Ich hätte… können… sollen… ein Referat vorbereiten. Und zwar über unsere Gesellschaft. Suggerierende Medien, Gewalt, Killerspiele und die untergehende Kultur des Individuums. Eigentlich ein schönes Thema bei dem man viel Argumentationsspielraum hat. Und ich war ein wenig stolz auf mein kleines Brainstorming, das ich während dem Religionsunterricht gemacht habe. Denn in diesem Fach sollen wir das Referat im Laufe des Halbjahres halten.
Leider gibt es dabei nur einen kleinen Schönheitsfehler namens Gruppenarbeit. Ich habe nichts dagegen (gezwungenermaßen) in Gruppen zu arbeiten, habe mir aber sofort gedacht, dass mir mein Thema sowieso keiner abkauft und alle blind durch die Welt gehen. Ich sollte recht behalten…keine Sau denkt letztendlich so wie ich.
Einschränkungen bei den Referatsthemen gab es eigentlich nicht. Nun gut, alle anderen haben sich so Themen wie Prostitution, Kinderarbeit und Beschneidung in der 3. Welt ausgesucht. Ich war da eher wenig von begeistert und habe mir den Kontrast dazu überlegt: Unsere Gesellschaft.
Natürlich kann man die Umstände nicht vergleichen, denn wir zum Beispiel hier in Deutschland haben eine ganz andere Messlatte, was Leid und Glück angeht. Wir sind ganz andere Dinge gewohnt. Da prasseln hochgradig unterschiedliche Kulturen aufeinander. Und deswegen ist – denke ich mal – auch jeder so schockiert, wenn er da runterfährt und sieht, welche Art von Leid sie erleben.
Zuallererst fand meine Lehrerin mein Gesellschaftsthema auch nicht so prickelnd. Dann habe ich aber argumentiert und als sie gemerkt hat, dass ich das nicht aus Jux und Tollerei gewählt habe, sondern mir auch etwas dabei gedacht habe, hat sie es genehmigt. Und es hätte womöglich eines der interessantesten Themen von allen werden können, wenn meine sporadisch zusammengestellte Gruppe nicht was anderes im Sinn hatte. Die konnte ich zu Beginn nur leicht begeistern. Ich hatte bereits Ideen, Texte auf Papier und im Kopf und das alles; und war letztendlich nur leicht über die Verschwörung gegen mich überrascht. Ich hatte es ja kommen sehen, dass eigentlich keiner eine Ahnung hat, was ich mir eigentlich vorstelle. Obwohl ich nicht unbedingt eine schlechte Erklärerin bin. Natürlich versteht man ein Brainstorming nicht auf Anhieb, das war mir klar. Aber nachgefragt hat keiner. Keiner hatte Lust auf mein Thema und die Begeisterung, über Medienkonsum zu berichten, hielt sich eher in Grenzen… Keiner von meinen Gruppenmitgliedern hatte wirklich Lust ein ganz anderes Referat zu halten als die anderen. Über Anpassung zu reden war mein Anfang und somit auch mein Ende, weil meine Gruppe sich letztendlich auch angepasst hat.
Jetzt darf ich über die Menschenrechte in China berichten…mehr oder weniger…meine Idee ist somit gekickt…
Aber eines schwöre ich! Ich werde irgendwann ein Referat über diese Gesellschaft und den Untergang des Individuums halten! Und wenn es auf spanisch ist!
