Logbuch #78 Die erleuchtete Treppenstufe

Schon seit einer Weile beschäftige ich mich ja mehr oder weniger rudimentär mit den Themen Karma, buddhistischen Ansätzen, Erleuchtung/Erwachen und allgemein Persönlichkeitsentwicklung… allerdings ohne mir wirklich effektiv etwas zu diesen Themen zu suchen, durchzulesen oder mich hinterher intensiv näher zu informieren. Ich stolpere eher immer wieder zufällig darüber, lese mal hier einen Text (meist nicht mal zu Ende), höre mal da einen Beitrag (den ich gar nicht in seiner Fülle erfassen kann)… und nichts davon vermittelt mir hinterher das Gefühl mehr zu wissen als vorher.

Da sich meine Mum allerdings gerade mit dem Thema Karma beschäftigt und ich vieles von dem, was sie mir aus einem tschechischen Buch stellenweise übersetzt, bereits „irgendwoher“ selbst kenne, wollte ich es nun aber etwas genauer wissen und habe einfach mal gegoogelt, da mein tschechisch vielleicht für ein Kneipengespräch, aber vermutlich nicht mal für das Lesen eines Comics ausreicht.

Eigentlich wollte ich also nur etwas mehr über Dinge wie die „Stufen des Karma“ wissen oder eben „den Weg der Erleuchtung“. Schlauer bin ich allerdings auch jetzt nicht bzw. irgendwie überfordert.
Entweder sind die Texte nämlich so abstrakt und die Grafiken dazu wie eine Zusammenfassung von 500 Seiten, sodass ich gar nicht erst anfange mit lesen oder ich merke beim Überfliegen, dass ich das nicht suche oder mir ist das Ganze einfach zu esoterisch.

Im Grunde suche ich also etwas wie die eierlegende Wollmilchsau. In vegan. Eine Definition bzw. verständliche Zusammenfassung unter 500 Seiten von einem Thema, das Psychologie (am besten mit Studienbelegen), Soziologie (in verständlicher Sprache), Philosophie (ohne ständigen Bezug auf Werke toter Philosophen), Buddhismus (ohne allzu religiösen Ansatz) und ein bisschen Spiritualität (eine Prise, kein Fass!) zusammenbringt. Und etwas Liebe sollte auch dabei sein (aber nicht zu viel, sonst wird es wieder zu esoterisch…)

Nachdem ich mich nun eine Stunde lang im Kreis und zurück gedreht habe, immer weniger wusste, was ich eigentlich suche und letztendlich Bilder einer Treppe mit leuchtenden Stufen vor mir hatte, habe ich mal einen Cut gezogen. Und mich erst mal beim Universum entschuldigt, weil es vermutlich gerade so aussieht, als würde ich einen einfachen Weg für ein eigentlich komplexes (Lebens)Konstrukt suchen. Aber das ist es ja gerade nicht. Ich suche keine „Sieben Schritte zur Erleuchtung in sechs Tagen“. Ich suche einfach nur irgendeinen Anhaltspunkt. Etwas mit dem ich mich identifizieren kann, um vielleicht zu analysieren, wo ich stehe und von dem ausgehend ich weiter recherchieren kann.

Aber vielleicht ist gerade das auch der falsche Ansatz?
Vielleicht zeigt mir die leuchtende Treppe ja zumindest den Weg, dass es so einfach nicht sein soll?
Vielleicht finde ich aber auch das, was ich bis jetzt erkannt habe nicht in einem Buch?
Vielleicht soll es einfach ein Prozess bleiben? Vielleicht gibt es nicht das Buch oder die eine Erkenntnis zu einem „bisschen Mehr an Erleuchtung“?  Vielleicht kommt das ja immer wieder mal von selbst? Und vielleicht noch eher durch eine Situation oder durch eine Begegnung mit einer anderen Person, die mich begleitet (quasi als Mentor)? Die wiederum in mir Gedanken anregt, die zu anderen Gedanken führen, an dessen Ende (vielleicht) eine mögliche Erkenntnis steht? Oder vielmehr ein Puzzlestück davon.

