Vergangenheitsbewältigungstext

Ich lag gestern den ganzen Tag im Bett und war einfach zu faul, um etwas zu machen. Das meiste machte ich aus einer Laune heraus, oder weil ich eigentlich was anderes machen wollte, das dann irgendwie ausgeartet ist…

Ich zog somit in einem Aktionismus „den Ordner“ aus dem Regal. In „dem Ordner“ ist echt alles: Zeugnisse, Schulbriefe, Lohnsteuerkartenschreiben, Bankkartenschreiben, Preise, die ich gewonnen habe, Beschwerdebriefe, …etc etc. (ich könnte noch ewig so weiter aufzählen…) …und Arztbriefe seit meiner Geburt. Und was ich lesen musste, haute mich leicht um…
Klar hatte ich damals nicht das Wissen von heute. Aber ich war extrem unselbstständig, dass weiß ich noch. Meine Mum hat sich zu sehr um mich gekümmert, heißt es…wobei, ich würde das aus heutiger Sicht eher „flach halten“ nennen. Sie hat mich quasi nicht aus mir selbst rausgelassen. Als ich dann mit 13/14 begann, mich zu entfernen, stand im Brief, ich sei aufmüpfig…tja, und was bin ich jetzt? Rebell? Ein Satansweib? (Jaaaa…)
Ich war wegen allem um mich herum auch mal bei einer Psychologin mit 15. Und hätte ich mir damals nicht von meiner Mum einreden lassen, dass Psychologen doof sind…wäre ich heute mit Sicherheit etwas anders…vielleicht sogar komplett. Meine Mum meinte immer, dass die Psychologin eh nur nach Fehlern an ihr gesucht hat. Und ich? Ich habe das erste Instrument verloren, um selbstständig zu werden…ich habe auf meine Mum gehört und hatte jahrelang keine gute Meinung von Psychologen…
Und ich vermute, meine Mum hat auch für den Gedanken gesorgt, der mir permanent im Kopf herumgeistert und auftaucht, wann immer etwas schief läuft. Es ist genau der, den ich nach jeder Beziehung, die in die Brüche gegangen ist, denke…: Du warst nicht gut genug! Nicht für diesen Mann, nicht für deine Eltern, für niemanden! Du musst sterben!
Es ist krank, aber leider ist da auch was Wahres an dieser Vermutung dran. Denn die Fehler waren leicht an mir gefunden. Selektive Wahrnehmung…
„Ich kann dir nicht zusehen, wie hältst du denn den Kochlöffel!?“
„Was ist denn das schon wieder für ein Text…Hahaha…so ein scheiß.“
„Merkst du nicht, wie du nervst/alle unter dir leiden?“
„Oh Gott, sie will wieder philosophieren.“

Es ist echt erstaunlich, wie ich es alleine geschafft habe, mich von „meiner Familie“ zu lösen und nach und nach selbstständiger zu werden. Und noch erstaunlicher ist, dass ich heute so bin wie ich bin…
Ich möchte an dieser Stelle noch betonen, dass meine Kindheit und die letzten Jahre nicht NUR schlecht waren, aber sie waren jetzt auch nichts, was mir ewig als wundervolle Zeit im Gedächtnis bleiben wird. Da muss ich echt sagen, dass ich mit beinahe jeder anderen Person aus meinem Bekanntenkreis mehr schöne Erinnerungen zusammenbringe, als mit meinen Eltern. Sie waren aber nie böse zu mir. Es gab nur viel Kritik und wenig Lob. Die meiste Zeit hat jeder für sich gelebt. So sehe ich das zumindest damals wie heute. Und heute richtig. Denn heute bin ich kein Familienmitglied mehr. Freiwillig. Ich habe eine neue Familie in meiner Katze und den Leuten aus der Klinik gefunden, die zwar alle nicht um die Ecke wohnen, mit denen mich aber so vieles verbindet. Sie sind mir zudem näher als alle anderen!

