Ich glaube mein Ich im Real Life unterscheidet sich schon etwas von meinem Ich hier in meinen Texten. Innerlich nicht. Aber „äußerlich“, da ich im Leben da draußen vor der Tür und im Kontakt mit Menschen von mir aus nicht immer in dem Maß auspacken kann wie hier und sie daher nicht sehen können, was in mir vorgeht. Oft weiß ich das ja selbst nicht und muss erst mal schreiben und mich mit mir alleine auseinandersetzen, um das zu erkennen. Ich bin selten dazu in der Lage die gut durchdachten Worte wie hier zu finden und lasse mich dann eher vom Gespräch treiben. Aus Harmoniebedürftigkeit passe ich mich daher wohl oft auch eher an das an, was mein Gegenüber mit einer Überzeugung vertritt, die mir in dem Moment einfach fehlt. Und je überzeugter das klingt, desto stiller werde ich…
Seitdem ich Observer kenne, der mich nun wirklich bis ins kleinste Detail gelesen hat und liest und auch zwischen den Zeilen erkennen und vor allem fühlen kann, was ich meine, wird mir immer deutlicher bewusst, was es eigentlich bedeutet, nicht gelesen zu werden.
Wenn ich mich also mal wieder gekränkt fühle, weil hier so null Reaktion zu meinen Texten kommt, dann hat das vielleicht nicht einmal etwas mit dem Schreiben an sich zu tun und ob ich nun spannend erzählen kann oder nicht, sondern mit reiner Psychologie. Ich glaube mittlerweile, dass Menschen, die meinen Blog nicht ernsthaft lesen, vieles von dem, was in mir vorgeht, gar nicht nicht begreifen können, egal wie lange und wie gut sie mich nun schon „kennen“. Das hier macht nun mal den größten Teil von mir aus.
Es versetzt mir deshalb immer etwas einen Stich, wenn ich merke, dass andere die Tragweite davon nicht von sich aus erkennen. Besonders ist das der Fall bei Menschen, die mich eigentlich kennen sollten. „Überlesen zu werden“ fühlt sich dann irgendwie an wie „übersehen zu werden“.
Ich möchte daher nun mal aufschreiben, was mir schon seit längerem auf der Seele brennt und was mir immer wieder diesen Stich versetzt, auch wenn ich mich dazu bisher noch nie so deutlich geäußert habe:
- es tut mir weh, wenn man mich (anruft und) fragt, wie es mir geht und warum ich mich nicht melde, wenn man vorher nicht hier vorbei geguckt hat… weil das meist eine Gesprächsgrundlage bildet und ich viele Dinge, die ich hier ausformuliere einfach nicht von mir aus ansprechen kann und da etwas Hilfe bräuchte
- es tut mir weh, wenn ich das Gefühl habe, dass Menschen, die mich eigentlich lieb haben, hier gar nicht reinsehen
- es tut weh, wenn sie es lesen, aber nur das schöne mündlich kommentieren und das nicht so schöne, das ich eben auch wahrnehme, ausklammern oder runterspielen (das verleitet mich zwar dazu, es ebenfalls runterzuspielen, aber meine Empfindung dahinter ist eine andere)
Klar komme ich mit all dem klar. Weil ich weiß, dass die Welt nun mal auf einer anderen Form von Kommunikation basiert und weil ich eher zurückhaltend und devot bin und das Gefühl habe, dass ich nicht berechtigt bin, so viel zu verlangen und mich so wichtig zu nehmen. Vielleicht ist es ja wirklich auch zu viel verlangt, dass man mich liest und versteht und ich wünsche mir da etwas, was keiner außer Observer und ein paar andere Leser, die mich zweiweise begleitet haben und es vielleicht noch tun, leisten kann?
Ich weiß auch, dass ich diese Form von Liebe und Wertschätzung nicht von jedem erwarten kann. Andere haben eben viel zu tun und ihr eigenes Leben und nicht immer den Kopf für anderer Menschen Innenleben. Ebenso ist mir bewusst, dass ich mit dem, was ich hier schreibe, auf einem sehr anspruchsvollen Gleis fahre.