 

„Erkannt“ habe ich für mich bis dato zumindest Folgendes:

  • Menschen zu hassen, sich ihnen gegenüber aggressiv zu verhalten oder schlecht über sie zu denken und ihnen die bösesten Absichten zu unterstellen sorgt nur für noch mehr Negativität in der Welt (und ist das, was ich unter der „Ruinierung meines Karmas“ verstehe). Das bedeutet nicht, dass ich deshalb gut finden muss, was sie tun. Wenn es mich wirklich stört, sollte ich versuchen das durch Kommunikation zu klären oder einen Weg finden zu gehen.
  • Nicht alle Menschen werden auf meinem Weg bleiben und müssen das auch nicht.
  • Das, was ich als „böse“ ansehe, liegt für mich nicht in der Natur des Menschen. Sie können so werden durch ihre Erlebnisse. Somit denke ich auch, dass andere gewiss einen „Grund“ haben, warum sie so handeln. Ich kann vermutlich nicht mal etwas dafür bzw. bin vielleicht der Auslöser für ihren Frust, aber nicht die Ursache, warum sie diesen nicht anders bewältigt bekommen. Das hängt alles für mich mit der Vergangenheit der Person zusammen und ihrem daraus resultierendem Muster, nach welchem sie agiert. Das ist natürlich keine Entschuldigung, aber eine Erklärung.
    (Anmerkung: Das gilt ebenso für mich! Ich habe ja schließlich auch meine Muster nach denen ich agiere und die bei anderen wiederum etwas Negatives auslösen können ohne dass ich dies beabsichtige. Meine persönliche Aufgabe ist daher: Sei nicht Opfer deiner Selbst, sondern erkenne deine Muster und versuche sie zu bewältigen.)
  • Alles ist zu etwas gut. Nichts geschieht umsonst!
  • Alles braucht auch seine Zeit… jede Entwicklung, jeder Lernprozess,… sogar manche Bücher brauchen Jahre, bis ich sie durchlese (auch wenn ich sie fünfmal in der Zeit angefangen habe…)
  • Probleme sind als Herausforderungen zu betrachten!
  • Wenn ich meine, ich müsste für oder um etwas „kämpfen“ oder wenn ich das von anderen erwarte, gehe ich mit einer Negativität an die Sache heran, die sich durch den „Kampf“ zieht und meist nicht gut endet, weil es kein Ende ohne Verlierer oder Kapitulation geben kann.
  • Es ist nicht möglich „nichts“ zu erwarten, aber es ist möglich (und auch wichtig!), sich über seine eigene Bedürfnisse klar zu werden, sie zu formulieren und zur Not immer wieder darüber zu sprechen, damit mich mein Gegenüber verstehen lernen kann (vorausgesetzt ich habe das Gefühl, dass er/sie mich respektiert und dass er/sie das auch annehmen kann).
  • Schuld ist ein ganz ganz schrecklicher Begriff und führt zu nichts außer schlechten Gefühlen und einem dutzend diffuser Stimmungen, die alle auf diesen Zustand zurückzuführen sind. Egal ob ich mich nun selbst schuldig fühle oder anderen die Schuld für etwas gebe.
  • Ich sollte nichts idealisieren. Das Idealisieren einer Person oder eines vergangenen Zustandes als „das reine Glück“ führt nur zu Missmut in der Gegenwart.
    (das aktuell beste Beispiel in meinem Fall: Homeoffice vs. normalem Arbeiten)
  • Ehrlichkeit ist das höchste Gebot, allerdings mit Gefühl und nicht radikal ego und ohne Rücksicht.
    (ist ein Punkt, der je nach Gegenüber natürlich nicht immer gelingt, da Ehrlichkeit auch unbeabsichtigt verletzend sein und härter ankommen kann als ich es meine)
  • daher: eine gute Kommunikation ist so unglaublich wichtig! Nichts ist schlimmer als sich nicht verständlich machen zu können / unverstanden zu fühlen, weil so viele Barrieren zwischen zwei Personen stehen.
  • Manchmal kann man diese Barrieren aber nicht mehr einreißen und bewältigen.
    (Die daraus resultierende Erkenntnis? siehe Punkt 2… und für weniger Frust und Enttäuschung: siehe Punkt 4)

 

So. Jetzt glaube ich eigentlich noch weniger, dass es so etwas wie ein Buch gibt, das meine Liste weiterführt… was aber absolut okay ist. Denn ich glaube mein Weg und meine Ansichten liegen auch nicht jedem und:

  • Ich sollte nicht von mir auf andere schließen. Außerdem sollte ich nicht versuchen sie in irgendeiner Form zu belehren oder zu leiten bzw. mich dadurch über sie erheben. Anreize geben – ja, ändern – nein.

