Naivität…oder doch etwas anderes?

Ich habe mich lange und gründlich mit dem Thema Liebe beschäftigt. Ich wüsste nicht, was ich bei meiner Situation noch hinzufügen könnte. Außer, dass ich das ganze zwar gut verdrängen, aber nicht vergessen kann. Es verfolgt mich, egal wie sehr ich davor weglaufen will/muss.
Doch ich bin ratlos. Genauso ratlos wie vorher. Es sollte einen Weg aus diesem Kreis heraus geben. Den gibt es auch, sicher. Aber ich will/kann das nicht so enden lassen.
Ich denke zu Teilen an Rache, doch kann nicht, schneide mir dabei nur selbst ins Fleisch. Das Messer auf mich gerichtet und nicht auf den, den es treffen soll. Es ist zu stark.
Bin hin- und hergerissen, schwebe im Unklaren. Immer noch. Und einerseits kann ich mir so einen Mist nicht einbilden. So naiv bin ich doch nicht! …Aber andererseits darf ich nicht…

[…]Er murmelte noch irgendetwas von wegen ansteckend und ich fragte ihn provokativ: „Was ist denn an mir bitte ansteckend?!“ Und er antwortete „Intelligenz“, was ich rührend fand, ihm aber nicht glaubte. Darum sagte ich „Ich nehme das als Kompliment“ und erwartete, er würde das wieder zurücknehmen. So wie immer. Er sagte allerdings, dass ich das ruhig als Kompliment nehmen dürfe. Erst jetzt wurde mir bewusst, dass wir Händchen hielten, da seine Kettenraucher-Minus-Drei-Grad-Fringerspitzen-Hände viel kälter waren als meine. Er ließ meine Hand los und verabschiedete sich, obwohl es erst zehn Uhr abends war.[…]

Habe ich richtig oder falsch gehandelt..und handele ich vielleicht immer noch? Kämpfe. Denke nach. Und bereue. Irgendetwas…

Und war es vielleicht doch Liebe? Ist es Liebe?

[…]Es begann alles an einem Abend, an dem ich mich zum ersten Mal richtig mit Jo unterhalten hatte. Ich weiß noch ganz genau, dass er alleine in der Ecke saß und ich zu ihm gekommen bin, weil alle meinten, er säße da so alleine und ich solle mich doch mit ihm beschäftigen. Seither ist er mein Verlobter und meine „große Liebe“, wie A. immer so schön sagt. Wir redeten zwar nur über belangloses Zeug wie zum Beispiel die Handtasche einer Frau und die Wetterverhältnisse zwischen Winter und Sommer. Ich meinte im Sommer seien 12 Grad kälter als im Winter, er meinte, das sei Quatsch. Dann kam ich mit dem Argument, dass es sich aber anders anfühlt. Es war damals ein lustiger Abend und ich renne ihm seither hinterher, weil ich will, dass er mit mir diskutiert.[…]

 

Und…habe ich vielleicht etwas verpasst? Übersehen?

[…]A. meinte anschließend, er würde jetzt gehen und er wünsche uns beiden noch eine wunderschöne Nacht. Wer seine Sprüche kennt, weiß was er damit gemeint hat. Jo ließ mich dann allerdings sitzen und verschwand mit ihm nach draußen. Und wenn jemand die ganze Zeit den Arm um einen hatte, kommt man sich, wenn es dann plötzlich nicht mehr so ist, ziemlich einsam vor…[…]

[…]Jo machte sich eine neue Zigarettenpackung auf, sah sich um, nahm dann auf einmal meine Hand und gab mir den Müll. Erst stand ich wie angewurzelt da, dann wurde mir klar, dass ich als Mülleimer missbraucht wurde. Ich schubste ihn also leicht und fragte dann rhetorisch: „Sehe ich etwa aus wie ein Mülleimer!?“ Er überlegte daraufhin demonstrativ und antwortete mit einem frechen „Ja“. Ich gab ihm den Müll genervt zurück, woraufhin er ihn mir in die Hosentasche stopfte.[…]

 

Körperliche Annäherung?

[…]Was mich wunderte war die Tatsache, dass sie blond war. Wie seine Ex-oder-nicht-Ex. Wie Claudia. Wie ich…teilweise zumindest.[…]

[…]Zum Abschied umarmte ich ihn kurz. Und wie immer ließ ich es so aussehen, als sei es eine Art Rache, was es natürlich nicht war. Ich versuchte ihm auf diese Art ein schlechtes Gewissen zu machen. Also fragte ich – um dem ganzen das nötige Etwas zu geben – ganz lieb und mit einem Strahlen im Gesicht, bei dem nur noch das enthusiastische Augenzwinkern gefehlt hätte: „Gehst du schon?“ Und er antwortete tatsächlich: „Ja…willst du mit.“ Und ich sagte diesmal: „Nein.“ Dann umarmte er mich, gab mir Küsse auf Wange und Stirn, sah mir anschließend verschwörerisch in die Augen und sagte: „Du hast zugenommen…besonders so um die Hüften rum…“ Daraufhin habe ich ihm eine Ohrfeige angedroht und er ist lachend abgehauen. Wohin er geht, das weiß man nie. Du kannst mit ihm durch die Stadt gehen, kurz unachtsam sein, und dann ist er weg.[…]

