Über meine Mutter

Mir steigen erneut die Tränen in die Augen. Lacht sie mich aus? Sie ist so grausam, versteht kein Wort von dem was ich sage. Lacht mich nur aus. Bei allem, was ich sage. Und wenn es noch so vertraulich ist. Sie will nicht verstehen. Am liebsten würde ich ihr all die Grausamkeit dieser Gesellschaft ins Gesicht schmettern, so wie es mir jeden Tag ergeht. Am liebsten würde ich ihr all meine Psychosen ins Gesicht schreien. Aber nein, sie hat ja alles richtig gemacht. Ich bekomme essen und ein warmes zu Hause, das war’s. Liebe und Verständnis? Was ist schon Liebe? In ihrer Welt existiert nur das, was sie sehen will. Wie ein Drogensüchtiger sich seine Welt aus dem Rausch aufbaut, ist alles in ihrem Kopf nur Schein, vernebelt die Wirklichkeit, macht sie blind.

Immer wieder habe ich versucht, eine Bindung, einen Draht zu ihrem Inneren aufzubauen. Habe versucht mit ihr zu reden, doch niemals hat sie mir zugehört, wollte es nicht hören, hat mich nur ausgelacht. Und lacht immer noch über meine Probleme, meine Ängste, die ich ihr anvertraue. Lacht über meine Art zu lieben. Lacht darüber, dass ich nicht dumm bin, wie sie immer tut. Sich mit Dummheit weiterschlagen. Kein Können zeigen. Einfach durchmogeln durchs Leben. Sich an Männer halten, die Kohle haben könnten.

Ich kann nur den Kopf schütteln. Mein Essen nehmen, aufstehen und in mein Zimmer verschwinden. Sie wird mich nicht verstehen. Will sie auch nicht. Kann sie nicht. Sie sieht nur sich auf der Welt. Alles andere ist ihr fremd. Das Leid ihrer Tochter ist ihr egal. Selbst, als sie herausgefunden hat, dass sich diese bereits mehrmals umbringen wollte, war ihr das egal. Sie versteht das nicht. Das blendet sie aus. Es existiert in ihrem Kopf nicht.

Psyche, Philosophie, Schreiben, Computer und das Nest. All die Dinge, die mir etwas bedeuten, sind ihr egal. Ich könnte Millionen verdienen mit Büchern, mit Talent. Das wäre ihr egal. Hauptsache, sie hätte ihre Villa mit Pool.

Ab dem heutigen Tag weiß ich, dass ich so nicht mehr versuchen werde mit ihr zu reden. Sie ist nur noch Ma. für mich, wie mein Dad U. für mich ist. Der Mensch, der damals so viel für mich getan hat, den ich irgendwo tief im Herzen liebe, obwohl meine ganze Familie ein Rad ab hat, den gibt es nun nicht mehr. Ich muss weiterkommen und Ballast abwerfen. Eine Person, die mich psychisch krank macht, mir nie richtig zuhört und sogar auslacht, kann nicht meine Mutter sein. Mir wird jetzt erst klar, dass wir nichts Gemeinsames haben. Sie war immer fürsorglich, aber nur um den Schein von außen zu wahren. Nur um das zu machen, was eine Mutter eben so macht. Ihr Kind ins Krakenhaus fahren, Mittagessen kochen,… Aber was ich am meisten brauche ist eine Mutter, mit der ich über alles reden kann. Nicht wie eine beste Freundin. Nur jemand, der mir die Dinge erklärt, die ich nicht verstehe. Erst heute habe ich begriffen, dass sie mir nichts beigebracht hat…genauso wie U.

Am liebsten würde ich weglaufen, doch das wäre unklug und kindisch. Ich würde ja um mein Leben schreiben, aber meine Psyche macht da momentan nicht mit. Es wäre aber die einzige Hoffnung aus diesem Albtraum zwischen zu Hause, Männern und „guten Freunden“ herauszukommen.

Dieter hatte immerhin in einem Punkt vollkommen recht: Das schlimmste ist nicht das Alleinsein, sondern niemanden zum Reden zu haben…

Posted by Journey

Kategorie: Allgemein

Autor: Journey

«      |      »

Schreibe einen Kommentar