Das erste Gespräch

Gestern hatte ich ja mein erstes Gespräch in dem Architekturbüro, bei welchem ich mich via Telefon/Mail für eine Ausbildung beworben hatte. Alles in allem glaube ich, dass es ganz gut lief und dass ich keinen schlechten Eindruck hinterlassen habe. Ich hatte auch das Gefühl, dass Frau X. (die Frau des Chefs) mit der ich mich unterhalten habe, mein Engagement, meine Motivation und meine akribische Planung zu diesem Vorhaben beeindruckt haben. Und ich hatte wohl das richtige Gespür, denn obwohl sie (noch) keine Ausbildungsstelle ausgeschrieben haben, wollen sie im nächsten Jahr wieder ausbilden. : )

Ich verstand mich auch auf Anhieb mit ihr und fühlte mich in dem Haus sehr wohl. Die Ordnung, für die sie dort gesorgt hatte, empfand wiederum ich als unglaublich toll und beeindruckend. Nichts lag herum, alles hatte seinen Platz und am Abend waren durch ihr spezielles System alle Tische leer, frei von Kram. Das war das komplette Gegenteil vom Fotostudio, an dessen kreatives Chaos ich mich jedoch ebenfalls in den letzten Jahren gewöhnt hatte. Für mich mit meinem AD(H)S mit meinen kleineren und größeren (Ordnungs-)Zwangsstörungen war jedoch so eine strukturierte Umgebung ein echtes Highlight. Bei mir zu Hause ist es ja ähnlich. Es gibt bestimmte Dinge, die zwar rumliegen müssen, wie z.B. Tagespläne oder Stifte und Schreibkram an diversen Stellen. Aber selbst die sind entweder gut versorgt oder versteckt und fallen daher kaum auf. Ich weiß, dass ich mich an Chaos anpassen und mit ein wenig Unordnung leben kann, aber für mich persönlich bevorzuge ich die Ordnung. Wenn alles seinen Platz hat und verräumt ist, schafft das auch unglaublich viel Raum im Kopf.

Als Frau X. mir das Haus zeigte, waren alle Räume ordentlich, selbst der Server-Plotter-Technikraum kam mir total aufgeräumt vor. Zusammen mit den sehr hohen Decken schaffte das einen unglaublichen (Frei)Raum, in dem man atmen konnte.
Sie hatten erst kürzlich das Haus komplett renoviert und da ich wusste, dass mein Bruder mit seiner Frau ebenfalls bei der Einweihung waren und gut mit ihr und ihrem Mann befreundet sind, erwähnte ich an dieser Stelle auch, wer ich bin. Sie war daraufhin etwas überrascht, aber dann wurde ihr auch klar, dass man von meiner Bewerbung und meinem Nachnamen zumindest herleiten konnte, dass ich mit dem gleichnamigen Farbenladen, den mein (Halb-)Bruder von meinem Vater übernommen hatte, etwas zu tun haben könnte.

Ein paar Mitarbeiter lernte ich bei der Hausführung auch kennen, wobei ihr Mann und ihr Sohn fehlten, da sie auf einem Außentermin waren. Sie wollte den Termin aber nicht noch mal verschieben, wofür ich ihr auch dankbar war. Wir werden uns aber dann alle nochmal im Januar zusammensetzen.

Das Gespräch tat insgesamt richtig gut. Vieles ist mir dadurch klarer geworden und ich weiß nun auch definitiv, wie die Ausbildung verlaufen wird und welche Optionen wegfallen. So ist es in der Bauzeichnerausbildung tatsächlich so, dass das erste Jahr rein schulisch stattfindet. Es ist wohl eine Art „Praktikumsjahr“, bei dem man verschiedene handwerkliche Fähigkeiten erlernt. Da es schwierig ist, das mit den einzelnen Betrieben (Schreiner, Maurer,…) abzustimmen, macht man das eben schulisch in der Berufsschulwerkstatt an vier Tagen. Den fünften verbringt man dann in dem Betrieb, in dem man dann das zweite und dritte Lehrjahr absolviert. Man lernt in dieser Zeit auch die wichtigsten Inhalte, viel mehr als später an den ein bis zwei Tagen in der Woche an der Berufsschule.
Da ich in dieser Zeit gar kein Einkommen haben werde, bin ich auf BAföG angewiesen. Das sind zwar nur 666 €, aber immerhin bin ich in der Zeit krankenversichert. Das klingt jetzt ziemlich krass, aber es wird durch meine Ersparnisse und meine sparsame Lebensweise nicht ganz so hart werden. Außerdem weiß ich ja durch meine genauen Berechnungen bereits, dass ich die ein bis zwei Folgejahre auch überstehen werde, ohne ins Minus zu geraten. So wie ich mich kenne, werde ich mich natürlich trotzdem extrem zusammenreißen und NOCH genauer darauf achten, wofür ich mein Geld ausgebe. Ein paar Dinge werde ich demnächst streichen (Netflix, Audible, Vereinsbeiträge). Meine Nebenkosten und meine Stromkostenabschläge habe ich sehr hoch gesetzt oder so hoch gelassen (obwohl Observer ja nicht mehr so oft da ist), damit es da unter keinen Umständen zu Nachzahlungen kommen wird. Vielmehr bekomme ich mehrere hundert Euro zurück, auch wenn die Inflation anhält und er mich gelegentlich besucht. Allgemein habe ich die Inflation mehr oder weniger mit eingerechnet und bewege mich in einem relativ „lockeren“ Raum.

