Mit einem Mal wird es still in mir. Ruhig. Ich fühle mich dem Tod näher als je zuvor und doch so weit weg. Nicht im Traum könnte ich so wie diese Leute denken, die nur an sich denken. An ihr Zu-spät-Kommen. Nein, ich denke an die Person, der die Last des Lebens zu schwer geworden ist und denke mir: Das hätte ich sein können! Aber ich bin es nicht. Ich sitze hier im Zug mit Leuten, die mir nicht nur von außen, sondern auch von innen fremd zu sein scheinen und bin den Tränen nahe. Mir egal, wenn ich festsitze, mir egal, wenn der Junge neben mir zu seiner Klausur zu spät kommt (ihn scheint das auch nicht zu stören), nein, es ist mir egal, was die Leute denken. Sie sind mir fremd. Sie sind gar nicht imstande so zu denken wie ich. Nur wir „Verrückten“ können ansatzweise mitfühlen. Nur wir „Verrückten“ wissen, wie schwer Leben ist, welchen Kampf wir uns stellen, Tag für Tag…
Und wenn ihr behauptet, wir würden unser Leben nicht zu schätzen wissen, dann lebt es mal!
Warum nehmen sich Menschen das Leben?
Das ist eine Frage, über dessen Antwort viel zu wenig nachgedacht wird. Man spricht ja auch nicht darüber. Hinzu kommt, dass Selbstmordäußerungen von Mitmenschen viel zu häufig unterschätzt und nicht ernst genommen werden. Es wird kein offenes Gespräch gesucht, es wird geschwiegen. Und das, obwohl sich in Deutschland alle 56 Minuten ein Mensch das Leben nimmt.
Aus der Sicht der anderen ist der Selbstmord oft etwas nicht Einsehbares. Man kann sich nicht in die subjektive Situation des Suizidalen hineinversetzen und wird auch nie alle Beweggründe kennen. Weit verbreitet ist jedoch das Urteilen, in wie weit Gründe für einen Selbstmord weniger inakzeptabel sind. Bei einen Todkranken wird der Selbstmord eher „akzeptiert“ als bei einem Jugendlichen mit Liebeskummer und Minderwertigkeitskomplexen. Menschen können sich da einfach nicht hineindenken, dass Leid, egal welchen Ausmaßes, Leid bleibt.
Es fehlt einfach die nötige Aufklärung. Suizid schweigt sich quasi „von selbst tot“. Und solange keiner beginnt, offen und unzensiert darüber zu sprechen, wird sich daran auch nichts ändern.
[aus meinem Referat über Depressionen/Suizid, 2010]
Niemand niemand niemand nimmt sich einfach so das Leben. Ich bin überzeugt, dass dieser Schritt ein so großer ist, dass stets ein guter(!) Grund dahintersteht. Diesen kennt, nein fühlt, bestenfalls der Betroffene selber.
Niemand darf darüber irgendwie urteilen. Doch leider ist das Gegenteil der Fall. Kaum einer, der nicht „weiß“, dass das doch vermeidbar gewesen wäre, wenn dies oder das …
Richtig agressiv werde ich (und das will was heißen!), wenn die Standardbeschimpfung hervorgekramt wird: „Selbstmord ist feige“. Wie oft habe ich diesen Satz schon gehört!? Ich verstehe, was damit gemeint sein soll, doch für mich ist diese Aussage, die oft so unerklärlich vehement und vorwurfsvoll vorgetragen wird, einfach nur unverschämt.
Für mich war Selbsttötung immer etwas ungemein mutiges. Vermutlich, weil ich mir nicht vorstellen kann, jemals mutig genug dafür zu sein.
Um eins klarzustellen: Nein, ich bin nicht dafür, sein Leben leichtfertig wegzuwerfe! Und ich rate auch niemandem dazu (wie könnte ich das?)!! Und auch ich bin ratlos traurig über jede allzu schnelle Affekthandlung!!!
Doch habe ich immer das tiefe Bedürfnis, mich zu verneigen vor denen, die ihrem Leben ein Ende gesetzt haben. Zum Einen für ihren Mut, zum Anderen aber – und das ist das Eigentliche – als eine Art wütend hilflose Entschuldigung dafür, dass ihr Leben von ihnen offensichtlich nicht zu bewältigen war, meines von mir aber schon.
Ich danke dir für deine Ergänzungen zu diesem Thema!
Und du hast schon recht; es gibt nichts Mutigeres als sich wirklich umbringen zu wollen und es zu tun. Auch wenn ich oft nicht mehr leben möchte, so glaube ich nicht, dass ich dazu wirklich den Mut hätte. Ich hoffe einfach immer noch…auf irgendetwas…
Zitat: „… so glaube ich nicht, dass ich dazu wirklich den Mut hätte. Ich hoffe einfach immer noch…auf irgendetwas… „
Das freut mich sehr! 🙂
Danke : )