Aber zurück zu den Arztbriefen: Am Anfang habe ich noch extrem gezittert und wollte das alles gar nicht lesen, ohne Witz. Doch irgendwann habe ich mich dann wieder gefangen und mir alles von Anfang an durchgelesen. Ich musste viel auf Google suchen, um herauszufinden, was ich als Kind alles hatte. Und ich reime mir aus den Begriffen, deren Bedeutung und meinem Hintergrundwissen mal zusammen: Ich sollte gar nicht leben. Das klingt extrem hart….und ich frage mich, ob das irgendwie meine Psyche beeinflusst, denn die erste Zeit auf der Welt war ich quasi in Lebensgefahr. Wann genau die Ärzte herausgefunden haben, was ich habe, ist schwer zu sagen. Ich bin mir nicht sicher, aber da stand etwas von zwei Jahre… Und die ersten Lebensjahre prägen einen ja. Pädagogisch gesehen.
Nur so viel: Was ich habe, ist nicht tödlich, es sei denn ich höre auf, Tabletten zu schlucken. Solange ich das mache, sollte alles gut sein. Das alles hat was mit Hormonen zu tun…
Aber ich will hier eigentlich nicht mein Krankheitsbild darlegen, (es sei denn es interessiert euch extrem ; ) ), sondern auf ein anderes Thema hinaus, das mir nun auch endlich klar geworden ist: Warum will etwas in mir sich ständig verletzen, umbringen, etc., wenn es mit einem Kerl vorbei ist?

„Je schwieriger es für Sie ist, eine Beziehung zu beenden, die ihnen nicht gut tut, desto mehr Elemente ihrer Kindheitsproblematik sind darin erhalten. Indem Sie zu sehr lieben, versuchen Sie ihre alten Gefühle von Angst, Wut, Frustration und Schmerz zu überwinden. Die Beziehung abzubrechen hieße demnach, auf die wertvolle Chance zu verzichten, für erlittenes Unrecht entschädigt zu werden und endlich Ruhe zu finden.“ [aus: „Wenn Frauen zu sehr lieben“ von Robin Norwood]

Blicken wir doch mal auf die letzten drei Jahre zurück….

Zuerst kam Jo, der mich nicht wollte => Todeswunsch.

Dann kam Kai, wegen dem ich (zum Glück!!) zu Dr. D. bin, aber auch wegen dem Todeswunsch…und meinen Eltern…

Dann kam und ging Navi, bei dem ich mir zuerst schwor, nicht das Vertrauen in Kerle zu verlieren…ich begann also planmäßig erst mal mit Männerhass.

Irgendwann kam dann Ex-Mr Right, wegen dem ich einen Abend ausgetickt bin und auch rumgeschnitten habe…und eigentlich mehr wollte, hätte ich nicht die Geistesgegenwart besessen, aus der Tür zu rennen und den Mann anzurufen, der jetzt mein Mann ist. (das war nicht geplant, er hat halt abgenommen im Gegensatz zum Rest…)

Und jetzt mein Freund…wegen dem mir schon leicht das Küchenmesser ausgerutscht ist. Aber ich muss dazu sagen, dass ich in erster Linie eine Krise wegen meiner finanziellen Abhängigkeit bekommen habe…ich habe einfach zu viel nachgedacht…das darf ich nicht mehr, denn dann steigere ich mich extrem in etwas rein. Ich muss mir einfach sagen: Du schaffst das! Du hältst das aus…arbeitest dich hoch und irgendwann kommt der Tag, an dem du auf deinem Balkon stehst, der zu deiner Wohnung gehört, für die du alleine fähig bist die Miete zu zahlen. Und du wirst da stehen mit deiner selbst gedrehten Zigarette mitten in der Nacht und denken: Wow…das habe ich geschafft und mir aufgebaut.

Posted by Journey

Kategorie: Allgemein

Autor: Journey

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4 Kommentare        

http://www.youtube.com/watch?v=BwMb_6cVMl
kommt Zeit, kommt Rat Luisa…irgendwann wirst du dein eigenes Geld verdienen und dann bist du unabhängig. Die jetzige Abhängigkeit ist nichts schlimmes, sondern für ein Kind seiner Eltern „normal“. Branko war, bis er sein Studium beendet hat abhängig von meinen Eltern…meine Mama hat ihm die Wohung bezahlt, Essen, Klamotten, mein Papa alles rund ums Auto…vielleicht ist das bei dir etwas zeitverzögert, im moment noch, aber nimm doch einen Schritt nach dem anderen. Einen Schritt hast du ja mit dem Job im Hotel schon gemacht, der nächste ist halt eine Ausbildung und dann bist du deinem Ziel doch schon sehr nahe…setz dich nicht unter Druck….

„setz dich nicht unter Druck…“
Da hast du Recht…das ist ein Fehler, den ich leider viel zu oft mache…
Nur leider ist das manchmal gar nicht so einfach…denn ich hasse Abhängigkeit. Weder von „Eltern“ noch von anderen…

Ach ja…und was willst du mir mit dem Link sagen? Der funktioniert nämlich nicht…

wie funktioniert nicht? gib mal bei youtube Maikes Lied ich schaff das schon ein von Rolf Zukowski…dann halt so 😉

Hab’s gefunden. Kommt mir irgendwie bekannt vor… ; )

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