Das Pädagogikbuch, die Erziehung, der Fernseher, der Widerspruch und ich…

Ich weiß nicht so recht, ob es einer Schülerin gestattet ist, ihrem Lehrbuch zu widersprechen. Aber da mein Pädagogikbuch bisher immer ganz okay war und alles Darinstehende für mich nachvollziehbar war und mich immer schön zum Nachdenken über mein Leben gebracht hat, werde ich nun einmal revidieren. Und zwar über die Medien in der Erziehung. Ein herrliches Thema, wo ich doch das Fernsehen und die Suggestion so liebe…

Mit Sicherheit bringen die Medien den Kids vieles näher, genau so wie sie den Erwachsenen vieles näher bringen können. Aber bei einem Kind, das zum ersten Mal Gewalt im Fernsehen sieht (und das wird es irgendwann) muss sich doch etwas Psychisches im Gehirn festsetzen! Es mag vielleicht denken, dass das toll ist. Eben die Realität. Und es wird sich genau so benehmen wie seine Fernsehhelden. Das setzt sich wohl oder übel im Kopf fest…

Und deswegen streiten sich auch die zwei Jungs – ich nehme einmal an, es sind Fünftklässler – über Counterstrike und GTA im Bus und beschimpfen Peter Maffay als etwas, das ich zum Glück nicht mehr weiß. Und deswegen streiten sie sich auch darüber, bei welchen Beleidigungen gegenüber Polizisten man mehr Kohle blechen muss…traurig, diese Gesellschaft! Ausnahme? Wohl kaum…

Mal ganz ehrlich: Die meisten Eltern haben doch irgendwann den Punkt erreicht, an dem sie ihr Kind vor dem Fernseher parken, damit sie auch mal eine Sekunde Ruhe haben. Dass Kinder anstrengend sind, wird wohl jedem bekannt sein. Viel Arbeit, viel Geld, viel Zeit. Aber das hätte man sich auch vorher überlegen können. Denn mit schlechten Sendungen fördern diese Eltern die noch schlechtere Gesellschaft… Ein vermutlich unbewusster Teufelskreis.

Wie war das eigentlich bei mir früher? Sicherlich habe ich Pokémon, Sailor Moon und das ganze Zeug gesehen, aber Tabaluga, Tom&Jerry, Calimero und die ganzen frühen Comichelden würde ich auch nie vergessen. Und was läuft heute für Kinder im TV? Teletubbies und irgendwelches ins Lächerliche gezogenes, was schon an Beleidigung gegenüber dem menschlichen Verstand grenzt. Und damit meine ich nicht nur die Kinderserien. Von den Sendungen für „Erwachsene“ will ich gar nicht erst anfangen, sonst werde ich mich wieder einen ganzen Blogeintrag lang darüber echauffieren.

Ich werde meinem Kind mit sechs sicherlich nicht die Tageszeitung aufs Auge drücken, aber ein bisschen Wissensförderung in jungen Jahren wird doch wohl noch gestattet sein. Mist kann es nebenher immer noch machen und  Fehler und daraus lernen.

Ich behaupte jedenfalls, dass Medien in der Erziehung nicht unbedingt sein müssen. Da würde ich meinem Kind wenn überhaupt lieber die Medien in Form von Büchern vorlesen und vielleicht noch etwas anderes in die Hand drücken. Aber kein Gesellschaftsspiel. Irgendetwas zum selbst beschäftigen, da es das auch lernen muss. Später ist man jedenfalls auf sich alleine gestellt und muss so oder so einsehen, dass alle auch zu zweit alleine sind…

Aus dem Unterricht gestern habe ich außerdem noch entnommen, dass es Stolpersteine in der Erziehung gibt. Und ich denke der größte davon ist das Umfeld vor der Haustür. Mit Sicherheit kann kein Kind erzogen werden, wenn es von anderen Menschen und der bösen grausamen Welt da draußen isoliert wird. Denn das ist nun mal Leben und die „grausame Welt“ eine Tatsache. Und da Kinder naiv und neugierig sind, rennen sie auch zu strangen Männern mit Bonbons…nur, was ist gut und was ist böse? Und wie bringt man das einem kleinen Kind bei, dass noch nichts von Vergewaltigung, Mord, Terrorismus und Steuern weiß? Wie bringt man einem Kind das alles langsam und schonend bei? Womöglich auch noch so, dass es das auch versteht und es überhaupt ankommt…

Aber ich verstehe das Leben doch selbst nicht. Wie könnte ich ein Kind mit meinem philosophisch-relativen Denken etwas beibringen? Ich traue mich gar nicht einmal mit Kindern zu reden…da mache ich dann nur was kaputt und verwirre es…

Fragt sich nur, wie man dann die „goldene Mitte“ zwischen schlechten Nachrichten und dem „Leben“ vermitteln soll. Natürlich soll ein Kind Spaß haben und von mir aus auch eine Playstation besitzen. Aber es soll auch wissen, dass die Welt nicht immer so schön farbig wie bei den Sims auf der Konsole ist.

 

Ich muss mir wohl abgewöhnen mir täglich zu sagen, dass ich keine Kinder will. Denn in Pädagogik muss ich mich in mehrere Lagen hineinversetzen. Aber trotz allem würde ich mein Kind nie angemessen dieser Gesellschaft erziehen, sondern immer anstreben, dass es selbstständig denkt und es somit merkt, dass es sich nicht anpassen muss. Mag sein, dass es dadurch so wird wie ich. Dass es mehr denken als leben wird. Aber immerhin würde es etwas bekommen, was ich nur unzulänglich bekommen habe. Und zwar Verständnis. Weil ich selbst weiß wie das ist, wenn man irgendwann aufgibt mit den Leuten zu reden. Wenn man sich irgendwann schwört, dass man nichts mehr über sich preisgeben wird, da man sowieso nur gesagt bekommt, dass alles nur Einbildung oder Quatsch ist. Aber am schlimmsten ist es, wenn sie sich nicht einmal die Mühe machen überhaupt etwas zu sagen.
Und das werde ich meinem (momentan imaginären) Kind ersparen.

Das ganze Thema „Kinder zum Nachdenken erziehen“ erinnert mich nun merkwürdigerweise an die Mutter von Marcus aus dem Buch „About a boy“ von Nick Hornby. Sie hat auch immer versucht ihr Kind von allen bösen Markensachen, Anpassung und den ganzen gesellschaftlichen Normalitäten zu retten. Nun gut, sie war sehr depressiv und wollte am liebsten tot sein… Die Welt war einfach nur schlecht für sie… Und das übertrug sie sozusagen auf Marcus. Er verlor somit immer in langen Diskussionen und die Mutter behielt so lange recht, bis Markus lernte, wie man gegenargumentiert. Ein interessantes Buch mit viel Interpretationsspielraum…

Ich kann mir schon denken, dass die Mutter ihrem Sohn sogar sehr gerne ein Leben und Spaß mitgegeben hätte. Aber da sie sich selbst so ein Leben nicht vorstellen konnte, ging das natürlich nicht. Genauso wenig kann man Liebe weitergeben ohne sie selbst bekommen zu haben. Das hört sich extrem an, ist aber meine Meinung. Und die darf ich hier zum Glück äußern. In schriftlicher Form fällt mir das aber auch leichter als mündlich im Unterricht…

Posted by Journey

Kategorie: Lerntagebuch

Autor: Journey

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