Kiffer, Püppchen und…äh…Tabaluga

Ich kam gestern nach Hause mit Chips und Rotwein und hatte eigentlich vor, mich auf inkorrekte Weise zu vergessen. Doch dann sah ich das Nachrichtensymbol auf meinem Handy. „Egaaaaal“, dachte ich mir zuerst, „wird schon nichts Wichtiges sein.“ Die Neugierde brachte mich allerdings dazu, noch mal genauer hin zu sehen. Und dann…blieb mir wahrhaftig der Chip im Hals stecken: Mr. Right.
Okay, er teilte mir mit, wie Gladbach gespielt hat. Aber dann fragte er. Und fragte. Und fragte…und fragte mich letztendlich, ob ich nicht noch mal ins HK kommen will, wo ich am Mittag bereits kurz war. Natürlich schrie mein Verstand „NEIN“ und das tippten auch meine Finger.
Naja, ich gebe zu, ich wollte schon gerne hin gehen… Aber eigentlich wollte ich ihn nicht mal mehr hier erwähnen und mich zurückziehen. Ich wollte ja auch nicht Stress mit dem Püppchen bekommen und vor allem wollte ich zur Abwechslung mal kein Chaos. Und der Kerl ist das Chaos. Und…außerdem machte für mich das alles keinen Sinn. Warum sollte ich unbedingt kommen? Ich war sehr verwirrt…und gleichzeitig regte es mich irgendwie auf, dass er nicht aufgab, mich doch noch zum Rausgehen zu überreden. Letztendlich habe ich nachgegeben. Und dann habe ich wieder abgesagt. Er schien daraufhin ziemlich genervt und meine SMS ließen ihn irgendwann glauben, dass ich ihn hasse. Ich versuchte ihm daraufhin das Gegenteil zu vermitteln, was er aber nicht verstand. Oder er stellte sich absichtlich doof. Jedenfalls hat er mich am Ende doch noch rumgekriegt und ich begann mich zu richten.

Also stand ich um 21:35 Uhr am Busbahnhof und wartete. Ich hatte den Plan mit dem Bus nach St.G, zu fahren und von da aus mit dem Zug nach V. zu fahren. Umständlich, aber es schien mir der einzige Weg von K. nach V. zu kommen. Naja…leider kam der Bus nicht, weil es ein Rufbus war, bei dem man vorher anrufen muss (was ich natürlich nicht gemacht habe). Ich saß dann also minutenlang da und rührte mich nicht. Irgendwie kam nicht so richtig bei mir an, dass der Bus nicht kommen wird. Fünf Minuten vergingen, in denen ich immer noch dasaß und auf eine Stelle starrte, wo kein Bus auftauchen wird. Irgendwann wachte ich dann aus meiner Trance auf und fragte mich, was ich nun machen sollte… Heim gehen? Taxi? Trampen?! Ich entschied mich erst einmal für rumlaufen und laut fluchen. Und dann, wie durch ein Wunder hielt ein Wagen neben mir und der Kerl fragte „Ey, kann ich dich wohin mitnehmen?!“ Ich stieg zu ihm ins Auto voller Rauch, Gras, CDs, schlechter Hip-Hop-Mucke und Handys, die auf dem Boden herumfuhren…und er brachte mich echt von K. bis nach V.! Er war Kiffer, Autobahnbauarbeiter, 28, hieß Tom und wir redeten ein bisschen über was man halt so redet…er kam aus Heilbronn und fragte mich, wohin man denn hier im Black Forest so gehen kann. Ich schlug ihm das Chaos-Café vor, weil er da echt gut rein passte und sich dort mit den Leuten gut verstehen würde. Besitmmt besser als ich…

Um 22:10 war ich dann endlich am HK und bekam erstmal einen Wodka Brause ausgegeben. Die Kerle staunten nicht schlecht, als ich den wegkippte wie nichts. Es waren einige Leute da, die ich kannte, aber ich unterhielt mich fast nur mit Mr. Right und seinem Kumpel, sofern sie mal nicht am Automaten zockten.
Es verging so einige Zeit, in der wir am Tresen saßen. Ich meinte zu Mr. Right: „Naja, ich dachte, du bist in netter Gesellschaft…“ Er meinte daraufhin: „Ja, bin ich auch…jetzt.“ Dann sah er mich an und lächelte. Typisch…ich musste irgendwie auch lächeln, allein, weil das alles so banal war…

Nach einer Weile setzten Mr. Right und ich uns runter an einen Tisch und sein Kumpel zockte alleine am Automaten weiter, redete mit den Leuten, spielte Alibi. Warum das so war, verstand ich erst später.
Unten am Tisch sahen wir uns die meiste Zeit in die Augen und wenn wir redeten, dann wirres Zeug. Er fragte mich irgendwann, was ich von ihm denke. Daraufhin faselte ich ein bisschen was, hielt mich aber zurück. Auf die Frage, warum er seine Freundin auf der Treppe eigentlich nicht erwähnt hat, meinte er: „Dann wäre der Abend nicht so verlaufen.“ Da hatte er wohl recht. Ich verstand es aber trotzdem nicht oder…vielleicht wollte ich es auch nicht verstehen. Eins ist jedenfalls sicher: Ich habe zu viel erwartet, zu viel gehofft. Aber zum Glück nicht so viel, dass ich total ausgetickt bin…oder…doch? Ich bin gerade sowieso in einer schwierigen Zeit, da zieht mich einfach alles runter…und „Liebe“ ist ja sowieso Problem Nr. 1. Immer.