Beispiele für Anpassung habe ich immerhin genug…wenn man darauf achtet, fällt einem das aber auch extrem auf…
Vielleicht mag mein etwas abwertendes Verhalten gegenüber manchen anderen arrogant wirken, aber es ist mir so lieber, als mich wie die ganzen „Individualisten“ zu benehmen, die auch wieder irgendwo konform sind…
Der Widerspruch ist beabsichtigt. Mit Sicherheit ist jeder ein Individuum. Aber nach den Werten unserer jetzigen Gesellschaft ein angepasstes, bei dem man die eigene Meinung zwischen Markensachen, In-out-Listen, Killerspielen, Make-Up,… erst einmal ausgraben muss. Und wer gibt sich schon die Mühe das zu tun? Wer ist sich schon seiner Anpassung bewusst? Ob das nun mehr oder weniger der Fall ist… Denn so dumm, wie mir die meisten erscheinen, können sie gar nicht sein. Aber es ist nicht meine Aufgabe in jedem zusammengebastelten Ich herumzustochern und den Kleber zu lösen, sondern das Ganze hier so kritisch darzulegen, dass sich mal jemand meldet und die Behauptung „Ich habe doch eine eigene Meinung!“ in den Raum wirft. Dann wird es nämlich interessant…
Doch vielen fehlt anscheinend einfach der Mut sich zu outen und somit vielleicht als Depp dazustehen. Von mir aus stehe ich als Depp da. Aber lieber als einzelner für sich, als einer unter vielen, den man nie bemerken wird.
Hallo journey,
sorry, aber muss gleich wieder schreiben, weil ich bei deinem Beitrag hier etwas schmunzeln musste, aber nicht, weil es so lustig ist, sondern eher, so traurig für deine Referats-Idee… Da ich ja nun schon einige Zeit bei dir zu Gast bin und dich zumindest ein ganz klein wenig einschätzen kann, bilde ich mir zumindest ein, hab ich mir gleich zu Beginn gedacht, dass das mit Gruppenarbeit bei dir schwierig werden könnte, wenn du dir die Mitglieder nicht selbst aussuchen kannst…
Ich kann mir sehr gut vorstellen, wie du um deine Idee gekämpft hast, versucht, die anderen zu überzeugen, und die vielleicht rumgequengelt haben, nach dem Motto:“Lass uns doch’n Thema nehmen wie die anderen auch…“
Haben sich wahrscheinlich ertappt gefühlt, als es um das Thema „Anpassung“ ging, weil im Laufe der Arbeit für so’n Referat manche vielleicht etwas sehr Unangenehmes bei sich selbst zu finden im Gespür hatten.
Da ist es doch viel „einfacher“, über Menschenrechte in China, Favelas in Brasilien oder sonstwas zu schreiben, was schön weit weg ist von der eigenen Lebensrealität.
Aber eines Tages wird dein Thema kommen, ganz sicher!
In einem täuschst du dich meines Erachtens, denn ganz viele Menschen sind wirklich so dumm, wie sie erscheinen, auch wenn man’s kaum glauben mag, denn so viele Oscar-reife Darsteller kann’s gar nicht geben. 😉
Ich weiß ja nicht, wie du in deiner Schule da sonst so auftrittst, aber könnt mir schon vorstellen, dass du schnell den Ruf als arrogante, überhebliche Person bekommst, allein schon, wenn du versuchst, deine eigene Meinung zu vertreten, auch gegen Widerstände, denn leider gibt es nicht viele heutzutage, die eine Haltung zum Leben, eine Idee ihres eigenen Seins haben und dazu auch stehen.
Viele kennen es gar nicht anders, auch schon aus dem Elternhaus, einfach in dem Gesellschaftspudding mitzuwabern und bloß nirgends anzuecken.
Aber selbst, wenn du diesen Arroganz-Stempel bekommen solltest aus deiner Umgebung dort, weil „einfache“ Leute immer schnell mit Schubladen zur Hand sind, in die man schön simpel und denkabstinent Menschen reinstecken kann, die anders sind als man selbst, denke und hoffe ich nicht, dass dir das was ausmachen würde, denn der Preis ist für dein Ich-Selbst-Sein nicht zu hoch!
Bin im VZ übrigens u.a. in einer Gruppe „Niveau sieht nur von unten aus wie Arroganz“, würdest auch gut reinpassen dort.
