Lyrik durch Leid… / …Vertrauensbruch – alles kommt von Zeit zu Zeit…

Es heißt, große Lyrik entstehe besonders oder ausschließlich durch großes Leid. Na in nächster Zeit wird mich immerhin in diesem Zusammenhang die Muse küssen. Denn ich werde wieder mehr schreiben, um alles zu verarbeiten, was in letzter Zeit geschehen ist. Jetzt habe ich ja Zeit für alles…auch wenn mich der leere Terminplaner traurig macht. Keiner mehr, der mir in meine Pläne funkt. Kein Mathe-Nachhilfe mehr. Kein festhalten und nicht mehr loslassen wollen, obwohl meine Zeit längst abgelaufen ist. Ja, nun ist sie endgültig abgelaufen…und es wird einsam werden.

Wo fange ich bloß an zu erzählen? Zu versuchen, das ungesagte, unliebsame Problem des Vertrauensbruchs in Worte zu fassen?
Ich muss ständig daran denken, dass ich versagt habe. Ja, ihr habt richtig gelesen, etwas in mir gibt sich die Schuld für den Betrug und Verrat einer anderen Person an mir. Ich bin da eben verdammt empfindlich und mein Selbstbewusstsein geht da schon mal gegen minus unendlich…auch, wenn ich nach außen hin schön so tue, als wäre nichts und ich eigentlich abgehärtet sein müsste von Jo und Kai. Bin ich auch. Aber das bedeutet nicht, dass es mir nicht in irgendeiner Weise nahe geht, nicht gut genug zu sein und einfach nicht auszureichen. Immerhin habe ich diesmal nicht daran gedacht, nicht nur meine Beziehung, sondern gleich alles zu beenden. Immerhin war ich diesmal stark genug.
Das mit Navi war meine längste Beziehung. Eigentlich kann man es sogar als erste richtige Beziehung sehen. Doch der Sinn davon ist mir nach diesen fünf Monaten immer noch nicht so ganz schlüssig. Besonders, weil es so enden musste, wovon ich allerdings ausgegangen bin. Ich war immer der Meinung: Warum Beziehungen überhaupt anfangen? Sie enden sowieso…
Ich frage mich nun, wie viel man vertrauen darf, damit das ganze funktioniert. Und was ist die Definition von „funktionieren“? Wie sieht eine Beziehung aus, die funktioniert?Und gibt es das überhaupt?

Gar kein Vertrauen zu haben ist keine Beziehung, das sollte allen bewusst sein. Und zu viel Vertrauen zu haben, gilt in dieser Welt als höchst naiv. Und so lala sollte es ja auch nicht sein. Aber ich denke, man möchte doch jemanden an seiner Seite haben, auf den man sich verlassen kann, oder sehe ich das falsch? Man möchte jemanden, der einem das wunderbare Gefühl gibt, etwas wert zu sein. Natürlich nicht als Grundgerüst, sondern als Ergänzung. Denn wenn zwei Säulen sich aneinander abstützen, bricht die eine zusammen, wenn die andere wegfällt. Beide müssen gerade nebeneinander stehen können. Das ist zumindest Dr.D.’s Definition. Aber was bedeutet „nebeneinander stehen“?
Ich für meinen Fall möchte jemanden, mit dem man über alles und nichts reden kann und der mich auch verstehen will und das nicht nur tut, weil er das sollte und sich eher dazu zwingt zuzuhören. Aber vielleicht gibt es das alles ja gar nicht? Ehrlichkeit. Und Vertrauen. Aber mal Hand aufs Herz, funktioniert eine Beziehung wirklich nach dem Motto „Friss oder Stirb“? Ohne Vertrauen und indem man einfach nichts an sich ranlässt? Tatsachen ignoriert? Etwa aus Angst? Selbstschutz?

