Von Infernos und einigen Dingen, die ich an mir mag…

Heute morgen bin ich definitiv besser aufgewacht als gestern. Gesten war ein sehr anstrengender Tag, weil durch eine andere Interpretation meines Testament-Textes etwas entflammt ist, das sich durch weitere Äußerungen meinerseits zu einem Inferno entwickelt hat, was ich aber erst realisiert hatte, als es zu spät war und was mich daher vollkommen aus dem Nichts getroffen hat.
Mittlerweile ist der Brand aber gelöscht, viele Missverständnisse wurden aufgelöst und ich bin wieder deutlich positiver gestimmt.

Dennoch hat mich dieses Ereignis zum Nachdenken darüber gebracht, wie wenig wir einander doch manchmal kennen… und wie schwierig es sein kann, die Sicht des anderen zu sehen, wenn man von seinen eigenen Gefühlen geleitet wird. Ebenso schwer ist es, uns von den Bildern zu lösen, die wir voneinander im Kopf haben. Ich hatte dieses Phänomen ja schon einmal beschrieben in meiner Metapher über das unbeschriebene Blatt.

Diese Gedanken haben mich wiederum zu der Frage geführt, wer ich eigentlich bin und wie ich sein und wahrgenommen werden will.

Meine Identität hat sich ja in den letzten 13 Jahren, in denen ich diesen Blog führe, unglaublich stark verändert, weiterentwickelt. Und ich mag diese Richtung!

Ich mag mich, wenn ich mich nicht über andere stelle. Wenn ich nicht bei anderen Leuten sofort „Arschloch“ denke und ihnen die Schuld gebe, sobald ich mich von ihnen verletzt fühle, sondern das Gefühl in mir wahrnehme und anderen eingestehe, dass sie ihre Gründe haben so zu reagieren.

Ich mag mein Bestreben, ein guter Mensch sein zu wollen und gutes von anderen zu denken. So mag ich auch meine Art ruhig zu bleiben, auch wenn man mich eigentlich angreift.

Ich mag mich, wenn ich sehe, wie gut ich eigentlich klar komme, obwohl beinahe jeder mir signalisiert, dass das eigentlich unmöglich sein müsste. Ich mag meine Bescheidenheit in diesem Zusammenhang, die nichts mit Verzicht zu tun hat. Denn mir geht es verdammt gut damit und das heißt nicht, dass ich mir nichts gönne. Ich gönne mir nur eben andere Dinge…

Ich mag es, alles und nichts sein zu können… In vielem auch das komplette Gegenteil von dem, was man von mir erwarten könnte. Aber in den grundlegenden Dingen, die ich jetzt hier aufgezählt habe, bin ich nie das Gegenteil, denn die sind mir wichtig und ansonsten würde ich mich nicht mögen…

Und ich weiß, dass ich mich trotz allem definitiv nicht immer mag, dass ich keine Heilige bin und mir nicht immer alles so reibungslos gelingt, wie ich mir das mit meiner Harmoniebedürftigkeit wünsche. Meine Leser wissen ebenso, dass es eine Menge Dinge gibt, die ich an mir so  gar nicht mag und für die ich mich oft genug verurteile…
Aber es ist vielleicht auch mal ganz gut, auch die positiven Dinge schriftlich festzuhalten und sich darüber Gedanken zu machen, was man eigentlich für ein Mensch sein will.

 

Ich mag diesbezüglich auch die Frage, die der Soziologe Harald Welzer immer wieder stellt:

Wer will ich gewesen sein?

 

Und, wer wollt ihr gewesen sein?