 

Daher: Seht das hier bitte nicht als Leitfaden, sondern eher als eine Zusammenfassung meiner „Erkenntnisse“, die ich zum Teil verinnerlicht habe, immer noch verinnerlichen möchte oder an denen ich arbeite. Und es tat gut, sie mal notiert zu haben, auch wenn ich bestimmt das ein oder andere vergessen habe… Aber gewiss wird auch noch das ein oder andere dazukommen! ; )

Posted by Journey

Kategorie: Allgemein, Logbuch

Autor: Journey

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5 Kommentare        

Hallo Lui!

Auch das finde ich wieder einen sehr interessanten Beitrag von Dir. Mich würde interessieren,wie lange du an sowas schreibst bzw. wie lange es braucht, bis all die vielen Gedanken und Überlegungen, die du dir ganz sicher darüber hinaus gemacht hast, in einen Text münden, der dem gerecht wird. Mir fällt das z.B. nicht so leicht, all meine Gedanken so zu reduzieren und zu komprimieren, dass ich am Ende einen Text habe, der das alles wiedergeben kann, was mir wichtig erscheint. Das kann dann schon mal etwas länger dauern … 🙂

Du schreibst von einer leuchtenden (erleuchteten) Treppenstufe. Die Überlegung, man könnte sich in dieser Assoziation mit einer Treppe irgendwo einordnen und wiederfinden, die eigene momentane Position ‚auf dem Weg nach‘ oben quasi sichtbar machen, finde ich sehr schön, warum nicht?! 🙂

Dazu fallen mir 2 Dinge ein: zum einen glaube ich, dass schon diese Überlegung selbst als auch die Frage nach einer Position eine Antwort sein könnte. Mir gefällt der Gedanke, dass man am ehesten davon ausgehen kann, bereits ein Stück weit erfolgreich geklettert zu sein, je weniger man darüber nachdenkt, danach fragt, danach sucht. Vielleicht ist das Erreichen vom Ende der Treppe eben jener Moment, an dem man überhaupt nicht mehr darüber nachdenkt, einfach deshalb, weil man erkannt hat, dass das bedeutungslos ist. Die Treppe (bzw. die Vorstellung davon) selbst könnte die Fessel sein, die es gilt, loszuwerden …

Das zweite, das mir dazu einfällt, ist die Frage: warum möchte man sich eigentlich einschätzen, warum möchte man wissen, wo man steht, warum der Wunsch nach Orientierung, nach Struktur, einem Leitfaden, nach Bestätigung oder einem Maßstab? Welche Ängste kommen da als mögliche Ursache zum Vorschein? Welche Sorgen finden damit einen Ausdruck? Sich diesen Gefühlen zu stellen mag vielleicht viel wichtiger sein …

Und mir kommt noch etwas in den Sinn bei all Deinen Überlegungen:
Das erste Newtonsche Axiom besagt, dass ein Körper in Ruhe oder in gleichförmiger geradliniger Bewegung bleibt, solange die Summe der auf ihn wirkenden Kräfte null ist. Soweit, so gut.

Wenn man sich jetzt innerlich von der Vorstellung lösen könnte, dass der Weg, auf dem man wandert, eine eindeutige Richtung hat, die durch vorwärts oder rückwärts bzw. auf- oder abwärts (Treppe) geprägt ist und stattdessen annimmt: die Richtung des Weges wird allein dadurch geprägt, wie WIR uns bewegen – wie wäre das?
Solange WIR uns also vorwärts bewegen, solange führt uns auch der Weg vorwärts.

