Ich habe ja schon mal geschrieben, dass ich sehr oft sehr große Probleme mit dem Anfangen von irgendetwas habe. Ich schaffe es wirklich, Dinge über Monate hinweg aufzuscheiben wie zum Beispiel die Sache mit meinem Personalausweis: Seit Mitte März ist der abgelaufen und ich habe mir jedes Mal vorgenommen, endlich mal einen neuen zu beantragen. Aber dann würde ich ja noch ein Foto brauchen und außerdem hätte ich mich schon lange ummelden sollen. Naja, wie sagt man so schön? Shit happens…irgendwann bin ich dann doch in einem Akt höchster Motivation zum Rathaus von K. Die Bilder hatte ich schon davor machen lassen bzw. mich mal gezwungen. Das war auch nur eine Sache von 10 Minuten. Und das andere hat auch nicht länger gedauert. Warum war das dann so ein Problem für mich? Keiner weiß es…
Kennt ihr auch solche Situationen? Ihr wisst ja eigentlich, dass es besser ist, wenn man das Unangenehme, das aber getan werden muss, sofort erledigt, damit es vom Tisch ist. Und es muss noch nicht mal etwas extrem Kompliziertes sein, was unmöglich zu bewältigen ist. Aber trotzdem wird weiter alles aufgeschoben. Und am Ende war die ganze Aufschieberei noch nicht mal den ganzen Aufwind wert gewesen, sondern hat alles nur noch aufgebauscht und schlimmer gemacht. Das sagt einem auch jeder gesunde Menschenverstand.
…und dennoch…macht ihr irgendetwas anderes?
Ich habe vor kurzem gelesen, dass dieses Aufschieben sogar Suchtcharakter hat und manche da wirklich ohne Anstoß von außen nicht mehr raus kommen. Das ist also im Extremfall eine ernste Sache. Leute mit ADS, Depressionen, Angst- oder Zwangsstörungen, etc. neigen außerdem eher zum Aufschieben. Das leuchtet mir ein, denn ich habe auch gemerkt, dass das Aufschieben meine Depression verstärken kann. Und je weniger ich hinbekomme, desto auswegsloser erscheint mir die Lage – sprich: Desto mehr wird die Depression genährt. Durch das Aufschieben merke ich also, dass der Berg vor meinen Augen immer größer wird und finde erst recht keinen Anfang und die Folge sind noch mehr Antriebs- und Motivationslosigkeit, die zu totaler Überforderung führen. Man legt sich dann einfach ins Bett und macht GAR nichts mehr…und so zieht sich das immer weiter nach unten, weil man natürlich wieder nichts erreicht hat…ein Teufelskreis…
Soweit so gut. Aber wie kann man sich denn nun helfen, wenn man merkt, dass dieses Aufschieben ein Problem darstellt (und wenn man noch nicht an dem Punkt ist, dass man unfähig ist, IRGENDETWAS alleine hinzubekommen, denn dann sollte man evtl. einen Arzt/Psychologen aufsuchen, weil man da NICHT alleine rauskommt, auch wenn man denkt, dass man es doch locker wieder in den halbwegs normalen Alltag schafft…)?
Als erstes sollte man sich den Gründen bewusst werden, die für das Aufschieben verantwortlich sein könnten. Diese sind zum Beispiel:
* das Fehlen von Arbeitstechniken und die fehlende Organisation, um eine Tätigkeit auszuüben (z.B.: Lernen (in der Schule), Zeitplanung, etc…)
* die Kapitulation vor Angst vor Misserfolgen denn sie lähmt einen regelrecht, etwas zu tun. (z.B. bei Angst vor Referaten. Ich fange dann gar nicht oder erst sehr spät mit der Vorbereitung an, weil ich trotz Redseligkeit Angst habe, vor Menschen zu sprechen. In der Schule war das zumindest so….da war ich total blockiert durch die Note…ich dachte weniger an das Vermitteln…nur daran, ob ich auch gut genug bin…)
Für das Aufschieben ist also eine Art Unfähigkeit verantwortlich, etwas zu tun und eine Entscheidung, die man getroffen hat, auch umzusetzen. Es kann aber auch die Unfähigkeit im Kopf sein, die einem den Antrieb entzieht, irgendetwas zu tun, obwohl man eigentlich dazu fähig wäre..
Aufschieben ist also eigentlich eine Handlungsstörung und man kommt mit Sicherheit nicht sein Leben lang damit durch. Schüler z.B., die dieses Aufschieberei mit den ganzen Klausuren praktizieren und damit auch noch Erfolg haben, werden spätestens im Studium feststellen müssen, dass das dort nicht mehr so leicht geht wie bisher. Vor allem ist es immer auf diesem Wege auch extrem schwer, das richtige Lernen zu lernen, was man für das Studium dringend braucht.
Ich muss zugeben, ich kann’s auch nicht. Ich konnte auf der Realschule nicht lernen wegen dem Mobbing und der „Lebenskrise“. Auf der Hauptschule war ich dann eine der besten, weil alles so einfach war und es mir dadurch extrem viel Spaß gemacht hat zu lernen. Leider hatte ich auf dem Gymnasium dann immer weniger Erfolgserlebnisse und war auch eine andere Art von lernen gewohnt, als die anderen, die alle von der Realschule und dem G8 kamen und…ja…das war’s dann. Aber das Problem ist eben, dass die Aufschieberei des Unangenehmen die Erfolgserlebnisse nicht unbedingt besser macht! Ich habe nämlich aus Überforderung und Angst so einiges vor mich hergeschoben, bis ich mich am Ende nochmal voll reingehängt habe und eine Woche vor der Klausur VOR ALLEN ANDEREN alles beisammen hatte und lernen wollte. Doch ich habe mich so dermaßen unter Druck gesetzt, dass absolut NICHTS von dem Stoff hängen blieb…und dann wieder die Angst zu Versagen, etc…(aber das ist ein anderes Thema.)
Momentan bin ich einfach nur stolz auf mich und auf alles, was ich erledigt und abgehakt habe…auch wenn es nur eine Kleinigkeit ist wie ein Anruf oder etwas anderes…weil ich eben weiß, dass der Anfang bei mir immer so schwer ist…und weil das alles besser ist als nichts. Ich muss nicht ALLES auf einmal machen. Wenn ich zwei Sachen schaffe, die an dem Tag gemacht werden sollten, ist das schon mal sehr gut!
Anmerkung und Tipp:
Es gibt ja nicht nur das Aufschieben, sondern auch das Sich-ablenken-Lassen. Man sollte deshalb am besten immer, wenn man schon mal an etwas arbeitet – und einem ein Gedanke kommt, bei dem man das Gefühl hat, ihn JETZT SOFORT verwirklichen zu müssen – alles aufscheiben, damit die Sache schon mal nicht unnötig blockiert mit der Angst, sie zu vergessen. Der Kopf fühlt sich dann oft freier an und wird nicht mehr so vom Aufschieb-Ablenkungs-Gedanken blockiert. Bei mir klappt das zumindest.
Und To-Do-Listen sind natürlich auch extrem wichtig, um die richtige Zeitplanung zu erlernen!
So, ich hoffe, ihr habt was gelernt und die Psychologen unter euch schreien, wenn ich etwas falsch formuliert haben sollte. Denn meine Basis für den Artikel war nur aus einem Schüler-Gratis-Heft-Artikel über das Studieren und der Rest ist sozusagen Erfahrung und logische Schlussfolgerung.
Ach…
ich vermisse den Psychologie-Unterricht… .__.