Logbuch #65 Soziales und Freunde

Es ist schon erstaunlich, wie sehr unsere Gedanken unsere Grundstimmung beeinflussen und damit auch, wie wir eine Situation sehen/wahrnehmen. Sehr extrem merke ich das an dem Thema Einsamkeit/Alleinsein.

Einsamkeit wird in meiner Wahrnehmung in den Medien sehr oft pauschal verteufelt, anstatt das Gefühl zu differenzieren, es auch mal neutral darzustellen und Mut zum Alleinsein und zur Beschäftigung mit sich selbst zu machen. Natürlich sind wir soziale Wesen und brauchen den Kontakt zu anderen, um uns selbst weiterzuentwickeln. Aber ebenso glaube ich, dass wir Menschen ab und zu etwas weniger Druck vertragen könnten und auch die Unterschiede in unseren Bedürfnissen nach Nähe (und womit das zusammenhängen kann) mehr thematisiert werden sollten.

Ich weiß z.B. nicht, warum es etwas Schlechtes sein soll, wenn man nicht allzu viele enge Freunde hat und die meiste Zeit lieber alleine ist, sich mit sich selbst beschäftigt und eben in das begrenzte Leben nur gewisse Dinge und Menschen hineinlässt. Der Mensch hat nun mal begrenzte Kapazitäten – sowohl kognitiv als auch zeitlich. Das klingt jetzt vielleicht hart, aber ich bin irgendwie überzeugt davon, dass wir wirklich nur eine bestimmte Anzahl sozialer Kontakte pflegen können.

Da ich aber sicher gehen wollte, ob das, was ich meine „irgendwo mal aufgeschnappt zu haben“ nicht doch nur meiner persönlichen Wahrnehmung entspricht, habe ich noch mal gegoogelt und bin dabei auf die (relativ große) Dunbar-Zahl gestoßen, welche angibt, wie viele soziale Kontakte ein Mensch „kognitiv verarbeiten“ kann. Das sind in etwa 150 180 (das kann auch zwischen 100 und 250 variieren). Damit sich aber nicht unbedingt Freunde gemeint.
Laut Studien liegt die Anzahl der wirklich engeren (wahren/besten) Freunde so zwischen 3 und 6. Dann folgen Zahlen von einem „erweiterten Freundeskreis“ mit etwa 11-15 Personen und der nächste Kreis umfasst dann etwa 50 Personen.

Man verliert viele Freunde im Laufe des Lebens, gewinnt aber auch neue hinzu, selbst wenn es im Alter immer schwieriger zu werden scheint. (Wobei ich das jetzt nicht unterschreiben möchte.)
Ich persönlich habe mich ja in den letzten Monaten von vielen eigentlich guten bis besten Freunden getrennt. Dazu zähle ich zum einen Kai, der früher mal zu meinen besten Freunden gezählt hat und der mich echt bitter enttäuscht hat und eben Mr. Darko (der überzeugte AfD-Wähler). Herr Fe hat sich ja auch urplötzlich von mir getrennt (nachdem er betrunken nachts in Dresden meinte, dass ich einer der wichtigsten Menschen für ihn bin) und was meine Frauenfreundschaften angeht, sind die ja auch alle auseinander gegangen bis auf die zu Maze, die nun seit vielen Jahren wieder besteht. Ich hatte sie ja auch zwei Mal beendet. Heute würde ich das nicht mehr tun, denn ich bin weitaus stabiler als damals und weiß diese schöne Bindung viel mehr zu schätzen. Sie hat auch die letzten Jahre noch mal so enorm an Intensität zugenommen. Wir kennen uns ja quasi pränatal aus den Uteri unserer Mütter, die damals im selben Krankenhauszimmer waren.
Neben ihr gibt es da noch meinen Chef MR. Klingt schräg, aber uns schweißt auch so enorm viel zusammen. Wir haben uns so viel gegeben und tun das immer noch.
Eine weitere Vertrauensperson ist mittlerweile auch meine Mum.
Und mehr brauche ich irgendwie auch nicht. Mir ist es wichtig, ich sein zu können, akzeptiert und ernst genommen zu werden, meine engen Bindungen weiterzubringen und auch von ihnen zu lernen. An kleineren Reibungen zu wachsen und nicht alles infrage zu stellen und mich am Ende unterlegen und missverstanden zu fühlen. Und diese intensiven Bindungen kann man meiner Meinung nach nicht mit allzu vielen Personen führen.
Natürlich habe ich auch noch ein paar andere Freunde, die zum Teil aber weiter weg wohnen und etliche andere Kontakte (Bekannte), die ich auch schätze und mit denen ich gerne mal etwas unternehme, um das neueste auszutauschen und auch mal tiefe Gespräche zu führen und zu philosophieren… aber eben nur für eine Weile bis zum nächsten Mal. Das kann auch nur einmal im Jahr der Fall sein.


Weiterführende Links:

Einsam? Allein? Oder einfach nur glücklich mit sich selbst! [nrz.de am 16.11.2017]

Schon mal was von der Dunbar-Zahl gehört? [hr1.de am 10.02.2020]

Soziale Beziehungen: Unser Gehirn beeinflusst die maximale Anzahl unserer Freunde [heilpraxisnet.de am 28.02.2017]

Studie untersucht die Anzahl und Qualität der sozialen Kontakte der Deutschen [splendid-research.com im Januar 2017]

Deutsche haben 3,7 enge Freunde – Offene Kommunikation und Fürsorge in einer Freundschaft am wichtig [yougov.de im Juni/Juli 2018]

Egal ob Liebe oder Freundschaft – für immer ist Bullshit! [ze.tt am 13.07.2016]

Posted by Journey

Kategorie: Logbuch

Autor: Journey

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