Die letzten Tage waren wirklich die ereignisreichsten der letzten Jahre…
Es begann alles vor etwa zwei bis drei Wochen, als es mir mit einem Mal erst immer komischer und dann immer mieser ging. Es wurde gefühlt immer schlimmer und schlimmer und ich suchte – reflektiert wie ich bin – nach den Gründen dafür, denn so was konnte ja nicht einfach so von nichts kommen! Was war denn passiert? Was hatte meine Lebenssituation so krass verändert, dass sich mein Lebensgefühl verändert?
Da gab es so vieles, das in den letzten Jahren passiert ist und das mich auf jeden Fall geprägt hat, aber nichts davon schien mir für mein jetziges Gefühl verantwortlich zu sein.
Es gelang mir kaum, darüber zu schreiben und das Chaos in mir zu sortieren. Ich war fast vollkommen blockiert und konnte keine passenden und zusammenhängenden Worte dafür finden. Zudem fühlte ich eine Art soziales Burnout, stand irgendwie voll neben mir, konnte mit keinem reden, habe mich von allen bedroht und beeinflusst gefühlt und war so verunsichert wie noch nie.
Ich vermied Kontakte, warf mit Käse nach Observer wegen einem Baguette und wollte nur noch alleine sein und meine Ruhe. Arbeiten ging dann nach meinem letzten abgeschlossenen Job auch nicht mehr und ich war weder im Studio, noch im Homeoffice wirklich verfügbar. Von 9 Tagen habe ich vielleicht 2 gearbeitet und das auch nicht am Stück. Ich habe mir sehr viel Abstand genommen, was für meinen Chef alles andere als leicht war. Er wusste ja nicht, was los ist und wie es weitergeht und ob ich jetzt komplett durchdrehe und wegfalle. Doch er hat mich in Ruhe gelassen, wofür ich ihm sehr seeeeehr dankbar bin.
Ich habe diese Zeit nämlich gebraucht, denn dadurch habe ich überhaupt erst erkennen können, was eigentlich das Problem ist… und zwar, dass es die Arbeit ist, die mich nicht mehr erfüllt.
Diese Erkenntnis kam für mich total überraschend und war auch echt nicht leicht für mich zu verarbeiten. Zunächst wurde sie von unglaublich vielen Schuldgefühlen und Ängsten begleitet, von denen sie bisher vermutlich auch immer unterdrückt wurde. Das alles ist mir aber auch erst jetzt so wirklich bewusst geworden. All die Male, in denen mein Chef mich gefragt hat, ob ich noch gerne bei und mit ihm arbeite, war ich ehrlich überzeugt davon, dass es so ist. Ich habe nie in Erwägung gezogen oder infrage gestellt, dass ich meinen Job gerne mache, denn das stand für mich einfach außer Frage, weil ich so viele positive Erfahrungen dort machen durfte und mit MR zusammen Jobs gerockt habe, die echt nicht jedes Fotostudio so hinbekommen würde. Das hat mich über die Jahre aufgebaut und mir gut getan und mich erfüllt, weil es auch mein Ziel war.
In den letzten Wochen wurden die Anzeichen dafür, dass sich in dieser Hinsicht etwas verändert hat, jedoch immer deutlicher…
Angefangen hatte es, als bei meinem Chef privat so viele Veränderungen eingetreten sind und er immer depressiver wurde. Ich habe habe versucht als gute Freundin eine Stütze zu sein, aber mehr negatives aufgenommen, als mir gut getan hat, was ihm auch total Leid getan hat, als er es gemerkt hat.
Er hat sich dann wieder von seinen persönlichen Rückschlägen erholt und Strategien entwickelt, wie er mit vielen Dingen besser umgehen kann. Als ich dann gespürt habe, wie sehr er mit mir Gas geben und am liebsten auch gemeinsam mit mir in diesem Job alt werden will, hat es mich einerseits total gefreut, dass er seine Motivation wieder gefunden hat und andererseits blieb ein beklemmendes Gefühl zurück. Etwas leises in mir hat mich nämlich gefragt, ob ich das eigentlich auch will. Und je mehr ich in den letzten Tagen darüber nachgedacht habe, desto mehr habe ich festgestellt, dass sich der Gedanke daran nicht richtig anfühlt und dass das nicht mehr das ist, was ich mir für mein Leben wünsche.
Und von Tag zu Tag ergaben auch meine Zusammenbrüche in den letzten Jahren einen roten Faden, der mit Corona angefangen hat. Vielleicht erinnert sich noch der ein oder andere (meiner drei…vier…) Leser, wie sehr ich in der ersten Homeofficezeit aufgeblüht bin. Ich konnte jeden Tag schreiben, mich mit philosophischen, psychologischen, sogar mit politischen Themen beschäftigen, weil ich vor allem auch kaum was zu tun hatte. Ich habe Observer kennen gelernt, einen Menschen, der bis heute meinen Texten wie mir so viel spürbare Liebe schenkt, wie es noch nie ein Mensch getan hat.
Ich war in dieser Zeit so inspiriert, wie noch nie. Das hat dann nachgelassen, als mich die Arbeit und der Alltag nach und nach wieder mehr eingenommen haben. Ich habe es registriert, mir aber unbewusst nicht erlaubt, die Gefühle ernst zu nehmen und es als meine Aufgabe gesehen zu lernen, damit umzugehen und mich an das Leben anzupassen. Das gelang mir glaube ich auch nur, weil mein Chef mir mit den Homeofficetagen entgegengekommen ist und ich ihm immer wieder beweisen konnte, um wie viel effektiver ich mit diesem Modell arbeiten kann.
In all der Zeit habe ich immerzu gehofft, dass ich mir das Schreiben bewahren kann und später, dass es schon wieder kommt und sich seinen Raum nimmt.
Und ja, es kam wieder, weil ich ein Jahr später einen Schreibkurs angefangen habe, der mich dann nochmal gepushed hat. Dann kam jedoch das mit meinem Vater und um mich herum waren nur noch Probleme, Rechtstreitmist, Stress, Streit, Familyproblems, Kommunikationsprobleme und die finanziellen Sorgen der anderen, die in mir immerzu Schuldgefühle auslösen. Damit war der Traum vom Schreiben auch erst mal gegessen, weshalb 2022 auch ein katastrophales Jahr für mich war.
Ich habe erst wieder damit angefangen, als ich vor einiger Zeit eine Woche Urlaub hatte. Anders habe ich es nicht hinbekommen. Und ich werde es auch nie anders hinbekommen, denn das Schreiben läuft einfach nicht so nebenher, wenn einen der Job und das Privatleben mental so beanspruchen. Das läuft daher auch nicht mit einer Viertageswoche, wie mein Chef und ich es eigentlich für nächstes Jahr geplant hatten.
Im Grunde kann es jetzt wie es läuft, also eigentlich nicht weiterlaufen..
Deshalb haben mein Chef und ich uns mal zusammengesetzt…
(Fortsetzung folgt…: Ein Neuanfang: Das Gespräch – Teil 2)