Daher habe ich auch das Gefühl, dass es mir nicht zusteht, jene Menschen, die mir eigentlich Nahe stehen, darum zu bitten, sich die Zeit dafür zu nehmen, sich mit den Texten und mit mir auseinanderzusetzen. Sie tun das gewiss nicht mit böser Absicht, aus Unlust oder weil ich so mies schreibe (was ich dann aber oft denke). Es passt vielleicht gerade einfach nicht in ihr Leben und die Überwindung, dann auch noch etwas Anspruchsvolles zu lesen, ist wohl zugegebenermaßen auch recht groß. Manchmal wollen sie auch nicht nachdenken und überlesen das, was mir wirklich wichtig ist. Vielleicht sind sie aber auch überfordert damit? Vielleicht fühlen sie sich von meinen Texten erschlagen und haben die Befürchtung, dem anschließenden Gespräch nicht gerecht zu werden? Vielleicht haben sie aber auch vor etwas Angst? Ich jedenfalls bin die letzte, die nicht bereit wäre, darüber zu sprechen, denn ich kann ja sprechen, auch wenn ich in den Bereichen meines Innenlebens einfach schriftlich versierter bin. Aber ich kann eben nur sehr bedingt lernen in Phasen der Unsicherheit meine Gefühle und die Zusammenhänge spontan im Gespräch zu erkennen und zu formulieren, weil ich so einfach nicht funktioniere. Wenn mir was klar ist, kann ich dann schon besser darüber sprechen, auch wenn es nie an das rankommen wird, was hier im Blog steht und die Chance, dass ich mich nicht wirklich verstanden fühle relativ groß ist.
Und ich weiß, dass ich lernen muss, damit umzugehen. Helfen kann man mir jedoch, indem man mich liest und so schon mal eine Gesprächsgrundlage schafft, bei der ich mich deutlich wohler fühle.
Und wenn anderen das Ansprechen schwer fällt, kann ich sie beruhigen…: Wie dieser Text deutlich zeigt, fällt es mir oft auch unglaublich schwer…
Aber ich bin überzeugt davon, dass es wichtig ist!
Ich jedenfalls sehe diesen Blog immer noch als mein erstes Kommunikationsmedium nach außen und schaffe damit jedem einen direkten Einblick in meine Gedankenwelt. Man kann mir also vorwerfen, dass ich im Gespräch nicht den Mund aufbekomme, aber nicht, dass ich schweige.
Liebste Frau Journey, ich hoffe sehr, dass ich nicht der einzige bin, den beim Lesen dieser Zeilen das schlechte Gewissen mehr als nur ein wenig anknabbert. Zuerst habe ich mich gefragt, ob jeder, der eine entsprechende Wichtigkeit hat, diesen Blog überhaupt kennt, dann habe ich kurz meinen Kopf bemüht, mir kräftig vor selbigen gehauen und die dumme Frage verworfen. Mir fällt es schwer in adäquate Worte zu kleiden, wie sehr ich mich schäme, aktuell so wenig Anteil nehmen zu können, obwohl ich dich, so wie mit Sicherheit viele andere auch, als Menschen, als Freundin und als Frau von Verstand verehre wie kaum eine andere.
Ich hoffe sehr, dass sich das alles in naher Zukunft ein wenig auflockern wird. Mir fehlen unsere langen Telefonate, der stets kurzweilige Austausch und die vielen Aha-Momente, welche du mir mehr als einmal beschert hast. Ich beginne nun, mich durch die vergangenen Monate deines Lebens zu graben hier, bitte fühle dich angemessen gestalkt.
Egal wie die Welt aussieht, auf Regen folgen Regenbogen. Ich habe dich lieb, halt die Ohren steif. Ich lese dich, dann lesen wir uns.
Fe
Liebster Herr Fe,
es freut mich, dich hier wieder willkommen zu heißen und ich danke dir sehr für diese lieben (und adäquaten) Worte! Ich hoffe auch, dass das noch mehr Menschen so sehen wie du und nicht nur verstehen, sondern auch fühlen, wie wichtig es mir ist, gelesen zu werden. Es tut einfach unglaublich gut und ist im Grunde die schönste Form von Wertschätzung für mich.
Ich habe dich auch sehr lieb und hoffe, dass wir uns eines Tages wieder so unterhalten können wie früher und bin mir sicher, dass wir beide dann etwas weiser sein und von dem, was wir erlebt und gelernt haben, profitieren werden. : )