Rauchen verboten!

Ich sitze da und rauche. In meinem langen Ledermantel, lässig zurückgelehnt, beobachte ich den Kellner. Er kommt mit empörtem Gesichtsausdruck auf mich zu. Mir brennen die Augen und ich kneife sie leicht zusammen. Der Rauch gleitet in Schwaden empor und verschwindet, wie es scheint, im Nichts. Doch er ist da. Und den Kellner stört es. Rauchen ist für ihn eine Sünde. Das Café ist zu nobel. Der Brandy zu teuer, aber dafür gut.

„Madame! Sie dürfen hier nicht rauchen!“ Belustigt asche ich ab, beobachte wie ich die Zigarette am Aschenbecher entlangstreife, hebe sie danach wieder emanzipiert und ohne schlechtes Gewissen senkrecht empor, lächle ihn an und frage mutig: „Mein Herr, ich will Sie nicht kränken, aber weshalb steht dann bitte dieser Aschenbecher auf meinem Tisch?“ Er sieht hastig zum Aschenbecher, der mit dem Logo des Cafés bedruckt ist. „Madame! Sehen Sie das Schild dort drüben?“ Er deutet unsittlich mit dem Finger in eine Richtung, ich sehe nicht hin. Ich sehe ihm in die Augen. Sehe Wut. Sehe Kraftlosigkeit. Sehe, dass dieser Mann nicht überzeugend wirken kann. Er wird es auch niemals lernen. Ich ziehe an meiner Zigarette, einer Vogue, und schweige.

Da ich nicht antworte, sondern dem Kellner immer weiter in die Augen sehe, dreht er sich irgendwann um und geht. Ich ersticke meine Zigarette im Aschenbecher und zünde mir die nächste an. Die Leute sehen zu mir herüber. Das ist mir egal. Ich sehe ihnen in die Augen. Sie sehen weg. Ich trinke Brandy.

Ein paar Sekunden später kommt ein Mann ins Café, blickt sich um, sieht mich, sieht mir in die Augen und kommt dann auf mich zu. Mir fällt auf, dass er in seiner Tasche etwas sucht. Zumindest sieht es so aus. Er holt seinen Tabak heraus, setzt sich ungefragt neben mich und beginnt sich eine zu drehen. Ich sehe seinen geschickten Fingern zu bis er fertig ist. Dann gebe ich ihm wortlos Feuer. Er zieht an seiner fein säuberlichen Selbstgedrehten, sieht mir in die Augen, bedankt sich und schweigt. Sieht mir in die Augen. Ich schwiege. Der Kellner kommt wieder.

„Verlassen Sie bitte augenblicklich das Lokal oder ich rufe die Polizei!“

Der Mann neben mir sieht nun verwundert seine Zigarette an, dann meine, dann mich und zuletzt bleibt sein Blick auf dem Aschenbecher haften. Er versucht ruhig zu wirken, wird allerdings nervös. Es scheint so, als wolle er etwas sagen, aber ich komme ihm zuvor. „Nein“, sage ich, die Augen nicht von denen des Mannes abgewendet. „Wie Sie meinen!“ schnaubt der Kellner und rennt zum Telefon. Ich trinke aus und erfreue mich an den Blicken des Mannes neben mir, der immer noch raucht und gar nicht auf die Idee kommt seine Zigarette auszumachen. Er hat nichts bestellt. Er sieht so aus, als würde er warten, bis ich das Schweigen breche.

Ich schiebe mir allerdings die Vogue zwischen die roten Lippen, sodass ich beide Hände frei habe und hole mein Geld heraus. Ich lasse mich sogar noch zu 50 cent Trinkgeld herab. Als ich aufstehe, blickt der Mann erwartungsvoll zu mir auf. Ich sehe ihn nicht mehr an. Die Zigarette immer noch zwischen den Lippen verlasse ich schweigend das Lokal.

Posted by Journey

Kategorie: (Kurz)geschichten

Autor: Journey

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2 Kommentare        

coole geschichte 🙂 ist dir das in echt passiert? 😀

Danke. : )
Und nein, das ist mir nur so als Idee und Muse gekommen, da ich nur ein Café in V. kenne, in dem man rauchen darf.

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