Irgendwann fing Mr. Right wieder an zu singen. Ich stimmte sogar mit ein. Und er machte von allen Liedern, die ich nicht erwartet hätte, „Tabaluga“ von Peter Maffay rein und „Ich wollte nie erwachsen sein“. Ich war gerührt. Ein Gast lobte unseren Gesang, andere fanden es schrecklich und schüttelten nur die Köpfe. Aber ich fand es schön, ein Stück Kindheit mit Mr. Right wiederzubeleben.

Er ist ein Arschloch, ja. Und das habe ich ihm auch schon gesagt. Mehrmals sogar. Er hat es sogar selbst betont. Aber trotz allem mag ich den Kerl irgendwie. Er ist lustig und er macht mich irgendwie glücklich. Und ihm scheint auch etwas an mir zu liegen, sonst hätte er mich nicht mit Biegen und Brechen versucht ins HK zu bekommen. Als ich ihn jedoch fragte, was er denn von mir denkt, fragte er mich, ob ich Rätsel mag. Ich sei nämlich eins…
Er zahlte mir an diesem Abend auch alles und ich verstehe das ganze irgendwie immer noch nicht. Aber ich habe nun einfach beschlossen, mich nichts mehr zu fragen…ich glaube auf Antworten kann ich lange warten. Die werden nicht kommen.

Wer allerdings an diesem Abend kam…war das Püppchen.
Und ich schwöre euch, in diesem einen Moment, in dem sie sich vor Mr. Right und mir aufbaute, starrte uns die ganze Kneipe an, hielt den Atem an und wartete auf die Apokalypse. Ich muss ehrlich sagen…mich hat noch nie jemand so hasserfüllt angesehen. Keiner sagte was. Und ich dachte nur: „Was machst du, wenn sie dir jetzt eine reinhaut?“ Dann setzte sie sich neben Mr. Right und fragte, wo denn sein Kumpel (=Alibi) war. Der war schon weg. Sie fragte, seit wann der denn weg wäre und sah mich dabei an, als wäre ich eine Nutte (obwohl ich diesmal gar nicht so aussah). Naja, den Rest habe ich nicht so ganz mitbekommen, weil ich unter Schock stand. Nicht, weil ich nicht sie war, sondern weil sie so einen extrem zickigen Auftritt hingelegt hat und mir das alles zu schnell ging. Sie hat mir auch nicht „hallo“ gesagt. Kein Wort. Nur Blicke. Mr. Right umarmte sie und zwinkerte mir zu, was nur ich sehen konnte. Und ich war froh, dass ich nicht sie war…

Dennoch saß ich echt zerknickt am Tisch und dann setzte sich ein Kerl, bei dem ich schon mal zu Hause war und der mir damals Kampftricks zeigte, zu mir: Kalle/Charlie. Wir plauderten ein bisschen bis mein Taxi kam. Er meinte, Kerle wollen keine Probleme. Das wusste ich selbst auch…und ich wusste auch, dass ich ein verdammt großes Problem war, das stellenweise total außer Kontrolle geriet….

Als dann das Taxi kam, verabschiedete ich mich von Charlie und setzte mich auf den Beifahrersitz. Und ich hatte das Glück gerade das „Selbstmordtaxi“ zu erwischen. Der Kerl hatte auch Glück…dass ich nicht drauf und dran war ihn umzubringen und es somit zum Doppelmordtaxi zu machen. Nee, ich hörte ihm sogar zu. Ich hatte noch nie mit ihm geredet und kannte daher nicht seine Version der Geschichte von damals, als sich Nadine (die Bedienung vom Nest) umgebracht hat…wegen dem Taxifahrer…der jetzt genau neben mir saß.
Und er erzählte mir, dass Nadine es damals angekündigt hat und dass er einer der ersten war, der am Unfallort war. Und er war wirklich ihr fester Freund gewesen. Und mit der angeblich „zweiten“ Frau war er einmal zusammen gewesen. Und genau diese zweite Frau mit den rot-schwarzen Haaren hat mich damals zerstört, als ich was mit Kai hatte und er sie heiraten wollte. Derselbe Kai war übrigens Nadines Drogendealer gewesen. Sie hat anscheinend ziemlich viel gekokst, was sie letztendlich wohl etwas paranoid werden ließ. Soviel zu verworrenen Geschichten…
Der Taxifahrer war jedenfalls nicht so ein schlechter Kerl. Er sucht sich nur die falschen Frauen heraus, wobei ich Nadine nicht als falsch sehen würde. Sie war wohl eher extrem labil und zu versessen auf den Taxifahrer, der wohl ein einfacher Kerl war und eine normale Beziehung mit ihr führen wollte…aber dass überall, wo der schwarz-rote Kopf auftaucht, Ärger entsteht, glaube ich liebend gerne…

Alles in allem war das gestern ein gelungener Abend, oder? Mit einem fremden Kiffer Auto gefahren, Mr. Right getroffen, Püppchen gesehen und zum Schluss mit dem Selbstmordaxi für 25 € Heim…

…und ich bereue es nicht. Mr. Right wohl auch nicht – trotz puppenmäßiger Eifersuchtsaktion.

Posted by Journey

Kategorie: Allgemein

Autor: Journey

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2 Kommentare        

Oh ich liebe solche verrückten, chaotischen Abende …
auch wenn sie meist echt aufwühlend sind, man überall zu viel Geld liegen lässt etc. – irgendwie is es das wert^^

Ich liebe sie auch!
…auch wenn ich mich jedes Mal frage, wie ich da hineingerate, wo doch alles immer so harmlos beginnt. : D

Und ja, das mit dem Geld ist immer so eine Sache…ich musste zum Glück aber nur für das Taxi zahlen. Mr. Right hat mir alles gezahlt vom Kurzen über Radler bis hin zu meinen Zigaretten… ^^

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