Was würde das bedeuten für all die Dinge, die man als ‚Hindernisse‘, ‚Widerstände‘ (Gegenwind) oder Stolpersteine empfindet? Mir gefällt der Gedanke, dass alle diese Umstände letztendlich nur dazu beitragen können, dass wir uns bewegen oder die Richtung ändern, ja sie sind sogar in gewisser Weise notwendig, damit wir nicht in Bewegungslosigkeit oder stupider Geradlinigkeit verharren. Entscheidend ist dabei nur, immer nach vorne zu schauen, auch dann, wenn man zur Seite ausweichen oder gar auf dem Absatz kehrt machen muss. Warum sollte man auch gegen einen Sturm ankämpfen, wenn man sich stattdessen einfach umdrehen und vom Wind antreiben lassen kann, solange man dabei in Fahrtrichtung schaut, geht es auch vorwärts.
Die Frage, warum ist der Weg manchmal so kompliziert, warum so steinig, so neblig, so steil, so kurvig usw. mag dabei gar nicht so wichtig sein …

Ok, das sind jetzt ein paar Überlegungen, die mir so in den Sinn gekommen sind, zumindest kann ich damit ganz gut umgehen, wenn ich mir das so vorstelle, denn Deine Fragen und Gedanken, die du oben beschrieben hast, habe ich mir auch gestellt und der Wunsch nach Antworten ist mir sehr vertraut. Vielleicht kannst Du ja etwas damit anfangen. 🙂

Ach ja, was die Eisberge angeht, eigentlich sind viele Deiner Beiträge auch wie solche Eisberge, denn auch mit Texten und Gedanken kann man als Leser kollidieren und in der Folge eine Veränderung (in positivem Sinne) erfahren. Der sichtbare Text und die unsichtbaren tragenden Gedanken darunter haben viel Potential dafür, und man muss ja nicht gleich untergehen, in dem man sie blind rammt, besser ist es, ihnen sanft und mit dem nötigen Respekt zu begegnen und einfach genau hinzuschauen … 😉

Ganz liebe Grüße! 🙂

Hallo Observer!

Das ist immer sehr unterschiedlich bei mir, weil ich ja nicht bei jedem Text gleich vorgehe.
Wenn mich quasi die Muse küsst, finden meine Finger von selbst die Tasten. Das geht dann auch recht „schnell“ in 1-2 Stunden. Für diesen Eintrag habe ich jedoch mit der Recherche und zeitweisem Ablenkenlassen etwa 5 Stunden gebraucht. Ich google ja parallel immer wieder mal nach etwas und auch nach Wörtern oder Redewendungen, wenn ich mir nicht sicher bin oder etwas noch genauer wissen will und verliere mich dann auch mal in anderen Dingen.
Da ich so gut wie immer ein Notizbuch dabei habe, fange ich manchmal auch unterwegs im Bus etwas an, das ich dann später abtippe und zu Ende schreibe. Oder auch mal eine ganze Weile ruhen lasse… Es gibt somit auch Texte, an denen ich viel länger schreibe und das kann sich dann über mehrere Tage und Wochen ziehen. Mein Buch hat sich ja über ein Jahrzehnt gezogen…
Bis alles für mich passt ist am Ende aber eher eine „Gefühlssache“ und zeitlich unabhängig. Denn erst wenn es quasi „Klick“ macht und sich das Gefühl einstellt, dass das jetzt das ist, was ich sagen will, veröffentliche ich den Beitrag.

Und ein Text kann nie alles wiedergeben. ; ) Das ist quasi der erste Gedanke, von dem sich junge Autoren lösen müssen, die oft regelrecht in eine Schreibkrise kommen, weil sie einfach den ultimativen Text schreiben wollen, in dem alles vorkommt…
Ich sehe meine Texte also eher als eine „Momentaufnahme“, wie du es schon mal an anderer Stelle erkannt hast. Vielleicht hätte ich ja einen Tag später meinen Fokus leicht woanders hingelegt?

Die Idee mit den Stufen kommt ja eigentlich nicht direkt von mir. Ich habe das irgendwo einmal aufgeschnappt und da ich dem Gedanken immer wieder begegnet bin oder im Bezug auf der „Suche nach dem Sinn“ auch immer wieder Bestätigung für die Richtigkeit des Gedankens bekommen habe, habe ihn eng damit verknüpft.

