Typische Journey-Aktion…

„Hallo? Zentrale hier. Ich hätte hier ‚ne Patientin, die will nicht mehr leben.“

Es gibt Dinge, die sich doof zusammensetzen und in einem Chaos enden, wie es nur mir passieren kann. Und das ist nicht eins dieser Chaotenabenteuer bei denen ich um drei Uhr nachts sonst wo bin und über den Sinn des Lebens sinniere…nein…bei dieser Art von Abenteuer finde ich mich irgendwo auf einer Station ans Bett gefesselt wieder und…äh…Filmriss…

Aber ich fange lieber mal von vorne an…:

Ich bin ein Selbstmordkandidat, das ist klar. Aber das bedeutet nicht, dass ich mir täglich versuche die Pulsadern aufzuschneiden. Das bedeutet nur, dass ich ein bisschen Beständigkeit, ein bisschen Liebe und ein bisschen liebe Menschen um mich herum brauche, die mich auch ab und zu mal in den Arm nehmen und mir gegebenenfalls auch einen Schubs in die richtige Richtung geben…und vielleicht noch ein bisschen gute-Laune-Pillen zur Motivation. Und wenn es eins gibt, was ich nicht gebrauchen kann, dann sind das Menschen, die ein Drama auslösen und mir ums Verrecken nicht zuhören…

Zuerst wurde ich gegen meinen Willen in ein winziges Zimmer gesperrt mit den Worten: „Sie bleiben jetzt hier, sonst muss ich das rotten Münster anrufen!“ Dann wurde ich betäubt, was nicht angeschlagen hat. Ich habe diskutiert, das weiß ich noch. Ich habe geschrieben, geschrien, bin im Zimmer rumgelaufen, bin ausgetickt und hey, wer mich kennt, wer weiß, dass ich sehr ruhig bin, aber in diesem kleinen Zimmer musste ich schreien, weil das, was die Leute mit mir gemacht haben, nicht okay war. Ich glaube, ich habe sogar noch die Dienstärztin beschimpft. Nicht böse…aber eben diskutiert und ich war ja auch im Recht….die ganze Zeit!
Dass mir allerdings keiner zugehört hatte, hat mich noch mehr runtergezogen, als die anfänglichen Selbstmordgedanken. Ich kam mir so hilflos vor. So alleine. Ich habe geweint. Viel geweint, wie schon lange nicht mehr.
Nach der zweiten Scheißegalpille wurde ich allerdings richtig müde und habe mich hingelegt. Und die Schwester hat mir nur den kahlen (angeblich „grünen“) Baum vor dem Fenster gezeigt, unehrlich meine Hand gehalten und eine auf verständnisvoll gemacht. Das war nicht das, was ich gebraucht habe. Das was ich gebraucht hätte, wären liebe verständnisvolle Menschen um mich, ein bisschen was Süßes, eine gedrehte Zigarette von Fr. Croft oder Dr. Hyde, ein bisschen Leben, Menschen um mich. Aber in diesem Augenblick kam ich mir so hilflos und verlassen vor und wollte echt nicht mehr. Und als ich die Propeller des Rettungshubschraubers gehört habe, wollte ich endgültig tot sein…weil es nicht nötig gewesen wäre…

…aber hat mir einer zugehört!? Nö. Ich bin ja nicht zurechnungsfähig. Ich bin ja tendenziell im Unrecht. Und ich hab mich noch nie so überlegen gefühlt, wie in den letzten zwei Tagen. Ich kann mich nicht daran erinnern, mit wem ich alles diskutiert habe, aber es müssen so einige gewesen sein…steht zumindest auf meinem Block (…und fragt mich bitte nicht, woher ich die Zeit hatte, 6 Din-A5-Seiten voll zu schreiben…)
Jedenfalls steht da viel, was mir jetzt wieder einfällt. Auch der bescheuerte Anti-Suizid-Vertrag ohne Sinn, damit ich mich nicht umbringe. Denn was wäre, wenn ich es trotzdem getan hätte? Zu einem Vertrag gehört immer auch eine Option, wenn der Vertrag gebrochen wird. Das bedeutet jetzt nicht, dass ich es ausprobiert hätte, aber kurios fand ich das ganze schon. Dämlich…weil keiner was bekommt, wenn ich es doch tue. Ouuu…und dann noch die „Bild der Frau“ auf dem Tisch! Das hat mich alles so aufgeregt und an eine verdammt oberflächliche Welt erinnert…vor der ich kapituliere…was keiner versteht.

