Negativ-Positiv

Mich auf Positives zu konzentrieren fällt mir zur Zeit echt nicht so leicht. Es gelingt mir immer wieder und ich kann auch glücklich sein, aber vor etwa ein- bis zwei Jahren war das definitiv häufiger der Fall. Vielleicht hat mich die Corona-Unsicherheit mittlerweile auch mürbe gemacht? Vielleicht liegt es aber auch daran, dass die Unsicherheiten im Leben gefühlt immer mehr werden und ich mich für die wirklich nahen in meinem Umfeld aus irgendeinem Grund mitverantwortlich fühle…

 

Hier mal meine Liste  der aktuellen „the big five four fuck things of my life“:

1. Observers Situation, die mich natürlich auch immer wieder mal an meine Grenzen bringt, weil ich für vieles doch nicht der richtige Ansprechpartner und eben keine Therapeutin bin… und ich immer unsicherer bin, ob er überhaupt Therapie zulassen kann. Sein Problem sind eher die Menschen und die Welt, wie sie funktioniert. Was er bräuchte ist jemand, der sich mit ihm Selbstständig macht und seine Defizite ausgleicht. Da ich aber ähnliche Defizite habe, ich meinen Job liebe und eine Selbstständigkeit für mich nicht infrage kommt, bin ich da die absolut falsche Person. Ob wir so jemals zusammenziehen werden, steht also noch weit in den Sternen. Allerdings belastet mich seine erlernte Hilflosigkeit und seine Resistenz gegen vieles weitaus mehr… Selbst wenn er Recht hat mit vielem und vieles in der Gesellschaft eben ungerecht und scheiße verläuft, ändert es eben nichts an der Welt, wenn er nichts tut… was er wiederum nicht kann…

2. Meine familiäre Situation, mit der ich nicht umgehen kann. Ich habe das Gefühl, dass man von mir etwas erwartet und ich fühle mich schuldig, weil ich so gar keine Hilfe sein kann und das auch nie können werde, weil ich einfach nicht so ein familiärer Mensch bin. Die Bindung ist in den letzten Jahren zwar deutlich stärker geworden, vor allem zu meiner Mum, aber das, was Anfang des Jahres mit meinem Vater passiert ist, lässt wieder viele alte Muster auf der Bildfläche erscheinen und die Anspannung ist kritisch angestiegen. Anfangs konnte ich das noch gut wegdrücken, aber ich werde meiner Rolle als Tochter einfach nicht gerecht, weil ich mich vor allem auch nie familiär verbunden gefühlt habe. Ich spüre, dass ein Teil von mir sich deshalb unglaublich schuldig fühlt und mehr für die anderen da wäre. Aber der Teil, der weglaufen will und sich von all den Emotionen der anderen erdrückt fühlt, ist stärker.

3. Ich komme kaum zum Weiterschreiben an meinem Roman, weil ich einfach keine Ruhe finde.

4. Der Krieg in der Ukraine. Kann ich nicht ändern, belastet mich aber auch extrem und ich frage mich, was ich mitnehmen würde, wenn ich von hier fliehen müsste…

 

So, nachdem das erst mal raus ist, möchte ich aber auch mindestens 10 positive Dinge berichten…

Hmm…

Hmmmmm…

1. Ich lese noch Bücher bzw. schaffe es, mich damit für eine Weile von allem um mich herum abzugrenzen. Mittlerweile bin ich am 6. Buch in diesem Jahr.

2. Ich esse gerade relativ gut und habe auch nicht mehr so den krassen Stress mit der Planung. (Und ich wiege so um die 51-52 kg! Das ist für mich als jemand, der immer so um die 46-47 kg in guten Zeiten gewogen hat, enorm viel…und somit positiv.)

3. Allgemein sind meine Planungszwänge gerade kein Thema. Ich mache auch nicht mehr als vorher und der Überblick über meine To Dos ist ist weder besser noch schlechter geworden… um das zu verinnerlichen nehme ich auch noch weiterhin Antidepressiva.