„Vielleicht ist das Erreichen vom Ende der Treppe eben jener Moment, an dem man überhaupt nicht mehr darüber nachdenkt, einfach deshalb, weil man erkannt hat, dass das bedeutungslos ist. Die Treppe (bzw. die Vorstellung davon) selbst könnte die Fessel sein, die es gilt, loszuwerden …“

Das sehe ich ganz genau so! Wobei ich auch in Betracht ziehe, dass ich das Ende nicht erreiche oder es einen Moment gibt, der „das Ende“ ist. Vielleicht ist das Ende somit auch der Tod? Das muss jetzt nichts Dramatisches sein. Es bedeutet im Grunde eher, dass „am Ende“ eben der Weg bis zum Ende zählt und nicht das Erreichen der letzten Stufe. Und ich glaube auch, je näher wir uns dem Ende nähern, desto intensiver wird der Blick auf das, was wir bisher zurückgelegt haben. Ob wir die letzten Jahre unseres Lebens zufrieden sind hängt also davon ab, ob wir wirklich so gelebt haben, wie wir es wollten oder ob wir viel zu viel Zeit verschwendet, unsere Freunde zu selten gesehen, zu viel gearbeitet und uns an andere in einem ungesunden Maß angepasst und aufgegeben haben…

„Das zweite, das mir dazu einfällt, ist die Frage: warum möchte man sich eigentlich einschätzen, warum möchte man wissen, wo man steht, warum der Wunsch nach Orientierung, nach Struktur, einem Leitfaden, nach Bestätigung oder einem Maßstab? Welche Ängste kommen da als mögliche Ursache zum Vorschein? Welche Sorgen finden damit einen Ausdruck? Sich diesen Gefühlen zu stellen mag vielleicht viel wichtiger sein …“

Da gebe ich dir absolut recht. Es ist sehr wichtig sich Gedanken darüber zu machen, was alles an Gefühlen hinter den Wünschen (und Handlungen) steckt!
Von außen bzw. allgemein (auf die meisten Menschen bezogen) betrachtet, scheint es, als wäre der Wunsch nach einem „Leitfaden“ wohl auch jener, einfach möglichst gut durchs Leben zu kommen und möglichst wenig zu bereuen/Fehler zu begehen.
Ich bin ja jemand, der leider nach wie vor sehr oft dazu neigt zu vergleichen… ich vermute die naheliegendste Antwort auf die Frage nach meiner Angst ist jene, schlechter abzuschneiden und weniger (wert) zu sein… mit Sicherheit war die noch vor Jahren größer, aber verschwinden wird sie nie ganz. Somit bleibt das Gefühl mich manchmal beweisen zu müssen, auch wenn es mittlerweile eher ein Antrieb und weniger die lähmende Angst ist, die sie einmal war.

Ich habe zugegebenermaßen auch kurz überlegt, wo meine Mitmenschen stehen könnten und fand das im gleichen Moment irgendwie nicht korrekt und ich will darin ja eigentlich auch nicht den Sinn der Treppenstufen sehen. Daher habe ich ergänzend für mich beschlossen: Es gibt vielleicht sogar mehrere Treppen! Sogar mehrere Treppenhäuser… und irgendwie habe ich da besonders das von M.C. Escher im Kopf!
In vielen Dingen haben mir andere nämlich gewiss „etwas voraus“. Vielleicht stehen sie aber auch nur auf ihrer anderen Stufe in einem anderen Winkel und Raum und ich sehe von meiner Position aus nur, dass sie über mir stehen? Und vielleicht ist es ja ganz gut, dass ich das niemals genau wissen kann, weil es bei Escher keinen „einen Raum“ gibt mit einer Regel von oben und unten.
So sehe ich zwar, wo die anderen stehen, aber eben nur von meinem eigenen Standpunkt aus. Ich werde aber niemals so schnell den Weg dahin finden und erst recht nicht durch bloßes Nachdenken. Und da trifft deine Theorie mit dem newtonschen Gesetz auch zu: Ich kann das nur durch Bewegung erfahren bzw. eine Kraft, die mich treibt, ablenkt, zurückwirft…irgendwie im „Escher-Treppenhaus“ bewegt. Und es passt auch sehr gut, dass ich hinterher keinem genau sagen kann, wie ich eigentlich da hin gekommen bin, wo ich gerade stehe. Denn mit „links, rechts und dann die übernächste wieder rechts“ kann keiner etwas anfangen, der nicht EXAKT auf meiner Position stand.

