Rezepte…

Ich glaube ich habe es gefunden, das Rezept zur Zufriedenheit…zu dem, was ich bin (ähm…oder besser: sein könnte). Es löst nicht jedes Problem, aber es ist die Lösung dafür, diese besser bewältigen zu können.

Seit jeher bin ich einer dieser verrückten Menschen, die mit sich selbst reden und sagen „Okay, gehen wir!“ wenn ich das Haus verlasse. Das ist einfach so eine Angewohnheit von mir… Ich bin jedoch nicht wirklich viele, sondern setze mich nur aus verschiedenen Teilen zusammen. Und einer der größten Teile ist Madame S. (Madame Selbstzerstörung), die sich quasi ständig zu Wort meldet und alles um mich herum dunkel und trostlos werden lässt. Nach und nach lerne ich nun, sie zu akzeptieren und einfach als Teil von mir anzusehen. Verdrängen kommt bei so einem extrem großen Teil meines Selbst nicht infrage, denn dazu ist sie zu sehr in meinem Kopf involviert…und für mein gesamtes (zweifelndes) Ich spricht sie auch viel zu viel Wahres aus…

 

Heute zum Beispiel ging es in meiner Ausbildung ans Fotografieren von einer Verpackung. Madame S. war natürlich anwesend, weil gerade das Fotografieren und die immense Verantwortung, etwas selbst und richtig zu machen, total schwierig für mich und somit ein gefundenes Fressen für sie ist. Sie beißt sich da fest, wo es richtig weh tut. Aber irgendwie habe ich es geschafft, sie immer wieder flach zu halten und trotz anhaltender Beleidigungen ihrerseits am Set herumzuprobieren.

Madame S.: Haha, das Brett ist eh zu schwer, vergiss es, du machst noch alles kaputt, wenn du versuchst es zu tragen, du Loser!

Selbstoptimiererin: Versuch’s doch einfach mal, so schwach bist du auch wieder nicht.

Vernünftige: Ist doch auch bescheuert, wegen einem kleinen Brett um Hilfe zu bitten.

Madame S.: Eben, da lacht doch jeder…HAHAHA!

Journey: Ich will was wissen, also nehme ich jetzt das Brett und sehe dann, ob ich es als Tischplatte auf die Böcke stellen kann…

(Ich habe es dann auch hinbekommen)

Madame S.: *keuch* *ächz* Ich kann nicht mehr!

Selbstoptimiererin: Na also, geht doch!

Perfektionistin: Aber der Tisch wackelt noch…

Madame S.: DU HORST, das hättest du dir sparen können!

…usw.

Und bei jedem Schritt (Hintergrund aufbauen, umbauen, wieder aufrollen, abrollen…weißes Papier auf die Tischplatte legen & zusammenpuzzeln, weil keines groß genug war, …Kamera ausrichten, …Objekt hinstellen, …) das alles SO zu durchdenken ist echt nicht einfach für mich…ungewohnt…aber indem ich das mache, merke ich, dass da nicht nur jemand „Vollpfosten!“, „Idiot!“, „miese ….“ in meinem Kopf schreit, sondern dass da auch andere sind, die zu Wort kommen wollen. Und das ist ein gutes Gefühl…dass ich nicht nur Madame S. bin!

Doch leider bröckelte das alles, als es ans Licht aufbauen ging und ich nicht mehr dazu kam, das mit meinen inneren Stimmen ausreichend zu klären, da mein Arbeitskollege dazukam. Er ließ mich das Set umbauen und obwohl ich wusste, dass mein Chef was anderes wollte, konnte ich nichts mehr sagen, denn alles wurde übertont von Madame S.’ Stimme: „DU HAST ES FALSCH GEMACHT!!! Du machst immer alles falsch! Was willst du noch hier? DU bist voll unbrauchbar und nervst! Geh sterben! Tu allen doch bitte den gefallen und steh hier nicht im Weg rum, du Depp!“

…ihr haltet mich nun sicherlich für verrückt, oder? Weil ich so denke…und weil der größte Teil in mir so über mich denkt. Weil Madame S. für mich als gesamte Person in solchen Momenten sogar so klingt, als hätte sie recht…

Ich habe mich trotzdem irgendwie gefangen und nichts mehr groß versucht zu denken, weil mein Arbeitskollege mir Madame S. Worte eh abgenommen hat. Er kennt mich ja und meine Gedankenwelt und meinte ständig: „Nun mach mal das und dies und schneller!! Was deeeeenn? Steh da nicht so rum…“ Eigentlich wollte er mir damit „helfen“. Schocktherapie sozusagen. Aber natürlich freute sich darüber nur Madame S… Ich war dadurch total durch den Wind…und habe GAR NICHTS auf die Reihe bekommen.

Und als dann noch mein Chef neben mir auftauchte, waren alle in Worte gefassten Gedanken wie weggeblasen und ich konnte nur noch ein verworrenes Mischmaschgefühl empfinden, das jegliches Wissen unterdrückt hat… All das, was mir mein Arbeitskollege vorhin gesagt hat und was wir zusammen durchgegangen sind und ich auch verstanden habe, wusste ich auf einmal gar nicht mehr. Ich wusste rein gar nichts…nicht mal, wie die Gegenstände heißen, mit denen ich schon die ganze Zeit arbeite! Und ich konnte auch nicht mehr rechts von links unterscheiden. So ging es mir ungefähr am Anfang meiner Ausbildung, als ich mich nicht getraut habe, überhaupt irgendetwas anzufassen…

Das ist ein Blackout, wie es manche bei Prüfungsangst oder so bekommen. Oder nein…nicht ganz. Dank Madame S. schwebe ich in solchen Situationen ständig zwischen Aggression, dem Hang zur Selbstbestrafung und komplettem Tränenzusammenbruch. Nun gut, so schlimm war es diesmal nicht, aber um das angestaute raus zu lassen, musste mein Finger vorübergehend leiden.

Haltet mich jetzt doch gerne für einen waschechten Psycho, aber lieber beiß ich mir in den Finger, als Amok zu laufen…

Schön wäre es natürlich, wenn mein Glaube an mich stärker wäre als Madame S. Dem ist leider (noch) nicht so…aber es wird…(auch wenn das nach so einer Beschreibung von meiner Gedankenwelt recht schwer nachzuvollziehen ist…)

Posted by Journey

Kategorie: Allgemein

Autor: Journey

«      |      »

Schreibe einen Kommentar