Ich merke nach und nach, wie sich etwas in meiner Denkweise verändert. Das Radikale „Nein“ zu einem völlig anderen Lebenskonzept (Partnerschaft, Zusammenleben,…) als meinem „gewählten“ (Eremitendasein) weicht einem sanften „Vielleicht“ wie es auch in so vielen anderen Bereichen gerade der Fall ist.
Woran ich das besonders merke? Ich habe nun schon seit einer Woche Observer bei mir und normalerweise stresst mich ja Besuch nach einer Weile. Selbst Menschen, die ich liebe und schon Jahre kenne, könnte ich wohl nicht länger als ein Wochenende auf engem Raum bei mir haben. Ich bin einfach das Alleinsein gewohnt und schätze meine Freiheit tun und lassen zu können, was ich will und wann ich will und eben meine kleine Welt, in der ich sein kann, wie ich will.
Aber das ist alles gerade irgendwie so… ganz anders. Ich fühle mich in keinster Weise gestört, im Gegenteil! Je mehr Zeit wir miteinander verbringen, desto wohler fühle ich mich, weil ich merke, dass ich all das trotzdem ausleben kann und auch will. Und genau das ist es, was mir bisher eigentlich immer in einer engeren Beziehung zu einem anderen Menschen gefehlt hat: Ich sein zu können und vor allem dafür geschätzt zu werden.
Ich muss mir nicht wie sonst meine Freiheit in einem stillem Kampf zurückerobern. Muss nicht fliehen, um eine Situation zu verlassen, die mich eigentlich stresst. Muss mich nicht anpassen oder irgendwelchen mir selbst auferlegten Erwartungen gerecht werden wie bisher. Es gibt keine Schlaflosigkeit, die ich dazu nutze meine Gedanken schriftlich festzuhalten, weil ansonsten die andere Person so viel Raum einnimmt, dass ich das Gefühl habe mich zu verlieren. Ich kann das alles einfach so machen, ich sein. Jederzeit. Und er kann das auch.
Mir wird irgendwie immer mehr bewusst, dass all die Erkenntnisse, die ich in den letzten Jahren über Beziehungen und der Gestaltung eines Miteinanders gewonnen habe, zwar nicht unnötig sind, aber einfach keine direkte Anwendung mehr finden, wenn die richtige Person auftaucht. Das ist alles gerade so unglaublich anders und neu für mich und gleichzeitig habe ich das Gefühl mehr ich zu sein denn je.
Es ist ein wenig wie ein Traum…aus dem ich einfach nicht erwachen möchte. Und auch wenn ich weiß, dass es real ist und gerade wirklich passiert, möchte ich daran festhalten und dass alles gut wird. Denn wenn wir aufhören zu träumen, hat im Grunde nichts mehr eine Zukunft…