Gelernt habe ich jedenfalls in meiner Beziehung, dass es Vertrauen ab einem gewissen Grad nicht gibt. Doch sind der Rest wirklich nur Lügen, nichts als Lügen? Ich für meinen Teil finde es sehr schwach, sich etwas anderes zu suchen, während man noch in einer Beziehung drinsteckt. Also lieber doch gar nicht erst Beziehungen eingehen?
Mein Herz akzeptiert meine Entscheidung von damals nicht mehr, denn nun hat es gemerkt, dass es eigentlich nicht alleine sein will. Es will seit neustem naiv vertrauen und lieben und die schöne Zeit genießen. Doch andererseits will es nicht mehr betrogen werden. Nie wieder. Und der Verstand sieht keinen Weg, das überhaupt möglich zu machen. Denn der Verstand ist realistisch, vielleicht auch pessimistisch.
Es erscheint mir jedenfalls unmöglich zu vergessen, dass ich nicht die einzige war. Das zerstört mir mein Bild von Vertrauen und dem Gedanken an das Gute in Menschen. Das zeigt mir, dass alles, was ich gegeben habe, nicht genug war. Und ich habe verdammt viel gegeben. Auch wenn ich eine komplizierte Person bin, was Beziehungen angeht. Deshalb führe ich im Normalfall auch keine und wenn doch, dann sind es mehr oder weniger nur platonische Beziehungen. Das bedeutet aber nicht, dass ich Liebe und Zuneigung verachte und das nicht empfinden kann.

Das Problem ist nur, dass ich mit meinem Denken über Vertrauen mehr oder weniger alleine dastehe.
Denn Navi ist ja nun auch weggefallen, was mich eigentlich darin bestätigen sollte, dass es so etwas wie Vertrauen in einer Beziehung nicht gibt.
Sky glaubt auch nicht an die Treue, jedenfalls nicht (immer) an seine eigene. Aber dennoch lebt er seine Liebe aus zu seiner jüngeren Freundin.
Maze ist sowieso speziell, denn sie geht keine Beziehungen, ein, weil die Bindung sie in die Arme anderer Männer treibt, sie ihre Freiheit braucht und ihrem „Partner“ damit eben nicht wehtun will. Sie kennt sich eben. Aber das bedeutet nicht, dass sie nicht liebt und leidet.
Tati glaubt zwar an die Treue und dass es Beziehungen gibt, die tatsächlich nicht enden, vertraut ihrem Freund allerdings auch nicht zu 100%. Sie wird von Eifersucht und Verlustängsten geplagt, sodass es zum Streit kommt bevor konkret etwas geschehen ist. Sie empfindet alles als Bedrohung. Jede Minute, in der er nicht antwortet, jedes Wort, welches er an eine andere richtet.
Und Mary ist immer schweeeeer verliebt, nur ist es selten derselbe und eher der mit dem härtesten Sixpack und den geilsten Felgen am Audi.
Andere Meinungen sind mit da leider nicht verfügbar. Nur noch die von P. aus M., die auch schon eine Weile her ist. Er meinte einmal, dass es Liebe ist, wenn Treue Spaß macht. Würde ich danach gehen, so würden sehr viele Paare sich definitiv nicht lieben. Denn ich kenne ja viele Geschichten. Dank Maze auch von Kerlen, die vergeben sind und trotzdem zu ihr kamen/kommen. Und vor allem die Geschichten vom Nest, von Mister und allen anderen, die sich gegenseitig die Partner ausspannen, lässt nicht gerade darauf schließen, dass es so etwas wie Treue gibt. Doch ist das wirklich die Realität?