 

Ich lese gerade mein „Keipentagebuch“ wieder. Das alles sind Ausschnitte. Ist die Wahrheit…wenn auch nur, wie ich sie sehe…

[…]Ich wich ihm natürlich nun nicht mehr von der Seite. Mein Vorteil: Ich kann ihn nerven, er mich aber nicht. Er kann mich nur innerlich verletzten, was allerdings auch nicht so schön ist. Mein nächstes Argument mich nicht umzubringen war also: „Dann könnte ich dich ja nicht mehr nerven.“ Dieses Argument gefiel ihm wohl auch, denn er legte seinen Arm um mich. Der nächste Tod über den wir redeten war der von meinem Dad. Jo meinte, wenn ich den ganzen Alkohol erben würde, den wir zu Hause überall haben, würde er mich heiraten. Von dieser Idee waren allerdings nur er und ich begeistert. U. meinte nur: „Dann erbt sie nichts…“[…]

[…]Irgendwann wollte er abhauen ohne sich zu verabschieden. Und ich als kluge, aber wohl etwas nervige „Verlobte“ beobachtete ihn natürlich die ganze Zeit und stürzte mich auf ihn, als er verschwinden wollte. Ich umarmte ihn und sagte Sachen wie „Komm’ gut Heim!“ und „Schlaf schön!“ Und er küsste mich auf die Stirn und meinte: „Weißt du, ich mag dich wirklich.“ Ich war vollkommen gerührt und meinte: „Ich dich auch!“ Daraufhin umarmte er mich noch einmal und gab mir Küsse auf Haare und Stirn. Als er ging sah ich ihm hinterher. Und innerlich wusste ich, dass mein Herz nun ihm gehören würde. Egal wie sehr wir auch streiten werden oder er mir Gemeinheiten an den Kopf werfen wird. Ein Herz, das man an einen geliebten Menschen verschenkt, wird wohl langsam abgenutzt werden. Es sei denn, er gibt mir seins. Denn man hat keinen Platz für zwei Herzen. Ich hoffe nur, dass er mir meins nicht eines Tages zerschunden zurückgibt…[…]

 

Ist das alles womöglich Teil einer Taktik?

Tagebuchhinzufügung vom 20.10.08 (irgendwann in der Nacht…)
Ich habe noch etwas zu sagen…Und zwar habe ich immer Angst vor dem Verlieben. Nur leider bin ich das jetzt wieder. Verliebt. Immer begleitet von der ständigen Angst ausgelacht und für dumm gehalten zu werden. Mir fehlt einfach der Mut zum Lieben. Liebe ist anscheinend ein Zeichen von Schwäche. Es ist immer ein Risiko dabei. Denn sobald du dich verliebst, bist du verletzlich und alle stürzen sich auf dich wie die Aasgeier. Aber trotzdem hofft die Liebe. Auf was, das wüsste ich auch gerne. Doch die Hoffnung auf Etwas ist da.
Alles spricht zum größten Teil gegen meine Liebe, denn sie darf nicht sein. Noch nie war ich gleichzeitig so nah und so weit weg an meiner Liebe.
Und keiner kann erklären woher sie kommt und wohin sie vielleicht eines Tages geht. Und wie das so ist, glaube ich, sie hält für immer, doch wird immer einseitig und im Verborgenen, im Stillen sein. Sie dürfte nie ans Tageslicht kommen, denn dann wäre ich verletzlich und alle würden mich in der Luft zerfetzen. Bis ich innerlich tot wäre und nichts mehr von mir übrig bliebe. Dann müsste ich noch einmal von vorne anfangen. Mich nochmals neu aufbauen.

Kleine Anmerkung: Ich beweise gerne Leuten das Gegenteil, wenn ich kann. Doch ich glaube das alles hier mit Jo ist eine kleine Nummer zu groß. Bzw. „war“. Jetzt mache ich ja nichts mehr von alldem. Auch wenn ich noch in der gleichen Situation stecke.
Und ja, verdammt, ich bin von mir aus naiv! Und liebe weiter…aber wisst ihr was? Wenn IHR das als blöd, dumm und naiv sieht, dann ist mir das egal. Das beweist nur, dass ihr in Wahrheit die Schwachen seid und den einfacheren Weg wählt. Ihr sucht euch einfach Ersatz. Aber der muss natürlich der Richtige/die Richtige sein. Gut, das mache ich auch. Aber ohne Liebe. Und ihr wollt mir erzählen, dass ihr alle zwei Wochen jemanden anderen liebt? In eurer Einbildung vielleicht. Aber, Liebe? Ist das nicht…