Irgendwie wird dieses „Sinnbild“ zwar gerade immer abstrakter, aber vielleicht kannst du mir ja folgen. Ich habe ohnehin so langsam das Gefühl, dass wir uns gerade sehr oft im Treppenhaus über den Weg laufen… ; )

Ganz liebe Grüße auch an dich! : )

Hallo Lui! 🙂

Dann mache ich das anscheinend recht ähnlich wie du, sammle immer und überall Texte, sei es, dass sie mir irgendwie in den Sinn kommen, ich irgendwo etwas ‚aufschnappe‘, sehe, lese oder höre. Da ist in den letzten Jahren doch einiges zusammengekommen, allerdings habe ich es noch nicht geschafft, all das mal richtig niederzuschreiben, so wie du es hier in Deinem wertvollen Blog tust. Vielleicht hat das auch damit zu tun, dass ich die letzten Jahre sehr viel Zeit damit verbracht habe, Bilder zu machen, die in etwa den gleichen ‚Zweck‘ erfüllt haben. Meine ganz persönliche ‚Spiegelgalerie‘ sozusagen.
Deinen Blog würde ich das fast schon eine Galerie der Texte nennen, und es macht mir einfach Freude, darin zu schmökern … 😉

Mit Texten sehe ich es ähnlich wie mit Bildern: sie haben alle ihre Zeit. Damit meine ich, dass sie erst dann ihre Wirkung entfalten, ihren Inhalt preisgeben, wenn die richtige Zeit dafür gekommen ist. Manche Bilder habe ich schon seit Jahren gespeichert, hin und wieder arbeite ich daran, komme aber einfach nicht weiter. Und dann kommt ein einziger Moment, da scheint alles klar, was zu tun ist, die Arbeit geht fast wie von selbst und das Bild ist ‚richtig‘. Und dann weiß ich auch endlich, warum ich es gemacht habe.

Tja, die Frage, warum wir Menschen uns immer irgendwie vergleichen wollen und nach Maßstäben suchen, das ist wirklich ein spannendes Thema. Eigentlich mag keiner in Schubladen sortiert werden, andererseits sind wir anscheinend ständig auf der Suche nach passenden Schubladen oder geeigneten Etiketten, um uns besser einschätzen zu können. Eine ‚relative Betrachtung‘, die sicherlich auch eine der wichtigsten ‚Antriebskräfte‘ für uns Menschen darstellt. Wir tun also im Grunde ‚das Richtige‘, aber tun wir das auch aus ‚den richtigen‘ Gründen? Eine absolute Betrachtung scheint schwieriger zu sein und ist vielleicht auch erst möglich, wenn wir ‚das Ziel‘ erreicht haben und keinen Antrieb mehr benötigen, wenn Stillstand sozusagen den Abschluss unserer Reise markiert. Bis dahin bewegen wir uns wohl alle im Labyrinth der Fragen und Ängste, und je sensibler wir sind, desto intensiver nehmen wir diesen Irrgarten wahr (was vielleicht nicht immer von Vorteil ist).
‚Das Vergleichen ist das Ende des Glücks und der Anfang der Unzufriedenheit‘. S. Kierkegaard

Ich musste ein wenig schmunzeln, als du das Treppenhaus von M.C. Escher erwähnt hast, denn es passt imho wirklich sehr gut, das in einem Bild darzustellen. Seine Werke haben mich schon immer fasziniert und auch inspiriert, meine Bilder u.a. mit ganz besonderen Blickwinkeln und Projektionen zu gestalten. ‚Dieses Treppenhaus‘ ist mir sehr vertraut, denn ich bin da schon eine ganze Weile unterwegs. Sicherlich ist es kein Zufall, dass Treppen gleich nach Brücken zu meinen ‚Favorites‘ gehören 😀