Frau X. und ich haben auch über eine mögliche Lehrzeitverkürzung gesprochen und sie fragt diesbezüglich bei der IHK nach. Da der Betrieb wohl auch in der Ausbildung ziemlich gut zahlt, würde mich das noch mal etwas entlasten. Wobei ich auch gemeint habe, dass meine Rechnung auch mit dem Azubi-Mindestgehalt funktioniert. (Wer mich gut kennt, der weiß, dass mir ein gutes Arbeitsklima und liebe Menschen um mich herum weitaus wichtiger sind als viel Geld. Überleben will ich, ja, und das sollte auch die Grundlage bilden, aber zu einem guten Leben gehört für mich einiges mehr…)

Eine weitere offene Frage ist jene, ob ich nicht doch eine Umschulung machen könnte. Ich muss zugeben, dass ich so fixiert auf den Weg der zweiten Ausbildung war, dass ich daran gar nicht so sehr gedacht habe. Nach etwas Recherche ist mir nun auch klar, warum. Meine zuständige IHK hat mich diesen Weg nämlich verwerfen lassen, da sie kaum Information dazu auf ihrer Website hat. Erst jetzt beim Googeln habe ich festgestellt, dass das nicht auf alle Industrie- und Handelskammern zutrifft und andere zwar nicht wesentlich mehr Informationen haben, aber dafür ersichtlich ist, wer überhaupt der richtige Ansprechpartner ist. Ich habe dann irgendeine Frau meiner IHK angeschrieben, die bei einem Beitrag hinterlegt war, der von einer erfolgreichen Umschulung berichtet hat.
Mir ist durch die Suche nach Antworten mal wieder bewusst geworden, wie schwierig es ist herauszufinden, ob man für etwas die passenden Voraussetzungen erfüllt und was da alles mit dranhängt… ich finde so was sehr gerne selbst heraus, scheitere aber auch gelegentlich bzw. muss mich dann doch durchfragen. Im Idealfall bin ich dann gleich bei der richtigen Person im richtigen Amt, aber manchmal eben auch nicht und dann muss ich mich woanders wieder durchfragen. Parallel habe ich also auch mal meinen netten Vermittlungsberater vom Arbeitsamt angeschrieben.
Viel Hoffnung habe ich ehrlich gesagt nicht, was diesen Weg angeht, aber es ist nicht verkehrt, doch noch mal nachzufragen. Je nachdem, wie die Finanzierung aussieht, könnte ich auch noch von meinem jetzigen Weg abweichen. Wären die Verluste für mich jedoch zu groß, wovon ich ausgehe, bleibe ich lieber dabei mit 34 noch mal eine zweite Ausbildung zu machen mit knapp 16-jährigen Mitschülern. : D Ich bin aber auch gespannt auf diese Erfahrung! Menschlich und schriftstellerisch wird sie mich gewiss weiterbringen und prägen, ebenso wie all die „Bautiger“, denen ich so begegnen werde. : )

 

Obwohl das Gespräch so gut verlief, werde ich mich übrigens noch weiter bewerben. Sicher ist sicher! Ebenso sollte ich glaube ich mal bei meiner anderen persönlich abgegebenen Bewerbung nachhaken… es ist ja nun auch schon zwei Wochen her.

Posted by Journey

Kategorie: Allgemein

Autor: Journey

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