[…]Als ich provisorisch in den Spiegel sah, dachte ich: „Schade, jetzt hast du dich in die Kneipe geschleppt und der ist arbeiten…‘ Ich sah den Abend also bereits als verloren und wollte mich gerade wieder auf meinen Platz setzten, den letzten Schluck austrinken und zahlen, als ich gewahrt wurde, dass da jemand saß. Und dieser jemand drehte sich genau in dem Augenblick um und begrüßte mich mit „Hi Mädl!“ Ich sagte kühl: „Hi-Jo-du-sitzt-auf-meinem-Platz…“ und drängte mich auf meinen Barhocker.[…]

Warum ist das eigentlich immer ein Spiel aus warm-kalt, gut-böse und noch so vielen anderen Gegensätzen? Warum kann es denn einfach nicht bei einem bleiben…Warum stichele ich, wenn er gerade nett ist…und warum macht er es umgekehrt auch so?

[…]Luna brachte uns allen nach einer Weile Chips und deutete auf das Körbchen, ich solle mir doch welche nehmen. Ich lehnte dankend ab und meinte, dass ich dann nicht mehr aufhören könne mit essen. Jo aß allerdings neben mir und musste sich immer über mich beugen um an die Chips zu kommen. Ich wollte sie ihm hinschieben, da haute er auf einmal „aus Versehen“ seinen Arm gegen mein mittlerweile wieder neues, schon halbleeres Radlerglas und schleuderte es weg, weil er ja unbedingt auch etwas zum Thema Clips-Essen sagen wollte. Ich jammerte erschrocken „Jo…mein Glas!“ und Jo meinte nur: „Das hast DU gerade so hingestellt!“ Und ich antwortete ironisch: „Ja sicher…“ Er beharrte jedoch darauf, dass ich ihm mein Glas in einer Sekunde so in den Weg gestellt hätte, nur damit er mir eins ausgeben müsse. Ich fragte möglichst lasziv: „Und wer soll es mir sonst ausgeben?“ Daraufhin bekam ich ein neues Glas und bedankte mich innerlich bei ihm, dass er immer etwas umkippen muss.[…]

[…]Luna meinte irgendwann zu Jo, er hätte ihr etwas versprochen. Da wurde ich natürlich hellhörig. Aber er wusste nicht mehr, was es war. Daraufhin regte ich mich über sein schlechtes Gedächtnis auf. Er meinte dann nach einer Weile zu Luna: „Aber das würde mich jetzt wirklich mal interessieren, was ich dir versprochen habe…“ Ich sah ihn an und meinte „Mich auch…“ Die Sekunden verstrichen, bis Jo endlich verstand, was ich da eigentlich gesagt hatte. Also fragte er mich: „Warum interessiert DICH das denn?!“ Ich antwortete ihm, dass mich das einfach „nur so“ interessieren würde.[…]

[…]Jo hatte das Glück noch einmal für Larry und sich zu gewinnen (am Spielautomat). Und Larry sah sich sein Geldhäufchen an, schob alles zu Jo rüber und meinte entschlossen: „Un des wird jetz au verzockt!!!“ Und Jo, der mittlerweile wirklich keine Lust mehr hatte, sagte genervt: „NEIN!“ Daraufhin machte Larry ein erschrockenes Gesicht, weil Jo nicht mehr wollte, und fragte: „Ja, wa mach ma au jetz mit dem Geld?!“ Während ich wegen dieser unlogischen Frage fast vom Barhocker kippte vor lachen, hatte Larry eine Entscheidung getroffen: „Jo, du bekommsches.“ Ich sah Jo an und er meinte „Nein, gib’s ihr.“ und schob alles zu mir rüber. Ich legte meine Hand auf das Geld und wollte gerade vorschlagen, dass Larry das Geld doch einfach behalten solle, da sagte Jo provokativ: „Ja, du könntest dich wenigstens mal bedanken!“ Das traf mich und ich versuchte Moralapostel zu spielen und auf Larry einzureden. Doch der bekam nichts mehr mit und ich nahm das Geld und steckte es ihm in die Hemdtasche. Dann sah ich Jo mit dem Das-war-doch-eine-gute-Tat-Blick an und er sagte einfach nur: „Also wenn du’s ihm in die Hosentasche gesteckt hättest, wär’s ihm lieber gewesen…“ Ich haute ihn daraufhin eine und meinte, er sei pervers.[…]

 

Das alles ist nur ein Bruchteil meiner Erlebnisse…und ich lese sie gerne wieder und immer wieder durch. Aber ich bin gezwungen realistisch zu bleiben.

Posted by Journey

Kategorie: Allgemein

Autor: Journey

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