Unisex.

Seit zwei Tagen sitzt mir nun mein ewiges Problem wieder stechender im Nacken: Ich bin eine Frau. Wäre ich ein Mann, wäre mein Problem vermutlich, dass ich ein Mann bin. Warum kann ich nicht einfach unisex sein? Geschlechtslos? Altersunabhängig? Mensch? Akzeptiert für das was ich mache und nicht das, als was ich geboren bin?

Ich versuche, mir im Gegenzug vorzustellen, was Männern alles widerfahren könnte, um auf den irrsinnigen Gedanken zu kommen, dass es schrecklich ist, ein Mann sein zu müssen*…leider wird dieser Vorstellungsversuch überschattet von meiner eigenen Unzufriedenheit, eine Frau zu sein. Schlimmer noch: Eine junge Frau zu sein.

(*an die Männer unter den Lesern: Anregungen in Kommentaren sind erwünscht…)

Leidet hier eigentlich irgendjemand so wie ich darunter, als Frau/Mann geboren zu sein und nicht einfach als Mensch?

 

Ich hasse einfach diese Klischees. Und ich hasse die Art von Mario Barth, diese Problematik auch noch zu vermarkten.

 

„Weiber denken anders als Kerle.“ Klar, aber Weiber denken auch anders als Weiber! Und Kerle denken anders als Kerle!

Warum das gesamte Spektrum an eigentlichen Unikaten auf zwei Wörter reduzieren? Warum Frauen fertig machen, weil sie anders denken? Warum ihnen nicht mehr zuhören und zu allem nur noch „Weiber“ sagen? Warum nicht mehr reden, weil jegliches Reden lächerlich weibisch ist? Warum diese ganze Problematik auch noch nähren, indem man Jungs Autos schenkt und Mädchen Puppen? Warum Jungs das Harte beibringen und Mädchen das Weiche mit viel Rücksicht? Warum Männer verurteilen, weil sie ihrer „Männerpflicht nicht nachkommen (was auch immer das sein soll)? Warum ist reden was für Weiber und schlagen/emotionslos sein etwas für Männer?

Warum muss ich als Frau all das mal wieder miterleben (und mal so am Rande gesagt: es trotzdem still hinnehmen wie ein Mann), wobei ich doch einfach nur sagen möchte: Es tut verdammt weh, wenn man mit Männern monatelang für etwas gekämpft hat und dann nicht dabei sein darf, wenn dieser gewonnene Kampf gefeiert wird. Weil ich eine Frau bin? Weil ich 25 bin? Weil ich nichts mehr trinke?

„Es ist halt ein Männerabend.“

Schön, ich bin das nicht! Ich bin nur die emotionale dumme Frau, die jetzt trotzig und zickig sein könnte, bis sie eingeladen wird oder auch nicht. Typisch Weib! Aber stattdessen bin ich trotzdem typisch Weib und heule, denke darüber nach. Und ich hasse mich zusätzlich dafür, dass ich eine Frau bin. (Typisch ich…)

Selbst wenn ich ehrlich sage, wie weh es mir tut, so ausgegrenzt zu werden, bin ich typisch Weib, weil das Reden über Emotionen an sich ja so typisch Weib ist. Und wenn ich trotzdem hingehe, so ganz zufällig, bin ich typisch Weib. Wenn ich mir Strapsen und hohe Schuhe anziehe und mit einer Lesbe hingehe, bin ich immer noch typisch Weib. Sogar wenn ich dabei die Hosen anhabe, mir die Haare abscheide und einen Anzug mit Krawatte anziehe, bin ich typisch Weib.

Ich könnte mir ein Präservativ über den Kopf ziehen und wäre nach wie vor typisch Weib.

Ich könnte mir Tiefkühlpizza machen und diese in der Küche im Stehen von der Pappe essen…oder direkt aus dem Kochtopf mit der Gabel essen.

Ich könnte aufhören nett zu sein und ein emotionsloses und rücksichtsloses Etwas werden. Aber das wäre ja nachtragend. Und das ist typisch Weib.

Und wenn ich mir einen schönen Abend mit „meinen Mädels“ mache, das Gesicht eincreme, Eis aus der Packung futtere, rosa Pussygetränke trinke und dabei über Männerschweine und Chauvinistenarschlöcher ablästere, nebenher zocke, wasauchimmer…ich bin und bleibe IMMER typisch Weib!

 

Ich bin ja so verloren in dieser Welt…

Ich weiß. Es könnte mir alles egal sein. Ist es aber nicht. Denn:

ES.

TUT.

WEH.

…und es zuzugeben ist sinnlos, denn selbst, wenn man mich dann doch mitnehmen würde. Der Schmerz bleibt.

Typisch Weib?

 

Passender Song: Mulan Soundtrack – Sei ein Mann

Posted by Journey

Kategorie: Allgemein

Autor: Journey

«      |      »

4 Kommentare        

Eine Freundin von mir hatte verschiedene Beziehungen, mal mit Männern, mal mit Frauen. Darauf angesprochen sagte sie: „Ich liebe einfach Menschen, nicht Männer oder Frauen.“ Damit hat sie einen Nerv in mir getroffen.

Ich selbst war lange Zeit jährlich mit auf einer Segelfreizeit, die von einer Männergruppe veranstaltet wurde und zu der natürlich nur Männer zugelassen waren. Jahr für Jahr habe ich nicht verstanden, warum diese Männer darauf bestanden, unter sich zu bleiben. Ich habe das oft angesprochen, da mich einmal eine junge Frau gefragt hatte, warum sie denn nicht mit darf, was ich ihr nicht erklären konnte. Ich hörte viele Argumente, die wohl gerade gender-mäßig voll im Trend sind. Ich habe das dennoch nie verstanden und hätte mich echt gefreut, wenn auch Frauen dort gewesen wären – und das nicht zum Anbaggern! Ich habe mich einfach immer wie ein Fremdkörper empfunden in einer ansonsten recht homogenen Gruppe.

Ich finde, die Geschlechter haben es endlich geschafft, die gleichen Rechte für beide zu akzeptieren. Dennoch empfinde ich beide viel zu oft noch als Gegner, und die Mario Barths dieser Welt sind diejenigen, die das fördern, genauso wie Männergruppen oder Mädelsabende.

Und dass das Geschlecht im Pass stehen muss, gehört abgeschafft, denn es darf für gar nichts auch nur irgendeine Rolle spielen!

In homogenen Gruppen geht es mir genauso…du hast es treffend formuliert, dass diese den Unterschied der Geschlechter genauso fördern. Ich habe schön oft beobachtet, dass das Verhalten von Menschen in Gruppen je nach Zusammenstellung komplett unterschiedlich sein kann. Man passt sich wohl manchmal mehr an, als einem bewusst ist…

> dass das Verhalten von Menschen in Gruppen je nach
> Zusammenstellung komplett unterschiedlich sein kann

So ist es.
Und genau das ist ein Argument in der „Männerarbeit“ pro Männergruppen: in homogenen Gruppen geben sich Männer anders, sie sind sie selbst, wenn sie unter ihresgleichen sind.
Ganz ehrlich: ich war mehrfach dabei. Und da habe ich echt nichts Erstrebenswertes angetroffen 🙂
Vermisst habe ich dagegen viel.

Das klingt sehr interessant…Ich glaube, ich wäre auch gerne mal ein Mann in einer Männergruppe. Frauen scheinen unter ihresgleichen irgendwie nicht sonderlich anders zu sein als sonst. Aber vielleicht kenne ich auch zu wenige und das reicht nicht aus, um dies wirklich beurteilen zu können…

Schreibe einen Kommentar