Authentisch sein – ein paar Gedanken

Authentizität schafft Sicherheit und Glaubwürdigkeit, weil wir uns dadurch besser einschätzen können. Doch wie ich gerade feststellen muss, ist das schon ein Thema für sich. Es gibt unzählige Bücher dazu auf dem Markt mit unzähligen Antworten auf die Frage, was das eigentlich sei und etliche verschiedene Definitionen im Internet. Im Alltag definiert das auch jeder für sich etwas anders.

„Eine Definition dieses Begriffs besagt, dass Authentizität Echtheit bedeutet, weil es vom griechischen Begriff „authentikos“ für „echt“ abgeleitet ist. Wer authentisch auftreten kann, ist also ein erkennbares Original. Er wirkt echt und glaubwürdig, nimmt eigene Positionen ein und lässt seine Persönlichkeit immer durchscheinen. In welchem Grad er das tun kann, ist je nach Situation unterschiedlich. Den meisten Menschen ist allerdings nicht mehr bewusst, was an ihnen echt, was aufgesetzt ist – und was bewusst oder unbewusst von anderen übernommen wurde.“[1]

„Oft wird Authentizität mit „Echtheit“ übersetzt. Ist etwas authentisch, dann wurde es laut Definition zuvor auf seine Echtheit geprüft und als Original befunden. Das gilt für Dinge oder Dokumente genauso wie für Menschen. Nur lassen die sich natürlich schwerer prüfen. Deshalb versuchen wir es mit anderen Kriterien – zum Beispiel der Übereinstimmung von Reden und Handeln, von Denken und Verhalten einer Person. Am Ende läuft es vor allem darauf hinaus, glaubwürdig zu sein “ [2]

Aber wie authentisch bin ich denn nun?
Mir wurde schon oft gesagt, dass es schön sei, dass ich so authentisch bin. Ich fasse das als großes Kompliment auf! In dem Buch „Die Kunst des Authentischen“ von Stefan Wachtel, das mein Freund Observer gerade liest, schreibt der Autor allerdings, dass er das „Kompliment“ nach einem seiner Vorträge bekommen hat und wertet es als Zeichen für Unprofessionalität.

Wie authentisch darf ich denn nun sein? Und was heißt das überhaupt, authentisch sein??

 

Die vier Kriterien von Authentizität:

Die folgenden Zitate stammen aus dem Wikipedia-Artikel [3] über Authentizität und wurden von den Sozialpsychologen Michael Kernis und Brian Goldman festgelegt. Diese vier Kriterien müssen erfüllt sein, damit man sich selbst als authentisch erlebt:

 

❯ 1. Bewusstsein

„Ein authentischer Mensch kennt seine Stärken und Schwächen ebenso wie seine Gefühle und Motive für bestimmte Verhaltensweisen. Dies setzt Selbsterkenntnis durch Selbst- und Fremdwahrnehmung und Selbstreflexion voraus, um sich seiner selbst und seines Handelns bewusst zu werden.“

Authentisch ist also, wer sich und seine Eigenarten gut kennt und sich seiner Gefühle, Gedanken und Bedürfnisse (z.B. auch Vorlieben/Abneigungen) bewusst ist.
Dazu gehört auch, dass das Selbst- und das Fremdbild übereinstimmen. (siehe auch: Johari-Window)

Wichtig: Nicht jeder, der seine Emotionen immer freien Lauf lässt, ist authentisch! Oft steckt hinter Aggression und Wut z.B. ein ursprüngliches Gefühl wie Trauer und Enttäuschung, was aber nicht immer so leicht zu erkennen ist, besonders wenn es dem Betroffenen selbst nicht bewusst ist…

 

❯ 2. Ehrlichkeit

„Hierzu gehört, der ungeschminkten Realität, das eigene Selbst betreffend, ins Auge zu blicken und auch unangenehme Rückmeldungen zu akzeptieren.“

