Danke Herr Lentz!

Sie retten mir gerade das 21-jährige in meinen Augen nichtsnutzige Leben. Sie zeigen mir auf, wie lächerlich ich mich eigentlich verhalte und gleichzeitig, dass sich jeder so verhält. Sie hauen mir die Realität um die Ohren, ohne dies auch nur in einem Satz anzudeuten. Und Sie machen mir Mut, obwohl Sie mich nicht loben, eher auseinander nehmen, gar durchleuchten, als würden Sie mich kennen. Sie schaffen es tatsächlich, mir mit Ihrem Text “Warum steht jetzt da, was da steht?“ (aus: „Wie werde ich ein verdammt guter Schriftsteller?“) einen Sinn zu geben. Und dabei war das wohl nicht einmal Ihre Absicht. Sie schreiben mir meinen Sinn ja auch nicht vor, an keiner Stelle. Aber die Tatsache, dass ich mich in Ihren Zeilen fast 1:1 wiederfinde, als seien sie von mir, zeigt mir meinen Sinn auf. Zeigt mir, dass mein Herzblut in Worten und Sätzen schlägt. Danke…

Der „Hinterkopf“ wird in seinem Text als „Poetenkasten“ beschrieben. „Den Poetenkasten leeren“ heißt demnach „ein Buch schreiben“. Und das ist es, was ich will. Und beinahe täglich kommt mir ebenso die erschreckende Erkenntnis, dass ich es schon wieder nicht geschafft habe oder mein Buch unfertig mit halbem schlechten Ende irgendwo auf meiner Festplatte herumfährt. Mein Buch, das mir zu kurz erscheint, zu schlecht, zu wenig. Genau wie mein Leben…
Und ich frage mich hierbei ebenso (und es beruhigt mich irgendwie, dass ich damit nicht die einzige Person bin):

„Welche Kompetenz maße ich mir an, ein Buch schreiben zu können? Wo habe ich das denn gelernt? Wie machen das denn andere? Wie schaffen die das denn?“

Vielleicht befinde ich mich gerade also einfach nur im von Lentz beschriebenen „abgesicherten Modus“? Wage ich zu wenig und bin daher nicht imstande, wirklich etwas Produktives zu verfassen? Weil mir alles von vornherein schlecht vorkommt? Ja…ja! JA!! Sie sagen schreiben es! Ich habe meinen Enthusiasmus verloren, meine Begeisterung am Schreiben, am Leben. Ich gebe mich nicht mehr hin, habe nicht mehr den Mut zum möglichen Absturz, weil ich den Absturz schon von vorn herein zu sehen gedenke. Keine glückliche, keine befreite Stunde. Weder noch. Einfach nur Angst, verharren, sich verkriechen und sterben. Ich schreibe nichts mehr. Vor allem nichts mehr, für das ich mich später schämen könnte, wenn es veröffentlicht vor mir liegt. Ich kann also aus nichts lernen, mich somit auch nicht unterrichten, es niemals besser machen, aus Angst, es nie gut zu machen.

„Die Übervorsichtigkeit, überhaupt nur einen einzigen Schritt zu tun. Der niemals begonnene Beginn.“

Und:

„Kommt man an kein Ende, fängt das Schreiben an, angstbesetzt zu sein. Sorge also dafür, dich nicht in eine Hysterie des Perfekten zu treiben. Das Übervorsichtige ist Selbstmord auf Raten.“

„Vollkommenheitswahn“, das Gefühl, das falsche Leben zu haben, das falsche erlebt zu haben. Das Gefühl, zu wenig „Klassik“ zu sein, überhaupt nicht „Gegenwart“ und schlicht und einfach zu wenig Zeitung zu lesen. Zu wenig zu wissen. Zu wenig erreicht zu haben. Das Gefühl der tickenden Uhr im Hintergrund, das sich nicht abstellen lässt. Mein Gott, sterbe ich etwa bald!? Was sagen denn meine Kritiker und Anhänger? Kann ich nicht einfach zufrieden sein?! Wenn nein, warum ist das dann so?

„Kollege X hat sich endlich, nach jahrzehntelanger und reiflicher Überlegung, erschossen. Ich gratuliere ihm. Tatsache ist, ihm fiel nichts mehr ein. Wie man landläufig so sagt. Bei suizidauslösenden Rückfragen wie ‚Habe ich überhaupt das Zeug zum Schriftsteller?’ nutzen vielleicht Konter wie ‚Habe ich denn das Zeug zum Bademeister?’ Na also. Lebensweltliche Probleme sind ja ein anderes Thema. Lebensweltlicher Kollege, zwanzig Jahre alt. Hatte sich in seiner zentrumsnahen Wohnung verschanzt. Wollte das Megaopus schreiben. Inklusive Selbstauslegung und Abschaffung der Romanform. Es blieb bei der Selbstabschaffung.“

Verdammt, Sie schreiben mir aus der Seele! Und nicht nur das, Sie zeigen mir auf, wie lächerlich mein Denken geworden ist! Und damit haben Sie sogar Recht, ohne dass ich mir dabei wertlos vorkomme. Sie zeigen mir mein Leben auf, wie es scheitert. An mir selbst.

