Von nichts zu alles und über alles zu gar nichts…

Fachidiotie! Das ist momentan mein Lieblingswort. Im Normalfall beschreibt es die Menschen, die nur das passende zu ihrem „Fach“ lernen, aber nicht weiterdenken. Für mich beschreibt es zusätzlich diese Menschen, die Abiturienten einen höheren Wert zuschreiben, als allen anderen. Da muss das Abi noch nicht einmal gut sein, Hauptsache AbiAbiAbi…zählt eigentlich in dieser Gesellschaft noch Talent? Oder (emotionale) Intelligenz? So wie es scheint, zählt hier gar nichts mehr… Der Mensch wird in Noten gemessen und was er aus sich macht ist sein Problem. Hat er keine guten Noten, so kann er auch nichts aus sich machen. Ob er ein Talent hat, interessiert keinen. Es wird nicht gefordert und es ist bei allem, was man macht, „unnötig“. Es geht nur um den Stoff…

Und so kommt es dazu, dass ein winziger Luftstoß einen Tornado verursachen kann. Da kann ein Wort, eine Geste, ein Blick einen in einen unergründeten, wie es scheint, nie endenwollenden Abgrund stoßen. Aus Vorurteilen, Selbstvorwürfen, Selbsthass und Zweifel.

Ich denke zwar Tag für Tag daran zu schreiben und nur für das Texten zu leben, aber leider reicht das nicht aus, wenn diese Texte wenige bis keine Leute interessieren. Irgendwie fehlt das und entzieht es jeglichem Sinn. (Momentan geht es mit dem Bloggen, da ich aus heiterem Himmel viele Besucher habe und sich damit auch mein Blog-Rank erhöht hat.)

Aber wie ich in der Schule schreibe, interessiert letztendlich keinen bis auf meinen Pädagogiklehrer ein bisschen. Doch meine Deutschlehrerin interessiert sich nicht dafür, was mich einerseits stutzig macht und meine Texte mit Zweifeln übersät; andererseits aber kommt mit aufgrund dessen das Gymnasium wie eine Stätte der Fachidiotie vor. Vielleicht mag ich ja dabei auch im Unrecht liegen… Doch wer liest denn heute noch Bücher? Wer schreibt denn heute noch einen Text, der über die paar Zeichen einer SMS hinausgeht? Kann ich mir vielleicht schon jetzt die Kugel geben, weil ich einsehen muss, dass ich einen Weg gewählt habe, der schlicht und einfach nicht machbar ist? Ist schreiben nichts mehr wert in dieser Welt voller Zombies?

Letztendlich lasse ich mich von meiner Umgebung fertig machen. Von Freunden, die meine Texte nicht verstehen oder gar nicht erst lesen. Von Eltern, denen es egal ist, was ich mache, wie ich denke und vor allem wie ich das formuliere. Von Lehrern, denen ihre Schüler im Grunde egal sind. Sie spulen nur ihr Programm ab. Wer nicht mitkommt, wird gebeten zu gehen.
Ich muss Tag für Tag einsehen, dass alles, was ich mache nur für mich im Stillen einen wert hat. Es ist ja auch verständlich, aber es zieht mich trotzdem runter. Weil ich erlebt habe, dass Leute auch noch dankbar und stolz sein können… Doch auf dem Gymnasium wird einem nur gezeigt, was man alles nicht kann.

Erst kürzlich hatte ich mit dem Rektor meiner letzten Schule ein kurzes, aber aussagekräftiges Gespräch zwischen Tür und Angel. Er musste von der einen in die andere Besprechung, hat sich aber kurz Zeit genommen und mich gefragt, wie es denn so auf dem Gymnasium sei. Ich meinte, es sei ganz anders und jeder sei dort quasi sich selbst überlassen. Der Unterricht wird abgespult und das war’s zum Teil. Auf die Schüler an sich wird nicht wirklich eingegangen. Und was man eben nicht auf Anhieb kann, ist jedem sein Pech, weil man fast keine Zeit hat, sich alles einzupauken. Mit der Zeit fehlt einem dann die Motivation; die Freude, wenn man etwas gut gemacht hat. Und irgendwann fehlt sogar der Drang etwas lernen zu wollen, weil man es sowieso nicht kann. Es sind nur die Zweifel übrig, die ständig klopfen und dafür sorgen, dass man seine gesamte Intelligenz aufgrund des Vergleichs mit anderen infrage stellt.
Mein Rektor war auch der Meinung, dass der Unterricht an den Gymnasien zu trocken sei und keiner auf den anderen Rücksicht nehme. Es gibt kein Konzept, wie bei ihm, dass einen zum Lernen und zur Selbstfindung animiert. Es gibt einfach kein Erfolgserlebnis bzw. man kann auf sich selbst gar nicht mehr stolz sein, weil es entweder gar keine Bestätigung oder nur schlechtes zu hören gibt.

Tag für Tag muss ich mir den hochgestochenen Sarkasmus meiner Lehrer anhören, der im Grunde nur das Negative verpackt. Das bringt die Schüler vielleicht Ansatzweise zum Lachen, aber im Grunde sagen Lehrer uns Tag für Tag, dass wir doch gar nicht lernen wollen und nichts können. Sie zeigen uns die Verzweiflung des Lebens und schmeißen uns zudem alle in einen Topf. Daraus entsteht dann ein negatives Klima, dass den Schüler an sich wertlos erscheinen lässt.

 

Was ich allerdings höchst beleidigend und in keinem Maße witzig finde ist Comedy im Fernsehen (ich habe gestern gezwungenermaßen Fern gesehen), die besagt, dass die Gymnasiasten nur Amok laufen, weil sie im Gegensatz zu Hauptschülern Abschiedsbriefe verfassen können.
In was für einem Klima wir arbeiten müssen und was wirklich Tatsache ist, ist denen im Fernsehen doch egal. Ist den Lehrern egal, ist jedem egal. Hauptsache man hat einen super Abschluss, was krank ist, da dabei die Werte drauf gehen. Schüler werden aufgrund ihrer Noten eingeschätzt und wer schlechte Noten schreibt, kann ja nichts und ist ein schlechter Mensch? Wie soll man denn da auch etwas Produktives zustande bringen?

Mittlerweile wünsche ich mir, dass ich nach der Haupt- bzw. Werkrealschule angefangen hätte zu arbeiten…aber die Erfahrung hier werde ich auch machen müssen. Und wer weiß, vielleicht ziehe ich das letztendlich doch durch mit einem Viererschnitt und halte so eine Abschlussrede, dass die ganzen Schüler und Lehrer nicht mehr glücklich werden. Aber einer muss auch mal die andere Seite der Medaille sehen.

Abi = besser, als alles andere? – Von wegen!

Posted by Journey

Kategorie: Allgemein

Autor: Journey

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