Gute Gespräche fangen an mit…

Mein ehemaliger Pädagogik-/Psychologielehrer hatte uns als Klasse mal die Aufgabe gestellt, darauf zu achten, wie Gespräche entstehen bzw. mit welchen Worten sie beginnen. Meistens ist es doch so, dass da nur ein einfallsloses „Wie geht’s?“ gefragt wird, worauf ein einfallsloses „gut“ folgt.

„Wie geht’s?“ erschien mir jedoch (auch) in diesem Fall so ganz und gar nicht passend, also fragte ich neulich ganz frech und ohne Hintergedanken: „Abendessen?“ Der Busfahrer, den ich damit gemeint hatte, drehte sich zu mir um, lachte und fragte ob das schlimm sei. Er hatte wohl gerade Fahrerpause und verspeiste ein Stück Käse und eine Brezel. Mich hielt das jedoch nicht davon ab, meinen – mittlerweile für mich typischen – Mitteilungsdrang auszuleben…im Gegenteil: Sein Essen lieferte mir den perfekten Grund, ein Gespräch anzufangen.
Eine weitere Frau saß noch im Bus und so entstand ein recht gutes Gespräch vom Thema Abendessen über Jugendliche und Busfahren und dass die Zeiten für die Kids aus den Käffern wie K. so gar nicht jugendfreundlich seien. Ich stimmte natürlich sofort mit ein und wir diskutierten angeregt darüber während der Fahrt. Dann fragte mich der Busfahrer, was ich so machen würde. Und ich kam irgendwie nicht drum herum, ihm meine jetzige Situation zu schildern. Er war wohl irgendwie fasziniert davon, dass ich auf der einen Seite so künstlerisch begabt sei und auf der anderen Seite es doch so schwer hätte momentan. Das mit dem Abi fand er auch schade. Natürlich. Das findet jeder schade, ich ebenfalls…
Er wünschte mir am Ende noch verdammt viel Glück und dass ich meinen Weg finde, weil ich ja was im Kopf hätte. Ich war gerührt in diesem Moment…

Was habe ich noch so angestellt? Ich bin gerade mal wieder total offen für Gespräche und Situationen, die keiner erwartet…
Ein Beispiel: Ich stand am Busbahnhof von V. und habe auf den Bus gewartet. Ein paar Meter weiter stand ein Jugendlicher mit einem Bild, das ich zu dem Zeitpunkt noch nicht sehen konnte. Als er einstieg, habe ich gesehen, dass auf dem Bild zwei Frauenbeine waren in roten Absatzschuhen. Ich –natürlich extrem offen – setzte mich in seine Nähe und als unsere Blicke sich trafen, lächelte ich und sagte allen Ernstes: „Cooles Bild!!“ Der Junge (vielleicht 16) meinte daraufhin nur total (positiv) überrascht: „danke…!“ Ins Gespräch sind wir nicht gekommen, aber ich hatte auch alles gesagt und wollte sowieso lieber während der Fahrt schreiben. Das mit dem Bild habe ich übrigens nicht nur so gesagt, um ihn zu schockieren; ich fand es wirklich schön, weil es nichts Pornomäßiges war, eher verdammt gute Fotografie….also Kunst! Und ja, das musste ich einfach loswerden! : )

Ich weiß nicht, aber in solchen Momenten liebe ich wirklich das Leben. Mit Menschen reden, Lebensgeschichten und Gedanken austauschen…das tut wirklich gut…wenn ich einfach etwas sage, irgendwas, was ich denke oder loswerden möchte. Das befreit. Man müsste meinen, dass die Gesellschaft nicht so offen ist. Man spricht ja nicht mit Fremden, etc…aber ich frage mich: Warum eigentlich nicht, wenn einem danach ist? (Klar soll man nicht mit zwielichtigen Gestalten sprechen, aber das meine ich ja auch nicht damit… ; ) ) Mir tut es manchmal sehr gut. Und ich muss die Leute ja nicht wiedersehen, bin aber dennoch so ehrlich, dass man sich guten Gewissens anlächeln kann, falls man sich noch mal begegnet. Und dabei spielt es bei mir nicht mal eine Rolle, ob diese Person männlich oder weiblich ist. Ich spreche einfach an. Und das befreit mich wirklich irgendwie…versucht es doch auch mal aus! Ohne Angst, einfach ungezwungen. Schlechte Erfahrungen kann man sicherlich dabei auch machen, aber noch schlechter ist es, wenn man sich im voraus schon selbst blockiert und sich fragt, was denn die andere Person denken könnte, etc. Ich weiß, das ist bei manchen Leuten nicht einfach mit dieser Offenheit…ich habe auch in der Klinik gemerkt, dass es vielen extrem schwer fällt, Leute einfach anzusprechen. Aber…es ist so…ich musste das auch erst lernen…und wie! Ich war damals ein fürchterlich verschüchtertes Etwas…aber es geht trotzdem durch ein bisschen Motivation und vielleicht auch ein bisschen Lernen am Modell? – sprich: Jo war mein „Modell“, weil er wirklich gar keine Probleme damit hatte, irgendwen anzusprechen und mich der Person sogar als seine Verlobte vorzustellen (was in Anbetracht der Lage, dass er jetzt 50 ist auf manche schon etwas kurios gewirkt haben muss XD)…Jo hatte wirklich keine Probleme damit, sich zum absoluten Vollhorst zu machen und irgendeinen Mist zu erzählen. Also: Das perfekte „Vorbild“! Im schlimmsten Fall haben ihm die Blondinen eine reingehauen…und dennoch(!) habe ich SO vieles von diesem teils schlechten Vorbild gelernt und an Selbstbewusstsein gewonnen. Damals habe ich das aber natürlich nicht gesehen. Da war ich einfach nur doof und verliebt. Aber heute bin ich wirklich dankbar für die Zeit damals…ohne das Jo-Drama wäre ich heute zum grösten Teil nicht so wie ich bin.

Aber ich schweife vom Thema ab! Was ich mit diesem Blogpost sagen möchte ist Folgendes: Nur durch ein bisschen Motivation und eben durch den Versuch an sich, ein Gespräch zu beginnen, kann man so viel erreichen…und wer weiß, vielleicht lernt man wirklich durch Zufall Leute kennen, mit denen man auf einer Wellenlänge ist. Nur man muss dem Zufall die Chance geben.

Also…let’s do it!

Und ich freue mich natürlich sehr über Kommentare und Erfahrungsberichte!!! : )

Posted by Journey

Kategorie: Allgemein

Autor: Journey

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2 Kommentare        

Hey. Ich seh gerade, das es noch kein Kommi zu diesem Post gibt. Sehr Schade! Denn ich finde das Thema ansprechend aufbereitet und vor allem ist es mir bekannt. Ich bin ebenfalls eine dieser Menschen, die lieber in sich gekehrt sind und mit den standart fragen alá „wie gehts“ beginnen.

Ich denke, ich werde deinem Ratschlag mal folgen, mal was anderes fragen oder einfach auf interessant wirkende persönlichkeiten zugehen.
Aus den gleichen gründen, wie es bei dir der fall war/ist.

Dann wünsche ich dir dabei mal viel Erfolg! : )
Und danke für das indirekte Kompliment!

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