Das Gleichgewicht sozialer Bindungen

Ja…ich weiß…

Ich weiß, dass ich nichts weiß. Und wenn, dann nur Negatives. Ich weiß, dass ich nicht zuhöre. Ich weiß, dass ich manchmal Dinge mache, bei denen für mich mehr raus springt als für andere. Ich spiele mit Menschen, ich spiele mit Herzen. Aber am allerliebsten spiele ich mein Spiel alleine…

Irgendwie hatte mich gerade die Stimmung gepackt, all die Kritik der vergangenen Wochen und Monate in einen Blogeintrag zu kippen, sodass ich mir am Ende ganz ganz schlecht vorkomme, weil ich es nicht jedem Recht gemacht habe. Komischerweise tuts mir aber nicht Leid.

Ich habe Leuten nicht auf E-Mails geantwortet, habe mich von anderen Leuten wiederum ganz getrennt, ich rufe nicht an und ich nehme garantiert nicht ab. Ich weiß weder, ob mein bester Freund im Knast sitzt oder ob er auf der Flucht ist, ob er heiratet oder was er sonst macht. Habe ich ihn enttäuscht? Ich denke nicht. Wenn er reden will, dann redet er. Aber wenn er nicht redet, kann ich auch nicht immer nach seinem Befinden fragen.

Über Maze mache ich mir eigentlich gar keine Gedanken mehr, über Dieter auch nicht wirklich. Ich mache mir ja noch nicht einmal Gedanken um mich selbst. Jedenfalls gefühlsmäßig…meinem Gefühl traue ich sowieso nicht mehr. Ich höre nur, wenn es schreit. Und das wird immer seltener.

Was Dieter angeht, ich habe ihm nichts mehr zu sagen. Wenn er sein Leben so toll findet und einfach nicht zugeben will, dass er’s gerade versa[e]u[f]t, dann werde ich wirklich nichts mehr sagen. Nicht versuchen einen werdenden Zombie wachzurütteln. Er meint sowieso immer, ich bin sein einziges Problem. Auf die Liebe bezogen mag er vielleicht recht haben. Aber nüchtern gesehen auf keinen Fall. Denn „vor mir“ war sein Leben auch nicht die Erleuchtung. Doch wenn er meint, dann soll mir das Ganze in Zukunft egal sein.
Aber was will gerade ich ihm von richtig und falsch erzählen? Bei mir gibt es keinen Unterschied. Bei mir kann alles richtig und falsch sein. Es kommt nur auf die Sichtweise an. Aber was mache ich mir eigentlich Gedanken, …denn wer hört schon auf eine 19-jährige?
Mich regt das alles einfach nur auf, weil ich Dieter eigentlich mag. Weil er was im Kopf hat und trotzdem säuft wie ein Loch. Ich kann einfach nicht zusehen, wie Leute neben mir kaputt gehen bzw. sich selbst zerstören. Aber das hat nun ein Ende. Vielleicht ist es besser, wenn ich ja so ein großes Problem für ihn darstelle, dass ich einfach gehe.
Doch ich kenne das mit der Liebe doch besser. Man kann nicht ohne und nicht mit.

Ich habe mein Leben und die haben ihres. Jeder hat sein Leben. Jeder ist sich selbst die Hauptrolle. Und manchmal, ja manchmal, habe ich das Gefühl zu nett zu sein, zu viel zu tun, den Bogen zu überspannen und dann alle zu enttäuschen. Und manchmal wiederum bin ich die Inkarnation des Bösen, weil mir das auch noch egal zu sein scheint. Ehrlich und direkt.
Fragt sich nur, ob sich das ausgleichen lässt. Und ob ich mich manchmal nicht einfach nur zu kindisch benehme. Aber soziale Kontakte pflegen ist eine Kunst.

Das „Böse“ in mir versucht jedenfalls Freunde und Liebe und alles was mit Emotionen und Gefühlen zu tun hat in einen Terminkalender zu stopfen, sich dann kurz um diesen zu kümmern, auf die Uhr zu sehen und zu sagen: Du sorry, aber ich muss jetzt Mathe lernen. Nur, dass sogar das sorry bei mir ausbleibt und ich mitten im Gespräch einfach sage „zahlen“ und „tschüss“ und das war’s. Ich bin unhöflich, ich weiß. Oder doch eher provokativ? Bin ich auf Streit aus? Ich habe das Gefühl, Jo geht’s manchmal genau so. Das fällt mir zumindest spontan ein, weil er das mal erwähnt hat. Er ist tiefgründiger, als er aussieht. Ich hoffe, ich ende nicht genau so, wenn ich schon jetzt die Dinge denke, die vermutlich ein 48 jähriger Alkoholiker denkt…

Zurück zum Thema: Ich habe einen schlechten Charakter. Ich bin kalt. Oder ich tu zumindest so, weil ich keinem Gefühl mehr glauben schenken will. Ich will es nicht deuten, ich will nicht darüber nachdenken. Ich will einfach nur Stück für Stück die Liste abhaken und mich nicht fragen, ob es im Leben noch mehr geben kann als das. Ist es das? Soll mein Leben im „nichts“ verlaufen? Oder will ich intensiv leben, intensiv fühlen? Und, gibt es überhaupt etwas zwischendrin? Oder fehlt dann wieder irgendetwas…

Natürlich, ich weiß es doch besser…es entsteht bei allen Lebensweisen eine Leere. Jedes mal fehlt etwas. Ob ich mich intensiv in ein Gefühl stürze oder ob es sich auf mich stürzt; ob ich meinen Freund verlasse, weil ich mich nach der Freiheit und dem Alleinsein, der Ruhe sehne, oder ob ich mich einsam fühle, im Grunde genommen festklammern will; will, dass jemand mein Leben in die Hand nimmt, mich auf den Boden holt.
Ich merke schon, ich gehöre zu den Frauen, die nach Robin Norwoods Meinung zu sehr lieben…Ich suche keinen Mann, ich suche eine Aufgabe.

Übrigens:
Jo hat’s mal wieder getan. Belmondo gespielt. Doch es war mir egal. Er könnte vor mir auf die Knie gehen und mir eine Liebeserklärung machen, ich würde einfach nur denken: ‚Gott,…ist der wieder betrunken’

Ich finde es interessant, wie sich mein Gefühlsleben so regelt und wie jetzt auf einmal wieder Totschlag und Gerade herrscht… Immerhin kann ich mich auf andere Dinge konzentrieren und hoffentlich wird all das fast Vergessene und Verdrängte nicht eines Tages aus mir herausbrechen. Hoffentlich kann ich noch eine Weile so weiterleben. Alleine. Ich will nicht noch einmal aus dem Überschwang meiner Gefühle auf meine Prinzipien verzichten. Alleine sein. Mich nicht fragen, was ich mit meinen früheren wenigen Freundinnen alles erlebt habe, mich nicht fragen, was hätte sein können. Mich nicht fragen, ob ich mein Leben für mich oder jemanden anderen führe.
Ich bin frei. Ohne Freunde. Ohne Familie. Ohne Ex-Freund. Ohne Jo. Ohne irgendjemanden. Alleine. Aber frei.
Und überhaupt…für das, was mir fehlt, für diese Leere, gibt es keinen Ersatz. Es gibt nichts und niemanden, das das Nichts in einem ausfüllt. Kein Job, kein Mann,…einfach nichts.

Posted by Journey

Kategorie: Allgemein

Autor: Journey

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