Zu viele Nachrichten. Zu viele Reize. Zu viel Verschwörung hier und Gegner da. Zu viel angebliche Wahrheit. Zu viel angebliche Lüge. Zu viel Unsicherheit. Zu viel hinter Sarkasmus versteckte Emotionen. Zu viel Rechthaberei. Zu viel Hass. Zu viel Spaltung. Zu viel Unausgesprochenes. Zu viel Ausgesprochenes ohne eine Konsequenz des Handelns… viel zu wenig Erklärungen von irgendjemandem, dem man noch trauen kann…
Soll ich mein Fleisch im Bioladen kaufen oder tut’s auch das von Aldi? Oder werde ich lieber gleich Veganer? Fahre ich mit dem Fahrrad oder nehme ich das Auto?
Klimawandelleugner oder ______ (hier fehlt mir das passende Wort/Antonym)?
AfD-Wähler oder linksgrünversiffter Gutmensch?
Kapitalist oder Sozialist?
Coronaleugner oder CovIdiot?
Impfgegner oder Impfbefürworter?
Ja, wir Menschen scheinen uns aus einem inneren Trieb heraus irgendwie gezwungen zu fühlen, uns zu entscheiden. Zu selektieren. Zu Priorisieren. Ein Weltbild anzunehmen macht es ja auch leichter. Schließt ja schon mal den Rest aus. (Wie kann man denn auch gleichzeitig auf zwei Seiten der Medaille sehen!?)
Wenn ich im Internet unterwegs bin, frage ich mich oft, woher manche Menschen eigentlich die Sicherheit nehmen, dass ihre Meinung und Sicht auf die Welt die einzig richtige ist…
Klar bestätigt sich etwas, wenn man danach sucht und sich dann auch noch in entsprechenden Kreisen bewegt. Aber warum bekommt es der Geist eines Menschen nicht hin, nach dem expliziten Gegenteil zu suchen und wirklich ein „Hinterfragen“ zuzulassen, obwohl er „alle Fakten gecheckt“ hat? Warum kommt der Mensch kognitiv nicht damit zurecht, dass es nicht nur (s)eine Ebene gibt? Warum neigen wir Menschen dazu, uns auf eine Sache krass zu versteifen? Und warum ist das bei manchen richtig extrem?
Eine mögliche und sehr treffende (wenn auch auf den ersten Blick etwas schwer verständliche) Erklärung dazu habe ich in einer Nachricht vom „Pinsel“ gefunden, den ich hier bisher kaum erwähnt habe, weil es damals auch nie zu einem Date gekommen ist und die Themen, über die wir geschrieben haben, auch zu abstrakt und komplex waren…
Er schrieb:
„Unsere heutige ‚westliche‘ Welt bürdet vielen von uns eine durch steigende Varianz und Menge/Zeiteinheit an Informationen immer schneller bzw. mehr sondieren müssende Wahrnehmung und Reaktion bzw. Verarbeitung auf. Das bedeutet zu entscheiden. Jeder Mensch kann täglich aber nur ‚produktiv‘ eine begrenzte Menge an Entscheidungen treffen… und wenn ihm bewusst möglich, steckt er seine Entscheidungskraft erst mal in von ihm präferierte Entscheidungen… aber was ist mit dem Rest? So kommt es schon mal bei vielen meiner Mitmenschen zu einer Polarisierung in der Wahrnehmung und Verarbeitung des wahrgenommenen; entweder als Schutz- und Ressourcensparfunktion, oder schlichtweg als Unlust aufgrund erschöpfter Entscheidungskraft, welcher man ja auch beim Nachdenken bedarf.“
Er hat dieses für Menschen typische Schwarz-Weiß-Denken sehr kritisiert, worin ich im absolut recht gebe (auch wenn ich natürlich schon so meine Tendenzen habe…).
Was ich an dieser Stelle auch sehr schlimm finde ist die Sache mit den Vorurteilen. Gegen Männer (sind ja eh alles untreue Arschlöcher!), gegen Frauen (hysterische Weiber!), gegen LGBTQ+ (voll unnatürlich!), gegen Ausländer (alles Mörder!) etc.
Ebenso schlimm finde ich es, diese „Pauschalisierung“ an einer Person vorzunehmen. Menschen verhalten sich manchmal doof, ja. Auch öfters. Aber das bedeutet nicht, dass sie immer scheiße und grundsätzlich Arschlöscher sind, nur weil sie dir persönlich durch welche Umstände auch immer Leid zugefügt haben. Es ist einfacher, es so zu sehen, ich weiß. Aber oft entspricht das nicht der Wahrheit. Das traurige dabei ist: Irgendwann kannst du auch nichts anderes mehr sehen, als das Arschloch in ihm/ihr… (Das ist überraschend häufig in Beziehungen zu beobachten… meist steckt dahinter unausgesprochener oder ungehörter Frust, der gleich in Ärger übergeht und sich direkt am anderen entlädt, der natürlich entsprechend reagiert.)