Posted by Journey

Kategorie: Allgemein

Autor: Journey

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1 Kommentar        

Es ist vermutlich gar nicht so ungewöhnlich, dass sich Menschen, die einander sehr nahestehen (z.B. Familie, enge Freunde usw.) gar nicht mal so gut kennen, wie man vielleicht annehmen möchte. Verallgemeinern lässt sich das sicherlich nicht, statistische Erhebungen dazu sind mir nicht bekannt, es ist aber mein persönlicher Eindruck, auch zum Teil aus eigener Erfahrung. Vielleicht liegt es daran, dass z.B. Familienbande keinen dauerhaften persönlichen Kontakt ersetzen können, Kinder verlassen irgendwann das Elternhaus und entwickeln sich weiter, die Geschwister und Eltern ebenso. Andere Dinge und andere Menschen fordern nun Aufmerksamkeit, die Zeit vergeht und man bekommt nur noch anteilig die Veränderungen mit, wenn überhaupt. So bleiben bestenfalls die Dinge im Kopf, die einst gültig waren, irgendwann einmal vor langer Zeit. Dinge, die vielleicht längst nicht mehr Teil der Gegenwart sind. So ist es denn wohl auch nicht überraschend, wenn enge Freunde und Bekannte, vielleicht auch Arbeitskollegen und Freunde vom Sport usw. einen viel besser kennen, einfach weil viel mehr Kontakt besteht und ja, manchmal auch ein sehr viel innigeres Vertrauensverhältnis, das die notwendige Nähe zulässt, einander richtig gut kennenzulernen.

Das Gute an solchen Konflikten ist vielleicht, dass sie auf diese Umstände aufmerksam machen können, was dann allen Beteiligten wiederum die Chance für ein „Update“ gibt.  😉  

 

Wer möchte ich gewesen sein? Tja, das erinnert mich ein wenig an das Gedankenexperiment, wo man sich überlegen kann, was wohl die Trauergäste über einen sagen würden, wenn man seiner eigenen Beerdigung beiwohnen könnte. Ich finde die Frage selbst gar nicht so einfach zu beantworten, denn das führt mich zu einer anderen Frage: Wird sich mein Schicksal so oder so auf die eine oder andere Weise erfüllen oder ist Schicksal das, was ICH im Rahmen meiner Möglichkeiten lebe? Woran kann ich das eigentlich festmachen, dass ich mein Leben tatsächlich selbst bestimmt habe? Ok, mal angenommen, ich kann mein Schicksal tatsächlich selbst in die Hand nehmen, gilt es dann, den Sinn des Lebens irgendwie zu erfassen und entsprechend zu leben oder ist der Sinn meines Lebens der, dass ich etwas aus MEINER Sicht Sinnhaftes tue? Wie frei bin ich eigentlich in meinen Entscheidungen, innerhalb einer vernetzten, globalisierten Welt, innerhalb kulturell und geschichtlich geprägter Gesellschaften?

Ich würde im Augenblick sagen, dass ich mir wünsche, irgendwann einmal das Gefühl zu haben, nicht umsonst gelebt zu haben und vor allem nicht solche Dinge bedauern zu müssen, die ich gerne getan hätte aber nicht getan habe, obwohl vielleicht die Möglichkeit und die Zeit dafür gewesen wären.

Die einzigen „Fußstapfen“ die ich hinterlassen möchte, sind die in den Herzen derer, die mir nahestanden, die mir etwas bedeutet haben und denen ich etwas bedeutet habe.

Ich möchte die unglaubliche Schönheit dieser Welt sehen und bewundern, nicht aber konsumieren oder gar zerstören.

 Ich möchte die Grenzen meiner Freiheit respektieren, wenn sie die Grenzen der Freiheit anderer Menschen berührt, weil ich mir dasselbe von ihnen wünsche.

Ich möchte ganz viele Fragen stellen, denn wer nicht fragt, bleibt dumm. Ein wenig Weisheit wäre toll, bis ich gehen muß,  vielleicht gehört das ja zu den Dingen, die man später mitnehmen kann?

Ich möchte diese Welt ohne Schuldgefühle verlassen können, aber mit aller Dankbarkeit, die ihr gebührt.

 

Was macht mich also zu so einer Person, die ich gerade beschrieben habe und die ich gewesen sein möchte? Tja…

 

      

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