Der beginnende Weg des Tanzes…

Seit längerem möchte ich eigentlich mal ein wenig niederschreiben, was ich sonst so mache bzw. was zu meinem Leben mittlerweile als ein sehr wichtiger Bestandteil dazugehört: Tanzen! Meist zu Techno. Mit nichts!

Angefangen hat es eigentlich etwas harmloser und weniger „hart“ im Jahre 2017. Ich war zwar schon vorher tanzen, aber nicht mit der Leidenschaft wie ich es heute mache. Erst durch meinen Exfreund Para habe ich nämlich gemerkt, wie gut mir das tun kann. Er selbst brauchte das immer wieder um runterzukommen und abzuschalten. Dafür fuhr er auch echt sehr weite Strecken und das macht man nicht einfach mal so. Unser erster gemeinsamer Abend war der auf dem E-Tropolis-Festival in Oberhausen. Er selbst war aus dem Saarland, ich aus dem Schwarzwald. Also eigentlich ein sehr weiter Weg für das erste Kennenlernen. Wir haben vorher nur via Chat/Mail kommuniziert und uns in einer ziemlich schrägen Singlebörse für Gothics kennen gelernt… (ja, ich war sehr abenteuerlustig zu der Zeit…) Ich weiß nicht, ob ich das jetzt so als klassisches Date ansehen kann, aber im Nachhinein war das schon irgendwie eins. Und wenn nicht an dem Abend, dann am nächsten Tag. Für mich waren wir auch in der darauffolgenden Zeit in einer Beziehung. Naja, bis eben der Sommer kam und ich gemerkt habe, dass wir beide doch nicht so gut zusammenpassen. Ich war damals eine fanatische Sommerhasserin und er hat mir das nicht ernst genug genommen und wollte mich quasi an die Sonne „gewöhnen“, was natürlich nicht funktioniert hat. Meine Empfindlichkeit gegen sie (Kreislauf, Sonnenbrand,..) erreichte zu dieser Zeit sogar ihren Höhepunkt…
Am Ende sind wir zwar nicht im Streit auseinander, aber irgendwann habe ich ihn blockieren müssen (was ich sonst nie mit Menschen mache), weil er meine Entscheidung nicht akzeptieren konnte, dass ich lieber alleine bleibe und meine Ruhe will. Doch er wollte einfach nicht aufgeben, obwohl wir beide so komplett unterschiedliche Ziele hatten. Er war etwa zehn Jahre älter und wollte eine Familie gründen und dass ich irgendwann immer in seinem Haus bin. Ich wusste aber, dass ich das niemals wollen würde und er mit mir wirklich nur seine Zeit verschwendet hätte…und sowas dann weiter zu verfolgen macht man einfach nicht. Das war auch einer der Gründe, warum ich es beendet habe.

Diesen „Tanzdrang“ jedoch habe ich von ihm irgendwie „übernommen“ (und bin ihm ehrlich dankbar dafür!) In der Zeit kam ich auch viel rum, allerdings nur in Gothicclubs. Nach dem Ende der kurzen Beziehung bin ich dann dem Techno immer näher gekommen. Mittlerweile bin ich sogar fast nur noch in dieser Szene unterwegs und habe da bisher auch so einiges erlebt. Neben vielen neuen interessanten Begegnungen habe ich mich auch selbst nach und nach etwas besser kennen gelernt und z.B. komplett neue Seiten an mir entdeckt. Vom Wesen her bin ich ja eigentlich eher ruhig, schüchtern und zurückhaltend. Aber mein Tanz-Ich ist – wie mein bester Freund immer zu sagen pflegt – eine Rampensau, eröffnet mutig in den schrägsten Outfits halbnackt die Tanzfläche und tanzt sich gedankenlos in den Vordergrund.

Ich habe aber auch gelernt mit Menschen im Allgemeinen und unangenehmen Situationen im Speziellen besser umzugehen, spontaner zu werden,…und ich sehe mittlerweile vieles nicht mehr so als „Problem“ sondern eher als Herausforderung.
Natürlich habe ich diese persönliche Weiterentwicklung meiner Denkweise nicht nur dem Techno zu verdanken, aber das gelegentliche Ausgehen in den letzten Jahren ist da irgendwie schon ein unterstützender und ausgleichender Faktor gewesen. Und dazu gehören eben auch die Herausforderungen, denen ich mich tanzend entgegenstelle wie z.B. den Takt nicht zu verlieren, mich nur auf das Bewegen zu konzentrieren und weiter zu tanzen trotz vieler irritierender Faktoren. Diese sind zum Beispiel Platzmangel oder Menschen, die mitten vor mir stehen bleiben oder schubsend an mir vorbei wollen. Eigentlich stresst mich das nämlich extrem. Ich habe jedoch das Gefühl, dass ich lerne nach und nach immer besser damit umzugehen indem ich mich dem quasi immer wieder aussetze.

