Manchmal geschehen Dinge, mit denen man jetzt so direkt nicht gerechnet hat. Aber wenn man dann erst mal da steht, wo man eigentlich gar nicht stehen will, ja gerade dann knallt einem das Schicksal mit voller Wucht einen Brautstrauß an die Brust. Es ist schon irgendwie amüsant, dass gerade mir das passiert – der Verfechterin von Freiheit und Bindungslosigkeit…
Bereits in dem Moment, als die Braut die unverheirateten Frauen aufrief und mich gefühlt alle neugierig und erwartungsvoll angesehen hatten (weil ich einfach nicht von der Picknickdecke aufstehen wollte), hatte ich ein ganz ganz komisches Gefühl. Alles in mir sträubte sich aufzustehen. Mein Kind in mir wollte lieber mit den anderen Kindern da sitzen bleiben und weiter Mau Mau spielen.
Aber gleichzeitig wollte ich auch nicht auf so eine Weise aus der Reihe tanzen und der Blick der Braut verriet mir: „Da musst du jetzt durch!“ Also stellte ich mich als letzte dazu und das ganz weit hinten. Die anderen Frauen waren doch eher in Beziehungen und wollten vielleicht wirklich heiraten? …wenn eine von ihnen also die Arme hob, war ich aus dem Schneider. Und ich kann ja eh nicht fangen… Allerdings musste ich das leider auch nicht, denn der Strauß schmetterte regelrecht gegen mich. Er hatte sich mich ausgesucht, also musste ich ihn auch aufheben.
Nun steht er in einer Vase auf meinem Tisch und ich frage mich…:
Was genau soll mir das nun sagen?!
Heirate den nächstbesten?
Hör auf wegzulaufen?
Glaube an die Liebe?
Öffne neue Türen?
Wage mal was Neues?
Irgendwie macht mich dieser Strauß nachdenklicher, als mir ehrlich gesagt lieb ist und irgendwas in mir gibt dem ganzen auch noch zusätzlich eine größere Bedeutung, als ich es vermutlich tun sollte.
So fühlt er sich einerseits nicht ganz richtig in meinem Besitz an und zum anderen ist er wie für mich bestimmt, denn er zeigt mir wieder einmal mehr meine inneren Blockaden und Ängste auf, die ich vielleicht auch nur schön verpackt hatte in einem Lebensstil(?). Sanft und doch bestimmend sagt er mir, dass weglaufen zwecklos ist.
Und so frage ich mich: Ist meine Entscheidung ein Eremit zu bleiben denn richtig? Ist es überhaupt eine? Ist sie denn endgültig? Kann es nicht genau so schädlich sein, sich etwas so extrem zu verweigern wie es unbedingt zu wollen?
Für mich wurde es mit der Zeit einfacher mich als eine Person zu definieren, die einfach keine Beziehungen eingehen sollte. Wenn alles sowieso endet, ist das ja auch eine wunderbare Konstante und gibt Sicherheit. Im Idealfall finde ich auch noch die Männer, bei denen die Bedingungen für ein rasches Ende günstig sind. Am Ende fühle ich mich dann schlecht, weil ich schon wieder verletzend war, ohne es sein zu wollen. In all das passt dann noch mein starker Wunsch nach Freiheit gut rein, den ich durch andere sehr schnell bedroht sehe.
Aber was ist, wenn das Bild, das ich in dieser Hinsicht von mir habe, ins Wanken gerät? Was, wenn ich feststelle, dass ich durch diese Einstellung nur die Blockaden verhärte und so im Grunde selbst heraufbeschwöre, was ich eigentlich vermeiden will? Könnte ich denn je zulassen, dass meine Mauern überhaupt ein außenstehendes Wesen einreißt? Ist es nicht inkonsequent sie überhaupt mithilfe von so etwas Unsicherem einreißen zu lassen? Warum empfinde ich das ganze eigentlich als Einriss, als Zerstörung, als Unsicherheit?
Ach ja richtig…: Es ist Angst… Angst vor Abhängigkeiten, die zu der Angst führen jemandem so große Bedeutung zu schenken, dass mich der Schmerz des Verlustes umbringen könnte. Weil Menschen so etwas fühlen und erleben. Weil ich auch nur ein Mensch bin, selbst wenn ich in vielem so anders denke als es die Regel ist.
Und gleichzeitig ist da auch die Angst vor dem Ende, das ich erneut heraufbeschwören könnte, um die Macht über all diese Unbeständigkeit zurückzuerlangen. Die Angst, selbst die Person zu sein, die die Welt eines anderen einreißt…
Und da beißt sich die Katze in den Schwanz: Self fulfilling prophecies… Mir mein Singledasein so zurechtzulegen, dass alles wieder stimmig ist und mich gegen einen Brautstrauß zu wehren ist daher der einfachere Weg. Aber er ist nicht der beste…
Keine Sorge, ich werde definitiv nicht gleich den nächsten heiraten… aber ich merke immer mehr, dass mir etwas mehr Lockerheit nicht schaden könnte und die Fixierung auf etwas definitiv nicht gesund ist. Sie führt nämlich zu einer Art Selbstmanipulation, die alles was ich mache eigentlich von von Anfang an zum Scheitern verurteilt und mich definitiv daran hindert vielleicht jemandem ganz Tollen zu begegnen…
Brautstrauß der Erkenntnis : Journey
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