Es ist irgedwie doch nicht leicht, wenn man eine Beziehung mit jemandem führt, der so weit weg von einem wohnt. Observer und ich haben zwar die letzten drei Jahre bis auf wenige Wochen zusammen im Schwarzwald verbracht, aber irgendwann stellt sich eben immer dringender die Frage, wie es nun weitergehen soll: Hamburg oder Schwarzwald? Wo können wir leben? Wo wollen wir leben?
Diese Frage beschäftigt mich in diesen Tagen sehr sehr stark. Anfangs dachte ich noch, dass es mir nun, da ich nicht für immer bei MR arbeiten werde, leichter fallen würde und ich ein offener Mensch bin und es nur den Menschen an meiner Seite bräuchte, den ich liebe, um mich zu Hause zu fühlen – egal wo. Doch ich bin wohl doch nicht so offen, wie ich es immer angenommen hatte, besonders wenn so viel auf dem Spiel steht.
Zur Zeit bin ich bei Observer und ich merke, dass mich Hamburg und die Umgebung jetzt nicht so flasht, wie es vermutlich der Fall sein sollte und wie es alle erwarten. Ich mag das Wasser, keine Frage, und mich stört das Regenwetter jetzt auch nicht so wahnsinnig. Es gibt dafür aber eine Menge anderer Dinge, mit denen ich würde leben müssen und obwohl ich sehr anpassungsfähig sein kann, wenn ich es will, habe ich Schwierigkeiten, mir das vorzustellen.
Beide Orte haben natürlich Vor- und Nachteile, die ich mal versucht habe grob zusammenzufassen. Das in Klammern ist Observer wichtig, für mich persönlich ist es nicht entscheidend.
Schwarzwald:
– wir müssten uns eine größere Wohnung als meine suchen, was nur geht, wenn wir direkt beide genug Geld verdienen
– Observer müsste runter zu mir ziehen und seine Sicherheit und vermutlich eine Menge von dem, was er besitzt, aufgeben
+ man lebt allgemein günstiger als in Hamburg und Umgebung
+ es ist alles etwas ruhiger und gelassener, überschaubarer
+ der Umgang mit anderen Menschen fällt mir irgendwie leichter
+ für mich passt meine Infrastruktur (Apotheke, Ärzte, Kliniken, Bus und Bahn,…)
(- durch die schlechteren Bus- und Bahnverbindungen fährt nun mal nicht alle 10 Minuten ein Bus aufs Land und man muss eine Reise mit dem Nahverkehr eben etwas planen…und selbst dann kommt man selten sofort dorthin, wo man will…)
(- allgemein ist man sehr weit weg von Orten, wo was los ist, und ohne Auto aufgeschmissen)
– für mich ist mir meine Familie manchmal zu nah und ich wünsche mir mehr Abstand
+ Observer hätte schon mal ein Jobangebot (- sieht sich da aber nicht unter diesen Bedingungen alt werden und müsste sich sehr stark verbiegen und einiges an persönlichen Zielen aufgeben)
Hamburg:
+ die Umgebung, in der Observer wohnt, ist nicht direkte City, sondern außerhalb, also ruhiger und in etwa mit meinem Ort vergleichbar
+ Observers Wohnung ist sicher und gehört zwar nicht ihm alleine, aber er zahlt keine Miete, weil er es bis dato nicht konnte. Das würde sich natürlich ändern, wenn wir beide dort leben und Jobs haben, aber dennoch nicht die Welt kosten
– der Nachbarstress, der mir deutlich mehr zusetzt als gedacht. Ich will nicht in einer Wohnung leben, in der ich vorher alles abchecken muss, um keinem zu begegnen. Dieses Spannungsverhältnis ist mir einfach unbegreiflich und ich kann mir nicht vorstellen, dort zu leben, wo soviel Konfliktpotential herrscht und mir jeden Tag anzuhören, wie Observer sich über seine Nachbarn aufregt. Ich will normal meine Wohnung verlassen können, meine Nachbarn grüßen und gut ist.
(+ die Nähe zur Großstadt und zu den Orten, wo was los ist)
+ ich habe vielleicht bessere/mehr Möglichkeiten, einen (passenden) Job zu finden
– der Druck in den Jobs könnte größer sein als im Schwarzwald, da bei den Menschen die Uhren etwas schneller laufen
– es sind allgemein viel mehr Menschen unterwegs, man geht in der Masse unter und wird gefühlt zu einem anonymen Niemand, was mir nicht immer, aber in Stresssituationen großes Unbehagen bereitet
(+ die Bus- und Bahnverbindungen sind weitaus besser)
Tja… und nun?
Hrm schwierig.
Am wichtigsten ist meiner Meinung nach, das du nichts tun solltest, was sich für dich nicht zu 100 % richtig anfühlt. Gerade bei großen Entscheidungen höre ich seit einigen Jahren stark auf mein Bauchgefühl und das sagt bei genauerem hinhören doch recht eindeutig, ob etwas im Moment passt oder nicht.
Und vom gedanklichen Aspekt: Aus eigener Erfahrung ist das Schlimmste, was man haben kann, Nachbarn die man nicht mag oder nicht sehen will. Selbst wenn man ihnen aus dem Weg geht beschäftigt man sich gedanklich nahezu täglich damit. Deshalb würde ich, falls die Wahl doch auf Hamburg fallen sollte, lieber eine andere Wohnung suchen, auch wenn man da eventuell mehr zahlt.
Aber so richtig kann ich mir dich in und um Hamburg auch nicht vorstellen. Ich glaube du bist wie ich ein Kleinstadtkind. Nicht direkt Dorf, sondern stadtnah, aber auf keinen Fall Großstadt.
Gäbe es denn für Observer Jobalternativen? Das er vielleicht nur vorübergehend in seinem "sicheren" Job arbeitet und sich zeitnah nach einem passenderen Job umschaut? Vielleicht auch in einem größeren Nachbarort, so das ihr euch da eine Wohnung suchen könnt mit besserer Nahverkehrsanbindung und du wenigstens ein bisschen Abstand zu deinen Eltern bekommst?