Nein, es geht hier nicht um eine Frucht, sondern ein junges 12/13-jähriges Mädchen, das ich der Einfachheit halber Ananas nenne. Nett und lustig ist das allerdings nicht, denn sie ist ein Opfer ihrer Generation, die zum größten Teil nach dem neusten Handy, den neusten Trends und eventuell auch nach „Anpassung“ strebt. Es ist auch eine Generation, die sich liebend gerne Leute zum Mobben und Fertigmachen heraussucht. Zu meiner Zeit gab es das ebenfalls, aber ich kann mich nicht erinnern, dass die Rate an Mobbingopfern so hoch gewesen wäre wie heute.
Ob deshalb – und aus vielen anderen Gründen ebenfalls – früher alles besser war, daran scheiden sich die Geister. Aber eines lässt sich wie bei jedem Generationssprung feststellen: Es war damals einfach anders. Und jede Zeit, wie auch jede Gesellschaft hat ihre eigene Messlatte an Problemen. Für jene ältere Menschen sieht es heutzutage oft so aus, als würde diese um einiges tiefer hängen und den Menschen die Tiefe und der Sinn für „das Wesentliche“ abhanden kommen. Zudem wird die Gesellschaft auch immer „jünger“. Früher war man zumindest mit 12 noch ein Kind…und kein Püppchen und Macho.
Aber zurück zum Thema: Ananas.
Auf welche Schule sie geht, weiß ich leider nicht. Ich habe lange Zeit vermutet, dass es eine Hauptschule sein muss, aber irgendwie hängt sie immer bei mir auf dem Schulgelände ab mit vermeintlichen Freunden, die ihr – so wie ich das einschätze – wohl in den Rücken fallen würden, wenn sie selbst dran wären, gemobbt zu werden. So ist das. Die wenigsten stehen an deiner Seite. Und man selbst macht auch nicht immer den Mund auf und verschafft sich Respekt. Wie denn auch bei so etwas wie Mobbing? Das kann man oft gar nicht ausdrücken. Es ist ein Gefühl, das man hat, aber nicht in Worte fassen kann; besonders nicht, wenn es darum geht, jemandem „die Schuld“ zu geben. Doch wenn man gar nichts sagt, steigert sich das alles ins Unermessliche…
Ich habe mir damals auch viel zu viel gefallen lassen. Doch mir stellt sich manchmal die Frage, ob ich heute fähig wäre, mich entsprechend zu wehren. Vermutlich nicht. Denn wie Sky mir bereits schon gesagt hat und ebenfalls der Film „About a boy“ bestätigt: Du kannst mit deinen Mobbern nicht diskutieren und über Moral, etc. philosophieren. Du kannst nicht an ihr Gewissen appellieren. Du kannst nur „Haste nen Problem mit mir maaaaan?“ brüllen und dann ist Ruhe. Hoffentlich…
Ananas macht mir auch in dem Punkt Sorgen, dass sie versucht, sich an die anderen anzupassen, was natürlich genau so wenig bringt. Ich habe damals auch versucht, mich anzupassen. Und ich dachte mit 13, dass ich es denen allen gezeigt hätte, als ich meine erste Kippe auf Lunge geraucht habe und nicht husten musste. Süchtig bin ich davon zu dem Zeitpunkt nicht geworden, aber trotzdem finde ich es im Nachhinein so gar nicht cool und eigentlich idiotisch. Doch wie viele „Kinder“ rauchen heutzutage schon, weil sie eben durch die anderen Kids dazu kommen? Mehr als man denkt und sich wünschen würde…
Ich schätze die Situation von dem Mädchen namens Ananas zudem so ein, dass ihr gar nicht so richtig bewusst ist, dass sie gemobbt wird (wie stark das ist, weiß ich nicht). Am Anfang meiner „Mobbing-Zeit“ war das ebenfalls so und habe schlussendlich 6/7 Jahre nichts gesagt und auch den Sinn der Grenze bei soetwas verloren. Das wurde nach und nach extremer und ich habe es einfach hingenommen mit mehr oder weniger mulmigem Gefühl. Das erklärt wohl auch, warum ich mich heute prinzipiell weniger wert fühle als jeder andere.
In der 7. Klasse war ich jedenfalls durch das alles so kaputt und geschädigt, dass ich heute nicht mehr leben würde, wenn ich damals schon eine Ahnung von Selbstmord gehabt und mich mein Zeugnis nicht zurück ins Leben geholt hätte. Unnötig zu sagen, dass es auf der neuen Schule nach einer kurzen Auszeit geradewegs mit dem Mobbing weiterging…irgendwann bei meiner Abschlussfahrt stand ich nachts im Regen auf dem Balkon und habe mich gefragt, ob die Höhe ausreichen würde. Wer also meine Texte momentan negativ findet, der hätte mich mal mit 15 erleben sollen…aber ich habe mich hiermit in der Schülerzeitung „gerächt“. Allerdings habe ich damit wohl im Unterbewusstsein noch nicht so ganz abgeschlossen…
Ananas erinnert mich also in vielen Punkten an mich damals. Nur dass sie (noch) ein recht fröhliches Mädchen ist und in einer ganz anderen Zeit lebt, in der man „scheinbar“ noch mehr dem Bild der anderen entsprechen muss. Oder auch nicht, aber dazu muss man stark genug sein. Und ich weiß nicht, ob sie das ist. Einerseits sagt sie schon was und wehrt sich, andererseits versucht sie sich aber auch immer wieder an Leute ranzuhängen, die für mich nicht wie gute Freunde von ihr aussehen.
Was sie angeht, so tut es mir Leid, dass sie so jung schon diese Art von Ablehnung erleben muss. Aber nicht nur deshalb rede ich mit ihr. Ich beobachte Ananas auch, wie sie sich so entwickelt und versuche ihr ein gutes Vorbild zu sein, denn sie scheint mich als genau das zu sehen. Sie bewundert den Mut zu meinen Stil und dafür, dass ich das Abi versuche. Sie sieht mich quasi wie ihre „große Schwester“. Und das alles hat sich aus einem Gespräch im Bus heraus vor über einem Jahr entwickelt…mal sehen, ob ich durch meine „Erfahrung“ in Sachen Mobbing verhindern kann, das sich Geschichte wiederholt.