Dennoch sagen mir vor allem kleine und eher leere Clubs zu, weil ich dann Platz habe und mich seltsamerweise auch vieles traue, obwohl man da eigentlich enger beisammen und eher auf dem Präsentierteller ist als auf größeren Veranstaltungen.
Ich habe festgestellt, dass es bei den meisten anderen eher umgekehrt ist: Sie fühlen sich wohler und sicherer, wenn sie eher in der Masse eines großen Clubs untergehen können. Ich hingegen fühle mich unwohler, je mehr Menschen um mich herum tanzen bzw. sind. Mir wird automatisch heiß und das Tanzen und die Konzentration fallen mir immer schwerer, weil ich mich immer kleiner fühle und mache. Daher meide ich das mit den größeren fremden und weiter entfernten Veranstaltungen noch etwas (selbst wenn die DJs dann natürlich ebenfalls größer und bekannter sind).
Ein für mich großer Vorteil bei den kleineren Partys in meiner Nähe ist zum Beispiel auch, dass ich mich komplett unabhängig von anderen machen kann. So war ich schon oft ganz allein und „ohne Anhang“ aus. Und wenn ich mal mit Freunden unterwegs bin, müssen sie sich auch keine Sorgen machen. Meist bin ich irgendwo am tanzen oder fülle meine leere Red-Bull-Dose mit Leitungswasser. Ich lasse mich auch nicht so wirklich anquatschen und kann echt gut auf mich aufpassen. Und dabei fühle ich mich dann auch nicht einsam oder im Stich gelassen – im Gegenteil. Meine Freunde wissen, dass ich gerne meine Ruhe habe und freuen sich umso mehr, wenn ich mich wieder mit positiven Vibes in den Kreis einfinde.

Aber ich bin in noch einem Punkt anders als die anderen…
Im Grunde steche ich sogar etwas aus der Szene raus, denn ich rauche nicht, ich trinke nicht und ich bleibe bei den Drogen, die ich verschrieben bekomme…bin also so gesehen fast schon straight edge und „ertrage“ das ganze somit nüchtern, was eher unüblich ist.
Ich bin nämlich einfach nur berauscht von der Musik und der Vorstellung, scheinbar komplett aus dem Rahmen zu fallen mit der Art mich zu geben, zu bewegen und vor allem zu kleiden.
Dass ich da so anders bin, stört mich aber auch nicht, denn ich bin eher stolz drauf, dass ich da so viel anderes rausholen kann. Im Gegenzug stört es mich aber auch nicht, wenn der Rausch für viele zum Technorave dazugehört. Solange ihr Leben nicht nur eine einzige Party ist, sie verantwortungsbewusst damit umgehen und ich mir keine Sorgen machen muss, dass sie sich wirklich krass wegbeamen oder den Rest ihres Lebens wie ihre Arbeit nicht mehr packen oder ernst nehmen, ist das okay.

Was mich noch unterscheidet ist, dass ich z.B. nicht die ganze Nacht durchfeiern will und manchmal auch froh bin, wenn die Party vorbei ist. Oft reichen mir auch nur 2-3 Stunden. Ich kann somit tanzend zwar die Zeit und die Realität für eine Weile vergessen und abschalten, gehe aber auch genauso gerne nach Hause während der Rest der nächsten Afterhour entgegenfiebert und vermutlich auch erst mal nicht schlafen wird im Gegensatz zu mir. Ich hingegen freue mich  auf meine leere ruhige Wohnung, auf duschen, ein kleines Frühstück und mein Bett.
Zu gehen wann ich will macht mich unabhängig und gibt mir das Gefühl irgendwie alles im Griff zu haben, selbstständig und frei zu sein, was ich so liebe. Morgens alleine mit dem ersten Zug oder letzten Nachtbus heimzufahren ist für mich somit auch immer ein Highlight!

Posted by Journey

Kategorie: Allgemein

Autor: Journey

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3 Kommentare        

Ich hab ja den ersten Absatz drei-, viermal gelesen und bin doch nicht schlauer geworden. Aber ich glaub, jetzt nachdem ich den gesamten Beitrag gelesen hab, mein ich, dass sich das „Mich nichts!“ auf den Straight-Edge-Faktor bezieht, du damit also „mit ohne Drogen“ meinst?

Und das liest sich ja wirklich nach einer sehr schönen und vor allem für dich stimmigen Beschäftigung. Ach, jetzt fällt mir das Wort ein, das ich gesucht hab: Harmonisch. Ich bin ein ja sehr harmoniebedürftiger Mensch und diese Harmonie und deine Freude daran les ich sehr gut da raus, sehr schön geschrieben ?

Sich dann nicht (bzw. nicht so sehr) von den anderen beeinflussen zu lassen, sondern seinen eigenen Weg zu finden und dabei zu bleiben – super!

„Mit nichts“ ist sowohl auf Straight-Edge als auch auf mein Outfit bezogen… ^^

Und danke! Seinen eigenen Weg zu finden und ihn dann auch zu gehen ist meiner Meinung nach wirklich sehr wichtig für ein erfülltes Leben.

Sehr schön beschrieben, Sommerhasserin 🙂

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