Vielleicht kennst Du das Nelson Mandela Capture Site in Howick, Südafrika? Es besteht aus mehreren Reihen von Stelen, und nur von einem ganz bestimmten Blickwinkel aus betrachtet lässt sich das Abbild Mandelas dreidimensional erkennen. Vielleicht ist das in Eschers Treppenhaus ja auch nicht anders, vielleicht versteckt sich auch darin dieser eine Blickwinkel, der Licht ins Dunkel bringt? Oder sind es vielleicht mehrere? Als Fotografen sind wir doch immerhin schon ganz gut gerüstet, was das Finden von Blickwinkeln angeht, das sollte doch irgendwie machbar sein, was meinst du?! 🙂

Eines würde mich jedoch noch interessieren: irgendwo muss da doch auch noch ein Kaffeeautomat sein, dieser Treffpunkt, an dem man sich immer wieder mal in so einem Treppenhaus begegnet. Da steht dann immer so eine Kiste an der Wand, man schmeißt ’ne Münze rein, hofft, dass der Becher vor der Flüssigkeit kommt, es rattert, schnauft, klappert, zischt und langsam füllt sich der Becher mit dem Kaffee, der aussieht wie Tee und schmeckt wie Kakao.
Ich denke, an so einem Ort muss das einfach so sein … 😀

Ganz liebe Grüße! 🙂

Hallo Observer!

Also alles schaffe ich leider auch nicht umzusetzen. Meine Stapel auf dem Rechner, in meinen Notizbüchern und in meinem Kopf sind nach wie vor riesig! Aber ich lasse mich nicht verrückt machen… manches braucht eben eine Weile, um wieder einen anderen Blick darauf zu bekommen und somit – wie du schon geschrieben hast – seine Zeit. ; )

Dafür fotografiere ich aber viel seltener bzw. gar nicht mehr so wirklich… Mich würden daher deine Bilder mal interessieren! Also wie deine „Spiegelgalerie“ aussieht. : )
Kunst – egal in welcher Form – ist wohl immer ein Ventil, um das im verborgenen Liegende sichtbar zu machen. Und wenn es jemand schafft, das in einem Bild auszudrücken, finde ich das sehr bewundernswert! Mir ist glaube ich diese Leichtigkeit etwas abhanden gekommen durch meine Arbeit. Auch wenn ich mit Fotokollegen unterwegs bin und alle Unmengen an Momenten festhalten, mache ich vielleicht ein oder zwei Bilder. Ich gehe dadurch aber nicht „blinder“ durch die Welt. Eher scheitert es oft einfach an meinem Anspruch. Vor allem jener an die Technik, die ich dann gerade nicht dabei habe (ich liebe z.B. Stative, will aber nicht immer eins mit mir herumtragen…).

Deiner Feststellung zum Vergleichen habe ich nichts mehr hinzuzufügen, außer dass ich vermute, dass auch du ein sehr sensibler Mensch bist! Das bin ich ja auch… und auch wenn einem selbst das gelegentlich als eher schweres Los erscheinen mag, finde ich es andererseits aber mindestens genau so oft schön, Dinge „anders“ wahrnehmen zu können! : )

Das Nelson Mandela Capture Site kannte ich bisher noch nicht, finde solche Kunstwerke aber ebenso toll!
Und ich glaube eher auch, dass es sehr viele versteckte Blickwinkel im Treppenhaus gibt, da es wirklich so enorm komplex ist! Es wäre aber auch schade, wenn es nur den einen gäbe… dann würden wir alle ja irgendwie gleich leben… und die gleichen Ziele haben.
Aber ja, wir sind da wohl Meister im Finden von Blickwinkeln. Und wenn wir sie nicht als Fotografen finden, dann doch hoffentlich als Lebenskünstler! ; )

Was den „Kaffeeautomaten“ angeht: Vielleicht muss das wirklich einfach so sein? Damit vermeidet man definitiv auch den Stillstand und sorgt dafür, dass die Menschen weitergehen und nicht ewig davor mitten im Treppenhaus stehen bleiben.
Und wenn er wie Kakao schmeckt, so ist das ja schon mal gut. Meist schmeckt der „reine Kaffee“ ja eher nach Suppe, aber ich lasse mich auch gerne eines besseren belehren! Ansonsten nehme ich aus diesen Automaten lieber einen Schoko-Cappuccino. Oder gleich die Suppe. : D

Ganz liebe Grüße und gut Licht! : )

Hallo Lui!

