Distanz?

Ich habe den folgenden Beitrag doch tatsächlich schon am 27.09.2019 angefangen zu schreiben, aber – warum auch immer – nie fertig gestellt und veröffentlicht. Ich weiß nicht mal mehr, um wen es darin eigentlich ging, doch erstaunlicherweise beschreibt dieser Text zu gut das Gefühl, das ich nach wie vor sehr oft habe. Es fasst einfach sehr schön die (wenn auch etwas unschönen) Gedanken in Worte, die ich mir im Zusammenhang mit anderen mache, von denen ich mich mit meinen eigenen Gefühlen (und Ängsten) nicht immer so gut distanzieren kann…

„Du bist zeitlebens dafür verantwortlich, was du dir vertraut gemacht hast.“

Dieses Zitat aus dem kleinen Prinzen passt irgendwie gerade zu dem, was mich aktuell beschäftigt. bzw. kann ich es mir aus dem Zusammenhang gerissen so hinbiegen…
Ich frage mich hierzu: Wo fängt eigentlich meine Verantwortung für meine mir vertrauten Menschen an und wo endet sie? Wie schaffe ich es, mich nicht für Gegebenheiten verantwortlich zu fühlen, die mich nur indirekt betreffen und die ich vielleicht gar nicht ändern kann bzw. auf die ich gefühlt einfach zu wenig Einfluss habe? Wie schaffe ich es, mich von den gefühlt wahrgenommenen leid- und sorgenvollen Schwingungen anderer zu distanzieren, mich abzugrenzen und nicht auf ihr negatives Muster einzulassen – ohne ihnen das Gefühl zu geben, sie hängen bzw. im Stich zu lassen? Wie schaffe ich es, ihnen ein warmes Gefühl des Zuspruchs, des Daseins und der Verbundenheit zu geben, obwohl das alles irgendwie nichts an der Tatsache ändert, dass ich wohl faktisch gesehen nicht wirklich helfen kann und sie letzten Endes ihre Probleme eigentlich selbst in Angriff nehmen müssen?

Manchmal überwältigt mich einfach meine Umgebung und das Negative, das jene Mitmenschen beschäftigt, welche mir wichtig sind und die mir am Herzen liegen. Ich bin mir dessen bewusst, dass ich nicht für all das verantwortlich bin. Dass es nicht meine Aufgabe ist, ständig Lösungen parat zu haben, das richtige zu wissen oder zu tun oder irgendwie anders zu helfen, selbst wenn ein Teil von mir das gerne würde. Ich neige leider dazu diese empfundene Hilflosigkeit in meinem Gegenüber zu sehen bzw. auf ihn zu übertragen.
Zum Glück ist es nicht so, dass ich jedes Mal so reagiere, wenn man mit mir über Probleme spricht. Oft genug behalte ich ja meine Distanz und versuche dennoch den Spagat zwischen Ehrlichkeit und einfühlender Wärme zu bewältigen und so für sie da zu sein.
Es gibt aber Phasen, in denen ich besonders sensibel für die sich bildenden negativen Schwingungen anderer bin. Und genau dann wird ein kleiner naiver Teil in mir, der unbedingt etwas verändern und helfen will, aktiv und involviert mich manchmal mehr in die Probleme anderer, als es vielleicht gesund ist. In diesen Momenten kann ich nur schlecht ignorieren, wie es einer anderen Person gerade psychisch geht und ihre Ängste und Sorgen einfach unkommentiert stehen lassen. Ich will ja nicht, dass die andere Person denkt, sie wäre mir egal. Daher steigere ich mich rein…
Geholfen hat dieses komische „Mitfühlen“ allerdings bis jetzt noch nie irgendjemandem und am Ende nur für mehr Probleme gesorgt, weil dann zwei Personen an einer Situation verzweifeln und ich mich dann erst recht so richtig hilflos und verantwortlich fühle.

Doch wie wahrt man in diesen Momenten eigentlich die Distanz? Wie vermittelt man, dass man sich Gedanken macht, aber auch keinen Rat weiß?

Vielleicht ist meine Reaktion, mein Verhalten auf die negativen Schwingungen meiner Mitmenschen ja ein Muster, das ich erst mal bewältigen muss?
Mich triggert es einfach, wenn ich das Gefühl habe, dass es jemandem psychisch so schlecht geht und er daran verzweifelt. Ich weiß nur zu gut, wie sich das anfühlt und auch wie verdammt alleine man sich damit fühlen kann. Wie schrecklich es ist, wenn sich andere so krass distanzieren und daher einem sehr kalt vorkommen und das Gefühl geben, einen im Stich zu lassen.
Vielleicht denkt ja etwas in mir deshalb, ich müsste mich auch deprimieren lassen, um wieder eine Verbundenheit zu erreichen? Oder etwas in mir denkt, dass ich in der Verantwortung bin, all das zu tun, das für mich damals keiner getan hat und das ich mir gewünscht hätte? Diese Optionen kann ich zumindest vermuten. Oder gibt es wirklich diesen Ort, an dem einen einfach niemand erreicht, auch wenn er oder sie es noch so gut meint und sich bemüht? Und wie gehe ich dann damit um?

Wie distanziert man sich denn nun und schafft gleichzeitig eine Verbundenheit?
Worin besteht meine Verantwortung? Wo endet sie? Wie bewältige ich dieses Gefühl der Machtlosigkeit? Wie überwinde ich das Getrennt- bzw. Alleinsein? Wie schaffe ich einen Halt ohne mich zu verlieren? Wie schaffe ich Distanz ohne mich nach und nach emotional zu distanzieren?

Posted by Journey

Kategorie: Allgemein

Autor: Journey

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