Warum hassen wir so sehr alles was anders ist?
Zerstören.
Formen uns ein Weltbild mit Schuldigen.
Die bösen Ausländer!
Die unfähigen Politiker!
Die unverdienten Reichen!
Die gierigen Armen!
Die schwarzen Kriminellen!
Die weißen Rassisten!
Die dicken Faulen!
Die dünnen Dummen!
Es macht es so einfach.
Wir machen es uns damit so unendlich einfach.
Es gibt da immer jemand, der schuldig ist.
Und wir?
Wer hasst uns?
Wer verurteilt uns?
Was verfolgt uns?
Nichts.
Denn wir selbst sind rein.
Unbeschrieben.
Gedankenlos.
Unbeschwert.
Wir Menschen sind so rein…
Reinen Gewissens.
Und voller schwarzem Humor.
Sarkasmus, der immer trifft.
Dunklem Hass.
Und dabei fließt in allen rotes Blut.
Tränen durch gerötete Augen.
Und wir alle fallen manchmal vom Rand der Erde.
An einen Ort, der auf keiner Karte zu verzeichnen ist…
Wo keiner mehr ist, den wir hassen können.
Nur wir selbst.
Alleine.
Autor: Journey
Aha.
Dann fällt es uns oft deshalb so schwer, uns an den Orten außerhalb jeder Karten aufzuhalten, weil es dort niemanden mehr gibt, über den wir uns erheben könnten. Sind wir mit uns selbst alleine, müssen wir womöglich für das Eine oder andere uns selbst verurteilen.
Und wer will das schon?
Brauchen wir also den Hass auf andere, um uns selbst mehr oder überhaupt erst lieben zu können?
Der erste Abschnitt ist eine interessante Anregung! Und genau das, was ich mit dem Text aussagen wollte: Wir Menschen neigen dazu, weniger bei uns selbst zu sein und immer mehr bei den anderen…es macht uns regelrecht Angst, an diesem GPSlosen Ort in uns zu sein, wo niemand anderes ist. Oder scheint da nur niemand zu sein? Ich frage mich, ob ich einen anderen Menschen nicht ein Stück weit an diesem Ort besuchen kann. Bei manchen habe ich das Gefühl, dass es mir gelungen ist, wenn auch nur einmal… Bei manchen gelingt mir das auch mehrmals… Aber bei sehr vielen scheint ihr Innerstes zu weit weg und zu unsicher, um da jemanden reinzulassen…
Meins ist aber genauso unsicher! Wenn ich mich öffne, besteht immer die Gefahr, dass etwas ins Wanken geraten könnte. Aber es ist ein Unterschied, ob ich mich dem aussetzen möchte und somit immer mehr geübt darin bin, wenn sich ein Orkan anbahnt. Ich bin dann wie ein Gummibaum, verliere vielleicht ein paar Blätter, gebe nach, aber kehre wieder zu mir zurück. Bei vielen habe ich jedoch den Eindruck, dass sie wie eine Eiche dastehen wollen, deren Äste bei dem Orkan jedoch abknicken… Die Eiche steht dann zwar noch, wird aber meiner Meinung nach nicht schöner…oder komme ich einfach nicht mit der Eiche zurecht? Sie hat durchaus ihre Berechtigung…
Ich glaube, ich neige gerade sehr dazu, ihr die Gummibaum-Mentalität näher zu bringen…und jetzt frage ich mich und dich, wo da die Grenze liegt?
Durch das Gedicht habe ich schon mal eine gezogen: Der Hass sitzt in uns allen, aber es kommt darauf an, wie ich damit umgehe… Hass auf andere ist für mich als relativ friedlicher Mensch nichts. Es gibt mir auch nichts mehr. Oh je, was habe ich früher gehasst! War ich glücklicher? Definitiv nicht. Mich hat man im Gegenzug nämlich auch gehasst und so hat sich das fortgesetzt bis zu meinem immensen Selbsthass, der mich auch heute noch als Madame S. begleitet. Aber wir kommen immer besser miteinander zurecht. Und ich unterdrücke keinen Hass. Da scheint einfach keiner mehr zu sein, was mich jetzt, wo ich so darüber schreibe, ziemlich wundert, da das psychologisch unmöglich ist. Aber vielleicht bezieht sich mein Hass auch nicht auf die Menschen? Was sich definitiv auf sie bezieht, ist die Trauer, wenn ich mir mein hassendes Umfeld so ansehe…und all die Eichen mit den abgebrochenen Ästen…
> Brauchen wir also den Hass auf andere, um uns selbst mehr oder überhaupt erst lieben zu können?
Niemals! Es scheint zwar von außen so, aber ich bin der Meinung, dass sich die eigene Liebe, die durch den gegensätzlichen Hass auf andere besonders hervortritt, nicht das ist, was uns wirklich lieben lässt…also „richtig“ lieben lässt…