Und noch mal auf mein Verhalten in Nüchternem und an-/betrunkenen Zustand zurückzukommen…und allgemein zum Thema Beziehungs-Liebe…
Ich kann nüchtern wie betrunken so vieles nicht, was anderen so leicht fällt. Was für andere Alltag ist. Aber eines kann man mir glauben. Wenn ich die drei Worte „ich liebe dich“ im Beziehungs-Zusammenhang sage, dann liebe ich diese Person auch wirklich. Bis auf den Tod. Dann geht das nicht morgen vorbei oder wenn ein anderer Kerl mit einem geilen Körper vorbeikommt. Dann ist das so. Und ich habe es erst zwei Mal in meinem Leben zu ein und der selben Person gesagt. Zu Jo. Bei anderen konnte ich es nicht sagen. Denn das, was da war, war nicht stark genug. Es waren zu viele Zweifel vorhanden. Gut, bei Jo waren mehr als viele Zweifel da, aber irgendwas in mir hat mich dazu gebracht, es zu sagen. Zu schreien. Es diesem Kerl ins Gesicht zu sagen. Direkt. Zurück kam zwar nie was außer Verarsche, „Verpiss dich“, „ich weiß“ und Gesäusel, aber das machte nichts. Wenn ich daran denke, wie er mich ab und zu in den Arm genommen und auf die Stirn geküsst hat, dann glich das damals alles für mich aus. Naiv? Klar. Liebe ist immer naiv und doof. Aber trotz allem und der Tatsache, dass ich das „bis auf den Tod lieben“ wörtlich meine, waren es zwei tolle Jahre. Viel erlebt. Nachts um drei auf der Straße den Mond ansehen, während er meint, dass es noch nicht hell ist. Nachts im Taxi Sonnenbrillen aufsetzen. Nachts bei ihm zu Hause diskutieren und Bier trinken. Im Hintergrund 3Sat. Seine doofen Erzählungen, die ich alle toll fand. Immer bei ihm. Mit ihm. Irgendjemand für ihn. Aber da. Wunderbare Momente. Schreckliche Momente. Hoch und Tief. Ich frage mich, wie Liebe eigentlich sein soll. Soll es das Hoch und das Tief denn überhaupt geben? Mit so extremen Abständen? Oder soll man einfach nur rumsäuseln, Kinder bekommen, Häusle bauen, heiraten und das war’s? Emotionslos? Nur um sich eben fortzupflanzen?
Liebe bis auf den Tod…
Kai habe ich auch geliebt. Sehr sogar. Auch bis auf den Tod. Hat er aber nicht gemerkt. Hat Jo auch erst nach dem Max-Frisch-Tag gemerkt. Die Narbe am Handgelenk habe ich heute noch. Und das ist ein Jahr her. Es kommt mir vor, als sei es erst gestern gewesen…die Zeit vergeht einfach zu schnell.
Nach allem, was ich erlebt habe und immer noch erlebe, frage ich mich, was Menschen dazu bringt, sich zu verlieben. Und ich frage mich genauso, was gegenseitige Liebe sein soll. Ein Spiel, in dem einer einfach mitspielt? Die damalige Wirtin vom Nest hat einmal zu mir gemeint, dass einer immer mehr liebe, als der andere. Es gibt eigentlich nur einen Menschen, der mehr geliebt hat, als ich. Und das ist Dieter. Aber dennoch. Eines hat er wiederum mehr geliebt als mich. Den Alkohol…
Es ist schon eigenartig. Irgendwie soll Liebe alles sein und führt so oft zu nichts.
Alles geht vorbei. Auch wenn man erst versuchen muss, sich selbst den gar aus zu machen, um einen Schlussstrich zu ziehen und daraus wiederum neue Kraft zu schöpfen für das nächste Mal, das einen zu Boden drücken wird, falls man es noch mal wagen sollte, zu lieben.
Liebe ist doch ein Mist.
Einerseits kann ich nun sagen, dass es gut so ist. Es ist gut, dass ich immer wieder aufs Neue erkenne, was Liebe doch mit den Menschen macht und ich somit immer vorsichtiger werde. Bloß nicht mehr verlieben. Bloß kein Gefühl zeigen. Das bringt nur Unglück. Bei Jo habe ich noch alle Gefühle gezeigt. Ich habe ihm mein Pokerblatt öfters auf den Tisch gelegt, als es möglich ist. Im Laufe der Zeit ist aber irgendetwas in mir kaputt gegangen. Ich wurde zu einer Person, die Liebe verachtet. Jeden Ausdruck, jede Geste, jeden Sex, den gerade irgendjemand hat. Ich begann einfach alles zu verachten.
Und jetzt, genau an diesem Punkt muss ich erkennen, dass Liebe auch anders möglich ist. Ich kann nicht alles an Liebe verachten. Ich liebe ja schließlich auch. Ich liebe meine Freunde. Aber immer weniger eine bestimmte Person. Alles um mich herum hindert mich einfach daran, mich noch mal so zu verlieben. Ist ja nicht so, dass ich es ständig mache, aber ich muss einfach dran denken, dass ich das aufgrund meiner Berührungsangst und anderen Dingen nicht darf und nicht kann. Was bringt Liebe ohne Ausdruck?
Oh man….ich will das alles hier verallgemeinern, aber das wird heute Abend nichts mehr. Nicht, wenn ich nur vom Gefühl Liebe im Kopf und im Herzen reden kann. Nicht aber vom Gefühl auf der Haut. Vom Kribbeln. Vom richtigen Fühlen und Berühren. Und davon werde ich auch nie schreiben können. Weil da kein Gefühl ist. Da ist nichts. Nur gähnende Leere zwischen dem Herz-und-Verstand-Krieg, der jeden Tag aufs Neue anders ausgeht. Mal gewinnt das Herz und ich glaube an Liebe. Glaube daran, dass irgendwann irgendeine Person kommen wird, bei der etwas sein wird. Der mich von irgendetwas befreit. Von Angst. Von Last. Von Trauer…und mal gewinnt der Kopf, der dem Herzen sagt, es solle sich verpissen und es gehe hier nicht um Liebe, sondern ums nackte Überleben. Für den Kopf ist bereits klar: Liebe = Tod
Vielleicht ist das etwas eigenartig und nicht nachvollziehbar. Aber das ist mein wackeliger undurchsichtiger Standpunkt. Mein Herz will Liebe, die tief geht. Mein Kopf will, dass die Träumereien ein Ende haben, weil es am Ende nur wehtun wird und ich alles gegen mich richte und mich selbst aufgrund zweck- und ausdrucksloser Liebe in mir selbst vernichte. Und meine Haut ist blass und gefühlsresistent…
Ich bin schon irgendwie komisch…