Ich habe ehrlich gesagt auch damit gerechnet, irgendwann von Navi betrogen zu werden. Das musste ja kommen. Irgendwann geht man halt fremd. Das scheint dazu zu gehören, was ich trotz allem nicht verstehe. Bin ich deshalb naiv? Weil ich mich doch allen Ernstes und bei vollem Bewusstsein frage, ob es eine Beziehung mit Treue und Vertrauen gibt? Vielleicht mag ich das ja sein. Und vielleicht ist das ja nur die Frage eines kleinen Mädchens in mir, das noch an das Gute in Menschen glaubt oder an Wunder. Ich lebe wohl in einer Traumwelt… Komisch nur, denn ich weiß nämlich genauso gut, dass die Welt da draußen viel abartiger ist, als man es sich vorstellen kann. Ich habe so viel Leid gesehen, erlebt und mitbekommen und kenne immer noch nicht mal einen Bruchteil von allem…aber an die Treue glauben! Ich bin schon witzig…
Dennoch, es lässt sich folgendes nicht leugnen: Viele Menschen werden sich, anstatt sich zu Fragen, ob es möglich wäre, sich gegenseitig zu 100 % zu vertrauen, eher die Frage stellen, wie man mit dem Betrug denn nun umgeht. Man geht also bereits davon aus, dass der Betrug eben geschieht und dazugehört.
Übersteht die Beziehung den Betrug? Sagt das etwas darüber aus, wie stark sie ist? Geht es darum, den Fehler des anderen zu akzeptieren in dem Bewusstsein, dass sich evtl. etwas in der Beziehung an sich ändern wird…ist es das wert? Wenn es Liebe ist, vielleicht. Liebe ist ja so naiv, sie kann es sich mit all ihrer Macht leisten. Man haut drauf und nochmal und nochmal, doch sie geht nicht kaputt…
Aber ich persönlich bin zu stolz dazu, über diese Frage nach dem Umgang mit Fremdgehen zu diskutieren. Ich bin jemand, der gleich alles beendet, um seinen Ruf zu wahren. Liebe ist auch nichts, was ich so einfach zugeben kann. Die Beziehung zu akzeptieren fiel mir auch nach fünf Monaten noch schwer. Zwar nicht mehr so wie am Anfang, aber immer noch stark genug. Ich wollte es beenden, bevor man mich beendet. Letztendlich hat man mich beendet, bevor ich es beendet hatte. Und das auch noch in der Zeit, in der ich nicht im Lande war…
Das alles fällt mir also schwer, immer und immer wieder. Und etwas in mit will mir lieber im Nachhinein einreden, dass es Liebe nicht gibt, ebenso wenig wie Treue und Ehrlichkeit und dass die Welt schlecht ist. Doch weniger tut es dadurch auch nicht weh. Es ist nicht so, als würde man das alles kommen sehen, auch wenn man behauptet es zu befürchten. Auch wenn man immerzu ans Ende denkt, das natürlich schlimm wird. Immer. Wie sollte es auch anders sein? Welcher Pessimist stellt sich schon ein gutes Ende vor?!
Im Grunde genommen jedoch ist das alles nur feige, mehr nicht. Genauso feige wie das Spanischbuch nicht in die Hand zu nehmen, aus Angst, schon wieder zu versagen und genauso feige, wie morgens liegen zu bleiben und einfach aufzugeben. Zu resignieren, anstatt was Neues zu suchen, die Dinge in die Hand zu nehmen und zu leben.

Aber was ist nun mit dem Betrug? Gehört er dazu? Gehört es dazu, ihn zu tolerieren? Oder muss ich morgen schmerzhaft erwachen in dem Bewusstsein, dass das alles normal ist, wenn ich eine Beziehung führen möchte? Dass es normal ist, belogen zu werden und ich eben damit leben muss? Friss oder stirb? Ich finde, das muss nicht sein. Ich bin zwar jemand, der nicht da steht, wo die Sonne scheint, aber dennoch ein Funken Hoffnung hat. Ansonsten könnte ich mich vor den Zug schmeißen. Denn dann gäbe es nichts mehr, was mich in so einer Welt hält. Dann könnte ich mein Leben im Bett verbringen. Also glaube ich an Vertrauen und Treue und Menschen, die nicht an Mobbing Spaß haben und sich am Leid anderer ergötzen? Ja. Ich glaube, es könnte möglich sein. Aber da muss sich erst etwas in den Köpfen einiger Menschen ändern. Wie immer eben…
Ausnahmen wird es jedoch immer geben, denn es gibt ja bekanntlich kein Licht ohne Schatten. Aber es wäre nicht mehr die Mehrheit.
Tief im Inneren gebe ich also die Hoffnung nicht auf, dass es jemanden gibt, der sich keinen Ersatz sucht für das, was er nicht hat. Ob das nun Sex, Familie, Zeit oder was auch immer ist. Ich will jemanden an meiner Seite haben, der mich seinen Freunden vorstellt. Nicht als irgendjemand, sondern als Freundin. Ich will jemanden, der mich versteht und der offen und ehrlich mit mir umgeht. Jemanden, der mich nicht warten lässt, immer und immer wieder. Momentan jedoch hänge ich immer noch zu sehr an Navi, da Navi trotz einigen Fehlern möglich gemacht hat, dass ich vieles überdenke und so einen Artikel überhaupt schreibe. Ansonsten wäre ich wieder bei null und würde schreiben, dass Beziehungen das unnötigste der Welt sind. Sind sie nicht unbedingt. Ich verstehe nur nicht, wie sie funktionieren…

Posted by Journey

Kategorie: Allgemein

Autor: Journey

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