Hinweise zum letzten Gedicht…

In meinem Kopf hat es nicht Klick gemacht. Es ist einfach nur etwas ausgegangen. Bzw. ist dieses Etwas nicht für immer ausgegangen. Es kommt jeden Morgen, um mir eins reinzuwürgen. Es klingelt sozusagen an der Tür, wird von mir reingelassen und beschimpft mich dann als Versagerin. Daraufhin setze ich es entweder vor die Tür oder fange eine Diskussion an, bekomme Zweifel, lasse mich erdrücken und warte. Dann verlasse ich doch das Haus irgendwie. So läuft das meistens ab, nicht immer. Sobald ich im Unterricht sitze geht es mir dann wieder besser und das hält relativ lange an. Eigentlich den ganzen Tag.

Am Wochenende ist dieses Etwas dann Dauergast bei mir, lässt sich nicht rauswerfen und tanzt in meiner Wohnung herum, während ich versuche zu lernen. Und das nicht mal erfolgreich. Ich bin froh, wenn ich auch nur die zwei Dinge von dem schaffe, was ich mir vorgenommen habe. Denn leider, leider muss ich auch noch schlafen und die Konzentration ist nicht kontinuierlich. Klingt krank? Ja, das ist es auch. Und trotz den vier Stunden Schlaf im Schnitt leide ich unter Zeitdruck. Stellenweise schlafe ich auch gar nicht. Jede Sekunde, die ich nicht mit etwas Sinnvollem ausgefüllt habe, erschlägt mich, lässt das Etwas größer werden. Aber ich peitsche mich dennoch weiter, denn ich bin mir bewusst, dass ich das Abi sonst nicht schaffe. Andere machen so gut wie nichts, ab und an mal die Hausaufgaben, chillen erst mal ’ne Runde und sehen mich besorgt an, wenn ich denen mit Zeitmangel komme.

Ich habe mal einen Artikel darüber geschrieben, wie die Schüler auf mich wirken. Einerseits sehe ich es immer noch so. Andererseits muss ich an dieser Stelle aber auch loswerden, dass ich jede Woche einen „Schülerzusammenbruch“ mitbekomme, der zur Abwechslung nicht von mir kommt. Ich bekomme Gespräche im Bus mit, weinende Augen, schlechte Klausuren, psychischer Zusammenbruch, Druck, Leid, Zukunftsängste… Ich leide irgendwie mit jeder Geschichte mit, da ich selbst ja sehr gut mit der Materie vertraut bin. Und mir tut das alles so unendlich Leid. Jedes Schicksal sticht mir ins Herz.

…aber ich kann mir ja nicht mal selbst helfen und mein Lernen vernünftig regeln. Was sollte ich auch tun? Alles aufs überholte Schulsystem schieben? Auf die Lehrer, die sich nicht genug bemühen? Auf die kaputte immer niveauloser werdende Gesellschaft? Irgendwo muss man ja anfangen. Aber ich glaube, hier spielen einfach zu viele Faktoren eine Rolle…jeder hat Schuld. Der Schüler selbst vielleicht auch. Aber nicht in erster Linie. Sein Verhalten, z.B. weniger zu lernern, als er sollte, resultiert ja aus dem Verhalten von etwas anderem…von nichts kommt nichts.

Mein Weg zum Ziel jedenfalls ist mit Sicherheit nicht der richtige. Ich lebe nicht mehr. Ich existiere nur. Ich funktioniere und bin nicht auf Spaß programmiert. Ich beschäftige mich fast nur noch mit ernsten Themen. Ich habe alles ausgeblendet, was mich am Abi hindert. Kleidungsstil und Kneipenszene sind hierbei die Dinge, deren Verzicht mich am tiefsten getroffen hat. Aber…irgendwie nun auch nicht mehr. Ich bin emotional abgestumpft.

Meine Existenz, mein „Ich“ (das ich entwickelt habe), mein Stil und meine Liebe zum Detail haben am Ende in nicht mehr als einem Umzugskarton platz. Kleider, Röcke, schöne Strumpfhosen, Schminke und Schmuck werden aus meiner jetzigen Welt verbannt.

Und bei jedem Kleidungsstück, das ich vom Bügel abgehängt habe, kam mir ein Zitat ins Gedächtnis, ein Mensch, den ich liebe und mit dem ich einen Abend verbracht habe, die Abenteuer, Gespräche,…alles, was nicht mehr ist, hat mich als Gedanke erschlagen. Und alles wird nie wieder so sein. Es gibt keine Lebensgeschichten mehr, kein interessantes Leben (zumindest keines mit sozialen Interaktionen). Es geht nur noch ums nackte Überleben…vielleicht dramatisiere ich. Aber ich sehe es so. Und ich müsste lügen, würde ich behaupten, dass kein Schmerz, keine Leere in mir durch all das Abschließen mit Vergangenem entsteht. Das Nichts breitet sich über etwas aus, das mal ein Teil von mir war. Der größte sogar.

Und ich konnte beim Kleiderschrank ausräumen der Flut nicht standhalten. Sie riss mich mit in die Tiefe. Für einen Moment. Dann habe ich es wie in letzter Zeit öfters gemacht: Ich stand auf, suggerierte mir ein, dass das alles Quatsch sei und nichts eine Bedeutung habe, außer eben jene Bedeutung, die ich der Sache schenke…und machte weiter. Es stellt sich mir hierbei die Frage, ob sich das Empfinden wirklich so leicht ausblenden lässt, wenn man es sich nur lange genug ausredet…

PS: Das hier ist Artikel Nummer 400…

Posted by Journey

Kategorie: Allgemein

Autor: Journey

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