4. Auf der Arbeit läuft es ganz gut, wir haben Jobs und alles kommt mir chilliger vor. Ich lasse mich aber auch nicht mehr so von mir selbst stressen und beginne den Tag oft mit Quatschen mit meinem Chef, anstatt gleich Vollgas zu geben. Die drei Tage Homeoffice und die Gewissheit, immer was für die Arbeit zum Essen zu haben, machen mich aber auch gelassener. Ich muss mir keine Gedanken mehr darum machen, was ich am Tag davor koche, um es mitzunehmen, weil ich einfach einmal die Woche Pizza selber mache und für meine zwei At-Office-Arbeitstage einfriere. Dass ich durch meinen „Essensplan“ sehr oft in der Woche Pizza esse, stört mich auch nicht. Durch das Essen in der Küche mit Messer und Gabel bin ich außerdem gezwungen, nichts anderes als Mittagspause zu machen, was mir als Workaholic echt gut tut.

5. Niemand will mir ernsthaft was Böses oder mir schaden. Ich bin umgeben von Menschen, die mich mögen und schätzen, auch wenn sie mich nicht immer so verstehen, wie ich es mir wünsche.

6. Ich bin Star Trek Fan geworden. Momentan sehe ich mir täglich mit Observer ein bis zwei Folgen Star Trek: The next generation an. Und ich bin schon voll der Nerd geworden…

7. Ich habe mir Sims 3 für die Playstation 3 gekauft und habe die Sucht definitiv besser im Griff als noch vor Jahren. In meiner Jugend (so zwischen 13 und 15) habe ich mich ja überwiegend alleine beschäftigt oder mit Sims oder Sims 2, wo ich mir meine Welt gestalten konnte, wie ich wollte. Ich verbrachte wirklich Ewigkeiten damit, mir irgendwelche Möbel im Internet runterzuladen und Extras undundund. Ich kannte alle Tricks und Cheats auswendig und hörte währenddessen meist Rammstein, weil ich mir das in den Musikordner von Sims gezogen hatte. Mit dem Einrichten der Häuser verbrachte ich allerdings wie heute weitaus mehr Zeit als mit dem Spiel an sich, weil mir vieles bei den zwischenmenschlichen Interaktionen zu eingeschränkt und einfach gestaltet war. Ist es beim Häuserbau jetzt auch, weshalb ich mir überlege, ob ein Architektursimulator nicht besser geeignet wäre…mich entspannt das Einziehen von Wänden nämlich genauso wie mein Job als Bildbearbeiterin.

8. Auch wenn es ein richtiger Akt war ihn zu finden: Ich bin mit dem Anfang meines Buches bis jetzt ganz zufrieden. Ich sollte diese Woche allerdings noch etwas mehr schreiben, denn am Sonntag ist „Familiensitzung“ und davor werde ich sehr angespannt und unkonzentriert sein und nächste Woche will ich es rausschicken an meinen Coach.

9. Es ist definitiv genug Schokolade im Haus.

10. Heute gibt es den Auflauf, den ich so liebe!

11. Meine gute Freundin Lilith ist schwanger und ich freue mich ehrlich für sie, weil sie es bisher damit nicht so leicht in ihrem Leben hatte.

 

Zum Abschluss setze ich mir persönlich noch die Aufgabe, jeden Tag eine positive Sache in meinen Kalender zu schreiben oder etwas, wofür ich dankbar bin. Das mache ich erst mal nur für mich.
Ich glaube in letzter Zeit quäle ich meine Synapsen sehr extrem mit Ängsten und richte meinen Fokus darauf und das tut mir auf Dauer definitiv nicht gut… Das hat aber nichts mit dem Verdrängen von gerade sehr real existierenden Problemen zu tun. Die werden dadurch ja nicht weniger, aber hoffentlich irgendwann mal wieder weniger schwer wiegen, sodass ich wieder die Kraft finde, sie zu lösen oder gelassener damit umzugehen, wenn ich es eben nicht kann.
Soviel zur Theorie…

Habt eine schöne Woche!

Posted by Journey

Kategorie: Allgemein

Autor: Journey

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