Zu dieser Ehrlichkeit gehört nicht nur das Erkennen der eigenen Gefühle, sondern auch, dass man diese in geeigneter Weise ausspricht. Das bedeutet, dass man die eigene Sicht nicht ehrlich jedem vor den Latz knallt, sondern dies mit Taktgefühl und Rücksicht auf andere

 

❯ 4. Konsequenz

„Ein authentischer Mensch handelt nach seinen Werten und Überzeugungen. Das gilt für die gesetzten Prioritäten und auch für den Fall, dass er sich dadurch Nachteile einhandelt. Kaum etwas wirkt verlogener und unechter als ein Opportunist.“

Der Gegenpol zur Authentizität ist also der Opportunismus; eine extreme Anpassung an die vermuteten Erwartungen anderer, um zu gefallen. Dieses Verhalten ist jedoch fremdbestimmt und unterwirft sich äußeren Einflüssen wie z.B. dem Gruppenzwang. Die Person lässt sich auch eher manipulieren und geht faule Kompromisse ein. Meist bricht das eigene Selbst jedoch irgendwann hervor.

 

❯ 4. Aufrichtigkeit

„Authentizität beinhaltet die Bereitschaft, sein wahres Selbst, mit seinen positiven wie negativen Seiten, in sozialen Beziehungen offen zu zeigen und nicht zu verleugnen.“

Authentisch ist, wer offen zu seinem Wesen, seinen Werten und Prioritäten stehen kann und sich für die eigenen Bedürfnisse stark macht und den Mut aufbringt, auch das negative an sich zu zeigen anstatt nur ein geschöntes Bild von sich zu zeig.

Nicht authentisch ist hingegen, wer anderen nur eine Fassade und somit eine gekünstelte Selbstdarstellung präsentiert. Dahinter steckt oft eine Form von Selbstschutz oder das Erzielen einer bestimmten Wirkung (wie z.B bei wirtschaftliche Interessen).

 

Einige weitere Punkte/Fragen, die ich noch für wichtig erachte und auf die ich durch das Lesen der unten verlinkten Artikel am Ende dieses Eintrags gekommen bin:

 

Anpassung vs Authentizität: Wie authentisch darf ich sein?

Es gibt einige Situationen, in denen es gar nicht angebracht ist, authentisch zu sein und dem gegenüber das unverfälschte Selbst zu zeigen wie z.B. im Berufsleben. Dort eckt man leider in den meisten Fällen eher an, wobei ich es auch mit meinem Chef anders erlebe. Neben unserer Kompetenz schätzen unsere Kunden an uns, dass wir eben authentisch sind, weil sie dann einfach auch mal die Krawatte lockern können.

Aber nicht nur im Berufsleben gilt es oft sich anzupassen, auch im privaten Umfeld ist das der Fall.

Doch wie authentisch bin ich dann noch, wenn ich mich je nach Rolle, Situation und Umfeld ein Stück weit anders verhalte?

Der Kommunikationspsychologe Friedemann Schulz von Thun erwähnt in diesem Zusammenhang die optimale (auch selektive) Authentizität. [4] Das bedeutet, dass man nicht alles sagen soll, was in einem vor sich geht, aber das, was gesagt wird, soll ehrlich und echt sein. In angemessener Weise soll man sich also anpassen, sofern der grundsätzliche Charakter erhalten bleibt.

Wenn ein Mensch sich allerdings sehr stark zurücknimmt, um die Harmonie zu wahren und seine Gefühle und Gedanken versteckt, entfernt er sich von sich selbst, wird sich untreu.
Ich selbst merke mittlerweile relativ schnell, wenn ich mich doch etwas zu sehr an andere und ihre Bedürfnisse anpasse und dabei meine eigenen wegdrücke. Das Gefühl, das dabei entsteht, bereitet mir auf Dauer Unbehagen und stresst mich. Das kommt am häufigsten vor, wenn mein Distanzwunsch auf das Nähebedürfnis anderer Menschen trifft.