Klar, der Name der Gruppe klingt eventuell ein bisschen überheblich, aber, so ist es doch auch oft, wer nicht mithalten kann, verurteilt einen schnell mal, weil er/ sie es nicht rafft… wobei mir wichtig ist, dass ich „unten“ nicht finanziell sehe, wie die Mehrheit der geldorientierten Gesellschaft hier, sondern nur von den geistig-intellektuellen Fähigkeiten ausgehe.
Gruß
stranger
Hallo stranger!
Naja, ich bin wirklich kein großer Freund von Gruppenarbeiten. Mit Sicherheit kommen einem dabei mehr Ideen und man sitzt nicht nur mit seine eigenen Kopf da und muss am Ende nicht alles alleine präsentieren. Aber das auch nur, wenn es wirklich eine „Gruppe“ ist, die da zusammenarbeitet. Und das ist eher selten.
Und ich weiß nicht, ob meine Idee so weit in die Köpfe meiner Gruppenmitglieder vorgedrungen ist, sodass sie sich ertappt gefühlt haben könnten. Ich glaube auch eher, sie haben einfach nur eine Abneigung verspürt und es dabei belassen. Ob sie sich gefragt haben, warum das so ist und ob sie sich nicht sogar selbst irgendwo anpassen, weiß ich nicht. Aber es wäre sicherlich nicht verkehrt,ja sogar erstrebenswert einmal darüber nachzudenken.
Und mit Sicherheit mag es keine Oscarreifen Darsteller geben, aber ich bin der Meinung, dass man sogar an jedem dummen Menschen irgendetwas finden wird. Zwar kann man das dann nicht mit irgendwelchen Physikern, Künstlern oder anderen Genies vergleichen, aber komplett doof kann niemand sein. Sicherlich kann der eine dies nicht und der andere jenes nicht und sicherlich passieren unendlich viele Male am Tag Dummheiten verursacht duch Menschen. Es kommt eben darauf an, ob es dann irgendwann mal Klick macht und der Mensch anfängt nachzudenken. Wenn nicht, dann würde ich diese Person sogar in hohem Maße als doof bezeichnen.
Die ganze Menschheit wird doch einfach nur von suggerierenden Medien und der Scheinwirklichkeit flach gehalten, was sie letztendlich auch flach aussehen lässt.
Und ich habe bis jetzt wirklich viele Idioten kennen gelernt. Wenn man unterwegs ist, läuft einem ab und zu auch so jemand über den Weg. Nur paradoxerweise glaube ich trotzdem an eine bessere Welt, während der größte Teil von mir aber weiß, dass die Welt schlicht und einfach schlecht ist…
Und in der Schule ist meine Meinung im Grunde genommen eher still gelegt. Ich verfolge alles, mache mir so meine Gedanken und äußere mich nur ab und zu. Schriftlich mache ich sowieso alles lieber, da ich spontan reden nicht so sehr mag. Bzw. schriftlich bringe ich das mit Sicherheit besser rüber als mündlich. Ich stehe also auch nicht immer zu meiner eigenen Meinung. D.h. im Kopf schon. Sollte ich mich allerdings in meiner Persönlichkeit beleidigt fühlen und das auch noch zu weit geht, sage ich auch einmal etwas.
Mein Psychologie/Pädagogiklehrer arbeitet mit diesem Trick. Er beleidigt mit Ironie und Sarkasmus die Intelligenz der Klasse und kratzt somit leicht an der Oberfläche. Er will, dass wir revidieren. Leider merkt das glaube ich niemand so wirklich. Oder alle sind so dermaßen selbstironisch, dass sie auch noch mitlachen…
In eine Schublade namens sonderbar und arrogant gesteckt zu werden macht mir groß nichts mehr aus. Ich habe mittlerweile in vielen Dingen sowieso meine eigene Schublade. Und solange man mich nicht in die Schublade mit allen negativen Eigenschaften der Jugendlichen steckt, ist es mir ansonsten egal in welche Schublade man mich steckt.
Gruß Journey