Ich versuchte zu schreiben, Erfolg zu haben und dabei begann ich mir im Grunde nur selbst auf die Nerven zu gehen, mich nach und nach für meinen Lebensverlauf zu hassen, zu verachten. Ich begann meine Kindheit und Jugend mit Absicht zu verdrängen, weil sie mir fürchterlich und nicht erinnernswert schien. Weil ich ein schreckliches Kind war ohne richtige Familie. Ohne Wertschätzung, ein Lob, ein Gefühl, auf dem richtigen Weg zu sein. Ohne gefühlte Liebe. Ohne eine Zukunft. Und im Grunde ist die Folge davon, dass ich mich nun nicht nur für einen Menschen mit schrecklicher oder keiner nennenswerten Vergangenheit halte, sondern auch mit schrecklicher Gegenwart und ausbleibender Zukunft. Ich würde gerne ein anderer Mensch sein, nur wer? Wer sollte ich auch schon sein, wer hatte es leichter? Bei wem ist alles perfekt?
Die Frage beantwortet sich wohl von selbst…

Ich habe immerhin schon den ersten Schritt getan, um wieder ein Mensch zu werden. Ich habe ein Buch in die Hand genommen und gelesen. Ich habe mich mit anderem beschäftigt, als nur mit mir. Mit anderen Schicksalen. Wissenserweiterung. Überleben!

Was gilt es nun zu tun? Wie bringe ich es fertig, im September alles unter einen Hut zu bekommen ohne dass sich Schule, das Schreiben und das Leben an sich gegenseitig runterziehen? Ganz einfach, in dem ich Folgendes mache; im Bezug auf das Schreiben:

* Angefangenes und seit Jahren liegen gebliebenes nicht mehr fortsetzen, es sei denn, ich schreibe es ganz neu. Es gibt da nichts mehr zu retten, der Zug ist abgefahren. Und all das wird zur Blockade. Also muss ich mich von vielen Texten trennen.

* Entscheidungen treffen: JETZT schreibe ich einen Blogeintrag. JETZT schreibe ich das. JETZT schreibe ich einen Roman….

* Sich auf einen Text konzentrieren und nicht denken, ich müsse nun dies und jenes und 10 andere Dinge fertigbringen.

* Feste Arbeitszeiten treiben das Manuskript voran.

* Nicht mit anderen Autoren vergleichen.(Manchmal leichter gesagt als getan…)

* Nicht davon überzeugt sein, ALLES inspirierende umzusetzen und schon gar nicht in einem Text!

* Nicht aufgeben, wenn ich mal nicht weiter weiß (besonders am Ende einer Geschichte). Dranbleiben!

„Bleibe der Sprache klar und deutlich. Sage dir das als Mantra. Klar und deutlich heißt nicht, dass der Leser alles verstehen muss. Es kann zum Beispiel auch ‚konsistent’ heißen. Zuviel vorweggenommene Versöhnung, zu viel Einfühlung in den Leser entfremdet dich von deinem Vorhaben.“

Treibe Sport!

Hör mit dem Rauchen auf!

Hör nicht mit dem Lesen auf!

Bringe Unordnung in dein Leben! (immerhin das habe ich schon…)

Geh auf Reisen!

Ja, das werde ich machen. Nach und nach will ich mein Leben sortieren (keine Angst, da bleibt noch genug Unordnung übrig…). Angefangen mit meiner Wohnung, meinen Texten, meinem Alltag und den Leuten um mich herum. Ich werde von denen Abstand nehmen, die mir nicht gut tun und mit denen ich nichts Positives (mehr) verbinde.

Ich will wieder normal werden…

Ich will es hinbekommen…

Ich habe ein Ziel…und es ist MEIN Ziel. Und was ihr anderen alle wollt, das ich werde; was ihr in mir seht, das ich nicht bin; das ist mir egal. Ihr habt mir immer nur gezeigt, dass jeder sein Leben hat. Und wisst ihr was? Nun habe ich meins. Und ich lebe es. Ohne euch.
Ich komme wieder hoch. Ohne euch.

Erstaunlich, wie ein paar Seiten Text mich so dermaßen motivieren können, ja…mich sogar von mir aus und ungezwungen positiv denken lassen!
Danke, danke, danke Herr Lentz! Sie haben mit ihrem Text dafür gesorgt, dass ich wieder ein Ziel habe…und mich ganz nebenbei noch auf einige andere Dinge gebracht, die ich loswerden wollte und die mir nun mehr denn je bewusst geworden sind.

 

Und danke auch an meine Leser für das gute Zureden, ob schriftlich oder mündlich! Das hilft mir auch enorm und zeigt mir, dass ich nicht ganz so alleine bin! : )

So…ich glaube, es hat „Klick“ gemacht.

Klick 1 von 100…also auf ins nächste Level!! Eins nach dem anderen…

Posted by Journey

Kategorie: Allgemein

Autor: Journey

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