Depressionen und Beziehungen…

Irgendwie scheinen Beziehungen wirklich das Leben der Menschen zu bestimmen. Mary hat sie, Tati hat sie,…und irgendwie kann ich mich da nur schwer reindenken, da ich gerade sehr rational eingestellt bin und Gefühle nicht wirklich wahrnehme. Irgendwie ist das komisch…ein richtiger Kontrast zu meinem Empfinden, das ich noch vor einem Monat hatte. Dieses Hoch und Tief. Liebe, Elternhaus, hin und her,…alles ist heute irgendwie gleich…
Aber so gegen Ende meiner Tage hier in diesem Haus denke ich, dass beziehungstechnisch eigentlich alles einigermaßen gut gelaufen ist. Naja, gut kann man es vielleicht doch nicht nennen. Aber es ist besser so, wie es ist. Das mit Kai sollte irgendwann so sein. Denn ich wäre ansonsten immer in den Konflikt mit meiner Stammkneipe und Kai verwickelt gewesen. Ich läge dazwischen. Immer. Und ich denke, psychisch hätte ich das nicht ausgehalten. Habe ich ja nicht mal so. Ohne diesen Konflikt…
Manchmal vermisse ich die Zeit mit Kai. Aber nicht mit Kai als Partner, sondern als guten Freund. Schade, dass das alles so gelaufen ist und man sich einfach nicht vertrauen kann. Irgendwie fehlt jetzt was. Aber ob das nur an Kai liegt wage ich zu bezweifeln…

Seit Tagen…bzw. ab morgen ist es eine Woche…kann ich irgendwie nichts Produktives mehr leisten. Mir fehlt die Muse, die Zeit, die Motivation. Ich gebe zwar mein Bestes, aber irgendwie sinkt die Messlatte von Tag zu Tag tiefer.
Heute Morgen lag sie jedenfalls zu tief. So tief, dass ich nicht aufstehen konnte. Und dann noch ein zweites mal den Bus verpasst habe, so dass ich erst zur dritten Stunde gekommen bin. Mittags bin ich dann auch gegangen, weil mir alle fünf Minuten die Tränen kamen und ich unter diesen Umständen nicht im Klassenzimmer sitzen bleiben und lernen konnte. Es war einfach zu heftig für mich…ich hatte Panik, mir wurde schwindlig. Ich musste aufstehen und gehen.

Morgen bin ich wieder bei Dr.D. Ich bin froh, dass ich ihn habe…er hat mir auch schon die Diagnose zugeschickt: Depression und Suizidalität. … Jetzt habe ich es also offiziell. Ich bin ein Psycho. Aber wisst ihr was? Das ist mir egal. Lieber bin ich ein Psycho, als so kaputt wie der Rest der Welt. Kein Wunder, dass sich alle 56 Minuten hier in Deutschland jemand umbringt bei dieser Gesellschaft, die alles Psychische als Einbildung ansieht und Depressionen als Tabuthema abstempelt, über das man nicht spricht.
Ich weiß ja nicht, wie das bei anderen Depressiven ist, aber mich macht es noch zusätzlich runter zu sehen, wie alle nach dem Perfektsein streben und man sich ja nichts Psychisches leisten kann. Man hat „normal“ zu sein und wer es nicht ist, besitzt entweder die Stärke, dem Strom der Masse standzuhalten oder geht unter wie ein Stein…

Was ich jetzt mache?
Versuchen mich über Wasser zu halten.
Ich werde erst einmal versuchen, zu lernen. Die ganze Nacht von mir aus. Das wird vermutlich auch solange dauern. Denn ich kann mich hier in diesem Haus einfach nicht konzentrieren. Ich kann hier nicht wohnen. Ich werde hier in meinen vier Wänden verrückt. Ich breche hinter meiner Tür zusammen, bin nie da, esse nicht (zumindest nicht hier), schlafe nur, sage nichts, werde immer stiller und alles was ich zu hören bekomme ist immer nur Kritik. Und dabei wohne ich hier praktisch gar nicht! Wer in unserem Haus herumläuft, kommt nie auf die Idee, dass ich hier wohne. (bis auf die Schuhe im Eingangsbereich)…und dann muss ich mich noch dies und jenes von meiner Mum anhören und an den Kopf werfen lassen. Ich will gar nicht mehr mit dieser Frau reden. Da kommt sowieso nur Mist dabei heraus und einer verlässt wortlos den Raum. Nicht einmal die Tatsache, dass ich depressiv und selbstmordgefährdet bin, nimmt sie ernst. Sie glaubt, dass Kai Dr.D ist, weil die zwei den selben Namen tragen. Sie macht mich fertig, weil sie in meinem Zimmer Flaschen aufsammelt, die im Müll liegen und auf die es kein Pfand gibt. Und sie stand an der Kasse und die wurden nicht genommen. So was muss ich mir wirklich anhören…und ich kann nicht kochen, obwohl es jedem bei mir schmeckt. Ich mache nur Dreck, obwohl ich nie da bin. Verdammt…ich wäre dieser Frau wirklich dankbar, wenn sie mich nicht mehr ansprechen würde. Ich erwarte auch nichts Positives mehr von ihr. Ich erwarte gar nichts mehr von ihr. Sie soll ihr Leben leben und ich lebe meins. Ich beschwere mich ja auch nie, wenn in der Küche nicht mal Platz ist, um sich einen Kaffee oder Kekse mit Nutella zu machen…

Und was die Sache mit der Liebe angeht…ohne kann man nicht leben…
Liebe ist wie das Meer.
Mal launisch.
Mal ruhig.
Mal Ebbe.
Mal Flut.
Mal glitzernd und funkelnd.
Mal geht sie tief ins Unbekannte.
Aber eins ist sicher:
Liebe ist alles.
…aber von meinen Eltern erwarte ich sie nicht.

Ich suche jemanden anderen. Jemand, der mit mir durch die Landschaft zieht, mir Dinge erzählt, die ich noch nicht weiß und der mit mir über den Sinn des Lebens philosophiert. Der mit mir abends an irgendeinem Bahnhof in der Pampa steht und sich mit mir eine Kippe rauchend den Sonnenuntergang ansieht. Jemand, der mich anruft, weil er an mich denkt und bei dem ich das auch machen kann ohne Angst zu haben, dass ich nerve. Jemand, der mich immer wieder aufs Neue inspiriert und mit dem ich abends durch die Kneipen ziehen und alle in Grund und Boden diskutieren kann. Jemand, der mit mir auf den Tischen tanzt, als gäbe es keinen Morgen…

Ich will tiefer gehn. Will Liebe fühlen bis auf die Knochen. Ich reiß die Oberfläche auf, ich reiß tiefe Gräben DAS GANZE MUSS ABER NOCH TIEFER GEHEN (Tati/Olli Banjo)

Ich bin nichts Besonderes, weil ich über solche Dinge schreibe und mit Kant im Ohr rumlaufe. Ich bin auch nur ein Mensch mit Problemen, die mir manchmal die Luft zum Atmen rauben. Ich bin auch nur jemand, der morgens nicht mehr aufstehen will und am Abend dann doch merkt, dass der Tag ganz toll war. Verinnerlichen tut sich das aber nicht. Denn ich liege jeden morgen so im Bett und frage mich, was sein wird und ob das alles hier noch einen Sinn ergibt…

Posted by Journey

Kategorie: Allgemein

Autor: Journey

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