Ich wünsche dir von ganzem Herzen, dass du wieder zu jener Leichtigkeit finden kannst, die dir vielleicht ein wenig verloren gegangen scheint. Ich glaube, ich verstehe ganz gut, was du meinst, wenn du von (wachsenden) Ansprüchen sprichst, sei es nun die Technik, die Möglichkeiten der Umsetzung usw. Mein persönlicher Schwerpunkt liegt zum Beispiel im Multishot-Bereich (Belichtungsreihen, Panoramen, Timeblendings, Langzeitbelichtungen usw.), da ist man dann eigentlich fast immer mit großem Gepäck unterwegs und mal eben so geht da gar nichts. Später am Rechner folgt dann die Fortsetzung, um aus den vielen Einzelbildern DAS eine Bild zu machen. Planung, Vorbereitung und Transfers fordern ebenfalls viel Zeit, also meist ein großer Aufwand ohne Garantie für ein Gelingen.

Das alles ist auch völlig ok, denn mir macht das ja auch Spaß und es zwingt mich ja auch niemand dazu, aber es gab eine Zeit, da fing ich regelrecht an damit zu hadern, wenn mir Motive durch irgendwelche Umstände quasi ‚abhanden‘ gekommen sind. Es folgte ein weiterer Lernprozess für mich, und mittlerweile kann ich auch mal ohne Kamera (bzw. ohne großes Equipment) rausgehen, einfach die Dinge mit den Augen genießen, mich daran erfreuen, auch ohne ‚Spitzen-Bilder‘ davon gemacht zu haben. Dafür verpasse ich deutlich weniger von dem, was mir oft abhanden kommt, wenn ich hinter der Kamera stehe und mit der Technik beschäftigt bin. Manchmal ist das persönliche und ungestörte Erleben einfach viel wertvoller und auch wichtiger, als ’nur‘ anspruchsvolle Bilder davon zu haben. Weniger kann da wirklich sehr viel mehr sein, und kein Bild kann so schön aussehen, wie das, das ich in meinem Kopf behalte. 🙂

Kunst als Ventil, absolut! Vielleicht die schönste universelle Sprache, die uns Menschen zur Verfügung steht. Kunst ist für mich pure Kommunikation, mit anderen und auch mit sich selbst.

Sensibilität – ich bin schon froh, wenn es Menschen gibt, die das nicht als Schwäche oder Defizit betrachten, als etwas, das man vielleicht sogar abhärten sollte. Ich bin dankbar dafür, dass ich so bin und für all das, was mir dadurch wahrnehmbar wird. Einfach hat man es damit nicht gerade in dieser Welt, aber wenn ich es mir nochmal aussuchen könnte, so oder anders sein zu wollen, ich würde mich wieder dafür entscheiden. Diese feinen Antennen, die die Welt oft so laut, grell und bunt erscheinen lassen, dass man es manchmal kaum noch ertragen kann, man muss sie erstmal selbst verstehen lernen und vor allem, damit umzugehen. Leider scheint es kaum möglich, dieses Empfinden auch denen sichtbar/erlebbar zu machen, denen diese Feinfühligkeit fehlt. Sie werden sich sicher kaum vorstellen können, dass eine hohe Sensibilität weitaus mehr Konsequenzen mit sich bringt, als ’nur ein intensiveres Empfinden‘ …

Schoko-Cappuccino, definitiv ja, seufz, … 🙂

So, die Sonne lacht, ich muss da jetzt einfach raus, und ich werde auch noch ein paar Bilder raussuchen zum Gucken, link folgt … 🙂

Ganz liebe Grüße und gut Licht, wann immer du es brauchst! 🙂

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