Runaway

Der Sechsundzwanzigste war auch ein merkwürdiger Tag. Ich setzte mich um 14 Uhr ins HK, wo ich dann den ganzen Tag verbracht hatte. Warum, das ist eine andere Geschichte. Jedenfalls traf ich mich mit Dieter, der mir eine ganz unglaubliche Geschichte erzählte.

Am Morgen nach Heiligabend lag nämlich ein Porsche auf seinem Wohnzimmertisch. Ich dachte erst, er wolle damit Andeutungen auf mein Geschenk machen. Nur eben witzig erzählt, so wie immer. Aber als er weiterredete, merkte ich, dass er wirklich keine Ahnung hatte, woher das kleine Auto kam.
Er dachte natürlich zuerst an das Miniaturauto von unserem Wirten, das er schon mal eingesteckt hatte. Der Wirt hatte ja dieses Drama mit seinem SLK und seiner Ex-Frau, die den immer geklaut hat. Doch als Dieter mit dem kleinen roten Auto ins Nest kam, stand der kleine rote Mercedes da, wo er immer stand. Er fragte sich also, woher denn nun das andere kleine rote Auto von ihm kam. Und so machte er die ganze Kneipe verrückt und begann sich wirklich zu ängstigen.
Ich meinte, beherrscht nicht zu laut loszulachen, dass das Auto kein Mercedes sei, sondern ein Porsche. Man sah mich an. Dieter sah mich an. Stille. Alles verstummte. Ich fing an zu lachen. Dieter wunderte sich immer noch, wie denn nun das kleine Auto zu ihm auf den Wohnzimmertisch gekommen war. Dann fiel der Groschen. Dieter war sprachlos.
Ich hätte ihm auch erzählen können, dass ich gezaubert habe, aber ich blieb bei der Wahrheit, dass das Auto aus dem Brief kam…und gleichzeitig fragte ich, wie man denn so was nicht sehen könne.

Am späteren Abend war ich immer noch da. Ich hatte allerdings nur Kaffee, Wasser und Tee getrunken. Ich gönnte mir dann allerdings noch Bier aus der Flasche. Aus nostalgischer Provokation. Denn A., der beste Freund von Jo, hatte mich vor kurzen wieder einmal beleidigt. Nur weil ich einen Stern im Haar hatte und Bier aus der Flasche trank. Würde man uns nicht jedes Mal geschickt trennen, so würde ich diesem Kerl entgegen meiner Prinzipien eine Ohrfeige verpassen. Der ist nämlich immer so zu mir. Früher war er ja okay, heute macht er mir irgendwie Angst, weil man nie weiß, was er einem als nächstes an die Ohren schmettert. Und meine Freundin Maze hat er auch schon angemacht…kein Wunder, dass da keine Frau bleibt. Er gehört zu den Kerlen, die die Kontrolle über sich verlieren…und das scheint nicht nur am Alkohol zu liegen.

Ich bin ja der Meinung, dass es keinen Menschen gibt, den man verachten kann, sondern nur das, was dieser jemand tut. Und ich mag A., aber er scheint ein großes Problem mit sich zu haben…das er dann an mir auslässt.

„Yeah, kauf die ne Kugel und gib sie dir!“

„Weißt du wie scheiße du mit dem Judenstern/dem Kreuz/dem was-auch-immer im Haar aussiehst?“

„Wie kann denn jemandem Bier aus der Flasche schmecken?!“

„Zieh deine Killerarmbänder aus! Das sieht scheiße aus!“

„Mach was, Jo ist ja dein Freund!“

„Du gehörst mal richtig durchgevögelt…“

Erstaunlich, was ich alles noch weiß…ich weiß auch noch, als wir da standen, genau vor zwei Jahren vor Jos Wohnung und kein Taxi kam, weil Jo uns rausgeschmissen hatte, bevor er eins gerufen hatte. Der tat so, als würde er eins anrufen und schmiss uns raus. Dafür setzte es dann aber was. A. war’s egal, er hatte ja damals was mit Teesorte…oh man…die Zeit vergeht so schnell. Und so langsam glaube ich, dass jeder was mit jedem hat…

Ich saß dann jedenfalls friedlich, ohne Streit, mit Karl da und sang mit ihm unser Lied: Donna Blu. Und ich merkte, dass der jeden Schlager auswendig konnte…
…ich weiß auch nicht, aber als Kneipenkind vor 13 Jahren fand ich Schlager ganz furchtbar. Heute lächle ich einfach nur und höre auf den Text. Wenn man auch die Chance hat, Texte für einen Schlagersänger zu schreiben, dann beschäftigt man sich auch eher mit der Materie.

Ich war an dem Tag insgesamt fast 12 Stunden weg. Mit Karl trank ich auf die Revolution und als ich fragte, wo denn der Schlosser sei, meinte er, der sei verliebt. Ich fand das süß. Ein verliebter Künstler… Ich hoffe jedenfalls, dass es ihm nicht zu sehr ans Herz geht. Denn er ist einer der feinfühligsten Menschen überhaupt. Er kann alles und nichts sein. Mit ihm kann man reden und er kann einem viel vom Leben erzählen.

Karl brachte mich jedenfalls Heim, küsste mich und verschwand.

Männer…warum können die sich einfach nicht mit einer Dame unterhalten? Warum muss man immer lieben und zusammen sein? Man hat nie seine Ruhe…

Posted by Journey

Kategorie: Allgemein

Autor: Journey

«      |      »

Schreibe einen Kommentar