Mein Testament (1)

Am Wochenende habe ich mich spontan mit einem Bekannten getroffen, den ich vor über fünf Jahren im Nest, meiner ehemaligen Stammkneipe, kennen gelernt habe. Ihn treffe ich aber relativ selten und etwa ein- zweimal im Jahr. Erwähnt habe ich ihn hier daher noch nicht, aber schon seit Jahren einen passenden Namen für ihn: Dexter. Er erinnert mich einfach irgendwie an ihn und lustigerweise hat er am Sonntag auch gekocht (was er, wie er meint, nicht kann).

Bei diesem Gespräch kamen wir neben vielen anderen interessanten Themen auch auf das Thema Testament, über das ich mir ja schon seit längerem Gedanken mache. Ich bin nun sehr beflügelt von dem Gedanken, jetzt schon mein Testament aufzusetzen. (Ja, ich weiß, ich bin erst 31 – fast 32…)
Über eine Patientenverfügung denke ich ja schon seit Jahren nach und seit Corona ist es eigentlich noch wichtiger geworden, sich darum zu kümmern.

Ich weiß auch schon ziemlich genau, wie meine Beerdigung aussehen soll: Ich will als Asche über einem Gebirge, vorzugsweise den Alpen, verstreut werden. In Österreich geht das wohl, in der Schweiz (wo ich am liebsten sterben würde) auch, aber ich habe bisher nur etwas gegoogelt und nicht direkt nachgefragt.

Meine beiden bevorzugten Orte sind jedenfalls:

1. Die Berge, an denen man in Österreich entlangfährt in Richtung Slowenien (weil sie für mich einen symbolischen Charakter haben und an die Zeit erinnern, als ich mutig alleine mit völlig Fremden in ein einsames Haus nach Bled gereist bin, um an einem Schreibretreat teilzunehmen)

2. Das Matterhorn!

 

Vielleicht mag es der ein oder andere nun schräg finden, dass ich mir in meinem Alter solche Gedanken darüber mache und auch schon konkrete Vorstellungen habe, aber ich finde das unglaublich wichtig und weitaus weniger beängstigend als den Gedanken, dass  eben „irgendetwas“ mit meinem Körper passieren wird und ich im schlimmsten Fall im Familiengrab unter der Erde lande… ( Sorry, Familie! ; ) ) Genau so schlimm finde ich den Gedanken, dass jemand alles wegwirft, woran mir einmal etwas gelegen ist.

Es ist bisher nur eine Idee, aber ich möchte sie unbedingt verfolgen und werde hier auch darüber berichten, um vielleicht dem ein oder anderen Mut zu machen, sich rechtzeitig darum zu kümmern, um die Hinterbliebenen zu entlasten und nicht für unnötigen Stress und Streit zu sorgen. Denn Erbschaftsstreits haben leider schon sehr viele Familien zerrüttet…

Ich selbst werde zwar keine Nachkommen haben, die sich werden streiten können, aber dafür habe ich Menschen, die ich liebe und die eben nicht mit mir verwandt sind und ansonsten leer ausgehen würden.  Es geht mir auch um den Jetztzustand. Sollten meine Eltern eines Tages nicht mehr sein (was passieren wird) oder ich wirklich einmal heiraten (was passieren könnte, aber nicht muss, weil es wichtigere Bindungen gibt), wird das natürlich auch anders aussehen. Maze, die wie eine Schwester für mich ist und die ich eigentlich schon pränatal kenne, wird dennoch in meinem Testament bleiben, ob ich nun 4000€ auf dem Konto habe oder ein Grundstück besitze.

 

Das Testament ist der uneigennützigste Akt des Lebens: man vergißt dabei ganz sich selbst.
[Emanuel Wertheimer]

Posted by Journey

Kategorie: Allgemein

Autor: Journey

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2 Kommentare        

Belkiz Bulut-Gaus

Wow! Das liest sich ziemlich kalkuliert mit dem Grundstück. Aber redest Du da dann nicht von einem Erbe, das Du selbst noch nicht geerbt hast? Das wichtigste, was wir vererben können, ist Liebe. Ich liebe Teile Deiner Familie, die Du hier gerade ziemlich heftig vorführst… Krass… 

Hi Belkiz!

Ich habe meinen Beitrag gerade noch mal gelesen und kann einerseits verstehen, dass man ihn wohl bedrohlicher liest, als er gemeint ist, wenn man selbst betroffen ist… Andererseits gibt es auch Menschen, die ihn so gelesen haben, wie ich ihn auch meine und es verletzt mich gerade sehr, dass viele aus meiner Familie mich so einschätzen, als würde ich berechnend jetzt schon mein Erbe verplanen.

Dass ich etwas erbe und dass das vermutlich nicht wenig ist, stand für mich hier gar nicht zur Debatte, auch wenn ich das leider wohl nicht klar genug formuliert habe… Es geht mir um den Jetztzustand und nicht um das, was ich erbe oder nicht. Und würde ich jetzt sterben, so würde nichts von meinem Besitz an die Menschen gehen, die nicht mit mir verwandt sind und die ich liebe und die mit den paar Euro mehr anfangen können als meine Eltern, die ohne Testament ansonsten automatisch von mir erben würden…

Wenn es nach mir ginge, würde ich am liebsten gar nicht erben, weil ich nichts von alldem brauche und weiß, dass es mein Bruder und seine Familie dringender brauchen. Ich komme seit Jahren ohne finanzielle Hilfe zurecht mit meiner Bescheidenheit und das ist auch eines der wenigen Dinge, auf die ich wirklich stolz bin: Dass ich mich trotz etwas besserem finanziellen Start im Leben früh gelöst habe und heute ein selbstständiger Mensch bin!

Und mich belastet das alles auch…weil ich darin verwickelt bin und jetzt irgendwie die Böse bin, obwohl gar nicht erben und diese ganzen Konflikte austragen will…

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