es kein anderer Mensch kann.

Und ich weiß, wir werden uns wieder sehen. Bald. Auch wenn es noch keinen konkreten Termin gibt. Und dann, so weiß ich, sehen wir uns wieder. Und wieder. Und wieder…
Und irgendwann, so hoffe ich, werden wir zumindest in derselben Stadt leben. Ja, irgendwann…

Posted by Journey

Kategorie: Allgemein

Autor: Journey

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