Aber weiter im Konzept: Ich hatte natürlich die ganze Zeit recht: Ich hatte recht, als ich noch bei klarem Verstand war. Ich hatte recht nach den ersten Beruhigungstropfen und ich hatte immer noch recht, als der Rettungshubschrauber kam. Ja, ich hatte recht! Mir kommt es auch jetzt noch vor, als wäre ich von allen Leuten die rationalste nüchternste gewesen. Es musste dazu kein Sanitäter kommen. Ich hatte keine Addison-Krise und mir ging es mit meinen dunklen Gedanken am Anfang 1000 Mal besser, als an irgendein Bett mit Schlaftabletten intus gefesselt zu sein. Und warum hat man mich ans Bett gefesselt? Ich wollte an mein scheiß Handy. Hilfe holen. Das muss man sich mal überlegen! Ich liege in einem Krankenhaus, will jemanden anrufen und verlange Hilfe vor den Ärzten!
Der Plan ging dann nur leider in die Hose. Ebenso wie der Plan, mir die Infusionsnadel raus zu ziehen und duschen zu gehen, weil ich Blut an den Fingern hatte…
Das alles war eine ziemlich doofe Aktion. Und hätte man mir von Anfang an zugehört, einen Psychologen zum Reden gegeben, wäre es nicht so weit gekommen. Es ließe sich alles klären…dann müsste ich nicht austicken, weil mir keiner zuhört…
Aber nein, mich mit Drogen vom Selbstmord abhalten, den ich nur in Gedanken hatte, ist wirklich einfacher. Und mal nachzufragen, warum der Cortisonspiegel vom Morgen so niedrig sein könnte wäre ja auch zu viel verlangt gewesen…

Das beste kam aber heute morgen, als Dr.Mit in mein Zimmer kam. Ich musste erst mal fragen, was heute für ein Tag war…

Frau Croft, die ich hier zu meiner besten Freundin zähle, meint, dass ich mir keine Vorwürfe machen soll, was ich schon den ganzen Tag mache. Denn ich hätte auf keinen Fall sagen sollen, wie es mir geht. Ich habe sowieso extreme Schwierigkeiten jemandem zu sagen, dass es mir nicht gut geht und ich Hilfe brauche. Ich mache das immer mit mir aus. Und an diesem blöden Dienstagabend hätte ich mich einfach ins Bett legen, lesen und schlafen sollen. Alles Negative schlucken. Alleine. Warum habe ich Depp das nicht gemacht? So wie immer? Warum musste ich unbedingt zu der Schwester gehen? Ich bin ein Idiot…Frau Croft meint hingegen, alle anderen sind Idioten…ich bin da anders. Ich bin in erster Linie immer an allem Schuld…

Mein guter Freund Kai, dem ich die Situation eben am Telefon geschildert habe, hat über die Aktion zuerst gelacht und dann gemeint, dass ich eben aus dem Grund mit den negativen Gedanken in der Klinik bin und nicht, weil ich mich umbringen will. Würde ich mich umbringen wollen, hätte ich das schon längst in K. getan. So. Hab ich aber nicht. Ich will leben. Aber will endlich aufhören mich zu hassen. Und ich hasse mich wirklich extrem abgrundtief. Ich verstehe nicht mal die ganzen Menschen, die hier um mich weinen und sich um mich sorgen machen…und das sind verdammt viele…

Soviel also zu den letzten zwei Tagen…natürlich bin ich heute erst mal mit 8-cm-Schuhen in die Raucherecke und hab drei hintereinander geraucht, eine halbe Ritter Sport gegessen und einen Kaffee getrunken. Dann ging es mir gut…und als ich zu den Krankenschwestern bin…voller Power, aber noch total benebelt, dann waren die erst mal geschockt….und dieser Blick war echt göttlich…

Posted by Journey

Kategorie: Allgemein

Autor: Journey

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2 Kommentare        

Liebe Journey, ich hoffe du hast was draus gelernnt ? Und denk ein meine Worte 😉 Das Leben geht immer weiter,,, lg

Lieber „Dominik“,
ja, gelernt habe ich etwas daraus…und zwar, dass man nicht in die Zentrale gehen sollte, wenn man Angst hat, sich etwas anzutun…das nächste Mal, wenn es mir schlecht geht, gehe ich lieber zu Fr. Croft oder zu dir! : )
Und ja…weiter geht es immer irgendwie, da hast du recht…die Frage ist in so einem Moment nur das „Wie“…

Liebe Grüße
von Journey : )

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