 

Bin ich authentisch, wenn ich meine Meinung ändere? Und bin ich es nicht, wenn ich wechselhaft bin?

Die Durchgängigkeit in den Meinungen und im Verhalten (über einen längeren Zeitraum, in verschiedenen Situationen und bei verschiedenen Personen) ist auch ein Merkmal von Authentizität. Allerdings ist damit nicht gemeint, dass wir ewig so sein müssen.

Vielmehr geht es um folgendes:

„Jemand, der als authentisch gilt, handelt selbstbestimmt, konsequent in Übereinstimmung mit den eigenen Werten und den selbst gesetzten Prioritäten. Er behält seine Linie auch dann bei, wenn er auf Widerstand stößt, kritische Rückmeldungen zu hören bekommt und ihm womöglich Nachteile daraus erwachsen.“ [5]

Ansonsten ist die Authentizität ist nichts Statisches. Man kann sie eher als Prozess sehen, in welchem man sich ständig hinterfragt, ob das, was man gerade tut, stimmig ist. So kann es auch sein, dass es das mal nicht ist und sich das Gefühl erst etwas später einstellt. Solange wir jedoch nicht wie ein „Fähnchen im Wind“ sind und wir unser Verhalten für andere transparent und nachvollziehbar machen, ist das vollkommen okay.

Hinzu kommt, dass wir uns natürlich auch im Laufe unseres Lebens verändern, was nicht bedeutet, dass wir vorher nicht authentisch waren.

„Es ist ganz unmöglich, sein eigenes Selbst festzuhalten und es endgültig zu definieren, denn – es fließt. Alles fließt und verändert sich! Und gerade, wenn du mit Integrität in der Welt agierst, gerade dann veränderst du dich am meisten, weil du kontinuierlich wächst.“ [5]

 

Und nun zu meinem Fazit: Wie authentisch bin ich?

Ich bin es gewiss, wenn es um die gängigen Kriterien geht wie z.B. Ehrlichkeit und Aufrichtigkeit und ich handle auch gemäß meiner Werte und Überzeugungen und spüre sofort ein Unwohlsein, wenn ich es nicht kann.

Hierzu noch einige Fragen aus einem Beitrag von MyMonk.de [6], die ich für mich beantwortet habe:

Kennst Du Deine Wahrheit?
[x] ja [ ] manchmal [ ] nein

Sprichst Du Deine Wahrheit?
[ ] ja [x] manchmal [ ] nein

Lebst Du Deine Wahrheit?
[x] ja [ ] manchmal [ ] nein

Warum ich meine Wahrheit nur manchmal spreche:
Ich kann mich schlechter mündlich ausdrücken als schriftlich, daher sind meine Texte hier auch am authentischsten. In realen Gesprächen neige ich schneller dazu zu schweigen oder klein beizugeben, wenn ich mich meinem Gegenüber nicht gewachsen fühle. Das ist zwar erheblich besser geworden, weil es mir wichtig ist, richtig verstanden zu werden, aber ich kann dennoch nicht so klar denken wie beim Schreiben, das mir einfach viel mehr liegt, als spontan zu reden und zu agieren.
Ich bin mir also meiner Gedanken bewusst und lege diese gerne offen dar, doch am liebsten  ist mir das in Textform.

 


Weiterführende Links:

[1] soft-skills.com: Authentizität – authentisch sein, aber richtig!

[2] karrierebibel.de: Authentizität: Die Kunst authentisch zu sein

[3] Wikipedia: Authentizität

[4] Friedemann Schulz von Thun: Mehr oder minder authentisch

[5] MyMonk.de: Authentisch leben als hochsensibler Mensch

[6] MyMonk.de_ Die 3 Dinge, die Dein Leben authentisch machen … oder zu einer Lüge

Posted by Journey

Kategorie: Allgemein

Autor: Journey

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