Genug gestorben…

So langsam müsste mir die Erkenntnis kommen, dass dem Schrecken dieser Welt nicht so einfach zu entfliehen ist. Nicht wenn ich im Bett liegen bleibe und auch nicht, wenn ich weder esse noch trinke noch unter Leute gehe. Er ist immer da, der Schrecken. Er lauert an den kahlen Wänden, auf dem schmutzigen kalten Asphalt und in den Stimmen jener, denen man einmal vertraut hat. Er sagt einem, dass man nicht gut genug sei. Versagt habe. Baut einen stetig ab, statt auf.
Die letzten vier Tage war ich tot. Geschockt. Wollte dem Schrecken mit Tagträumen und Schlaf entkommen. Letztendlich sitze ich wieder hier, in der Schule, mit meinem 0-Punkte Abi-Zeugnis. Was ich machen werde? Anfangen zu lernen. Es ist nicht einfach, ich stelle mich aber auch zugegebenermaßen recht dämlich an, in dem ich das Versagen vorherprogrammiere und aufgebe, bevor ich anfange, aus Angst wieder und wieder und wieder zu versagen. Wie in allem eben. Ein Trottel bin ich!
Navi habe ich gestern zum letzten Mal in meinem Leben gesehen. Es ist nur noch Hass übrig, mehr nicht. Ich weiß auch gar nicht, warum ich ihn eingeladen habe. Hoffnung auf Hilfe? Meine Laune hat es jedenfalls erst gehoben, als ich ihn nun endgültig aus meinem Leben verbannt habe. Er hat mir die Wahrheit ins Gesicht geklatscht, ich ihm ebenfalls. Ich sage zwar ab und zu „Arschloch“ zu manch einer Person, aber selten meine ich, was ich sage. Das habe ich von Jo. Sich nicht in die Karten schauen lassen. Nie. Und ich muss sagen, selten habe ich das Wort „Arschloch“ mit so viel Gefühl ausgesprochen. Konstruktiv streiten mag ich nicht mehr an so einem Punkt. Da helfen nur noch ein böses Wort und die Bitte, meine Wohnung zu verlassen.

Jo und ich sind dafür die einzigen, die nicht fähig sind, auf das größte Fest des Jahrhunderts zu gehen. Am Donnerstag hatte U. Geburtstag. 11.11. und 66. Ein großes Fest mit über 100 Leuten. Ich war nicht da, weil ich nicht fähig war, das Haus, ja sogar das Bett zu verlassen und Jo war ebenfalls nicht da, aus welchem Grund auch immer. Wir werden alt. Jo, ich und der Rest der Welt. Und jeder Tag ist ein verlorener Tag ohne ein bisschen Glück. Und davon gab es die letzten Tage sehr sehr wenig. Was mache ich nun also? Dem Schrecken ins Auge sehen? Ihn fassen, mit Stift und Papier und zu verbannen, bis er wieder mächtig genug wird, mir den Atem raubt und mich zu Boden zu drückt? …aber vielleicht sollte ich aufhören, mich mitziehen zu lassen…auch wenn es mich verdammt viel Kraft kostet, am Morgen aufzustehen und alle Tipps von Dr.D. zu befolgen…
Naja, wenn kein Glück mehr da ist, dann habe ich noch zwei Dinge, die das ändern können. Ein Lippenstift, in dessen Duft ein Stück Vergangenheit steckt und die Abendsonne, die meine Wohnung und mich in grelles Licht taucht, was ich allerdings auch nicht immer sehen kann. Depressive sollen die Welt angeblich auch dunkler sehen…und manchmal sehe ich sie nicht…die Sonne…da sehe ich dann gar nichts…
Wenn keiner zurückschreibt, meine Freunde keine Zeit haben, mich aufzubauen und wohl auch keine Kraft und keinen Rat wissen, da habe ich dann noch mich. Den Anfang vom Ende. Mich, mein Schauspiel, dass ich in Zukunft Tag für Tag zeigen werde und diese Welt, bestehend aus Schein und Sein, die ich so beschreibe, wie ich sie sehe.
Und wenn gar nichts mehr geht, dann ist das letzte, an das ich denke, das Versprechen mich nicht umzubringen, das ich einst Jo gegeben habe und er mir ebenso. Keiner soll es tun, solange der andere noch lebt. Wenn, dann macht man es nur zusammen. Und da Jo kein Typ ist, der sich umbringt, sondern eher den qualvollen Weg des Alkoholikers geht und ich nicht so viel vertrage wie er und auch kein Geld dazu habe, muss ich wohl oder übel die Zähne zusammenbeißen….Auf auf! Solange, bis es mich erneut umhaut…

Posted by Journey

Kategorie: Allgemein

Autor: Journey

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1 Kommentar        

Anfangen zu Lernen ist ein guter Anfang. Nur gib dich nie auf. Ich bin mir sicher, dass du es schaffen kannst.
Du hast das Potential dazu. Also glaube zuerst mal an dich selbst und beginne damit. Finde den, für dich richtigen, Weg und sei dir immer bewusst, dass du etwas Besonderes und Einzigartiges bist.
Fehler und Rückschlage gibt es immer. Sie sind dazu da, aus ihnen zu Lernen. Depressionen gibt es auch. Du mußt sie meistern und versuchen, sie zu minimieren, so schwer beides auch fällt.

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