fotografische Motivationslosigkeit

Was das Lernen angeht, da bin ich ja schon Meisterin der Theorie, sogar die Klassenbeste! Aber in der Praxis tue ich mich immer noch sehr schwer, besonders wenn "Profis" etwas von mir verlangen. Die haben da einen ganz anderen Blick, der mir oft Angst macht und mich in meiner Kreativität gnadenlos hemmt. Er flüstert mir leise in mein Ohr:

"Du hast was vergessen, es ist zu wenig, mach mehr, gib alles! Oder war's das schon bei dir?!"

Wenn mich dann noch jemand daran erinnert, dass ich muss, weil man es sonst ja nicht lernt und arbeitslos auf der Straße endet undundund, dann herrscht in meinem Kopf das Chaos. Ich weiß doch, dass ich muss und erst am Anfang bin, in einer Ausbildung das ganze erst lernen soll und das Theoretische auch praktisch anwenden sollte, um es zu verinnerlichen...

Aber warum kann ich das einfach nicht begreifen...?! Warum denke ich immer gleich, dass es um DAS BILD geht, auch wenn ich doch von vornherein weiß, dass es DAS BILD erstens mal gar nicht gibt, weil Kunst einfach subjektiv ist und zweitens weiß ich ja noch nicht einmal, was auf DEM BILD zu sehen sein soll. Natürlich nehme ich an, dass es sich um Menschen handelt, die wunderschön ins rechte Licht gerückt worden sind. Das passt meinem inneren Leid ganz gut, denn mit Menschen kann ich gar nicht, wenn es um Fotos geht. Sie bewegen sich, sie atmen, sie leben, ihnen fallen die Haare komisch, sie sehen mich erwartungsvoll oder stirnrunzelnd an…aaah. NEIN! Aber ich bewundere jene, die das können…und damit klar kommen. Was ich mache, kann hingegen wohl jeder Depp. Eine Lampe aufstellen, eine Schraube hinlegen, abknipsen den Ausschnitt wählen. Was ist das schon?! ANGST. Einfach pure ANGST. Ich mache mich runter…gnadenlos. Und dann baue ich mich wieder neu zusammen und zerstöre und baue auf und mit all diesen Kopfwehgedanken in mir ist es einfach unmöglich, die Kamera auch nur anzusehen.

Vor meiner Ausbildung habe ich mir ja keine Gedanken um meine Bilder gemacht...jetzt mache ich mir zu viele und lasse es am Ende lieber ganz bevor mich jemand kritisieren könnte und ich wieder mal feststellen muss, dass das alles auf der Karte nichts war....aber für was war es nichts? Was will ich denn überhaupt? Will ich wirklich Fotografin bleiben, wenn ich offiziell eine geworden bin? Eigentlich nicht. Eigentlich bin ich alles und nichts und möchte noch so viel anderes lernen und machen...eigentlich sollte ich diese Ausbildung wirklich als das sehen, was sie ist: Eine AUSbildung, die mir die Grundprinzipien der Gestaltung und noch so viel anderes vermittelt. Da kann ich nicht schon erwarten, die Queen of Photography zu sein...

Ach, wäre es nur so leicht, mir auch diesen Ansatz eines Gedanken in mich hineinzuprügeln wie den Lernstoff…obwohl der ja fließt, solange ich mir das einrede. (Momentan klappt nicht einmal das und ich fühle mich selbst darin blockiert…)

Nur leider...leider kann ich nicht mehr „zurück“. Dazu stecke ich zu sehr im Gedankenwirrwarr...ich habe mich so extrem in die Theorie vertieft, dass ich das mit dem eigentlichen Ziel der Ausbildung, Fotografin zu werden, komplett außen vor gelassen und zeitweise einfach sogar verdrängt habe. Wenn mich jemand fragt, ob ich mal was fotografiert habe, lenke ich ab und schäme mich für das wenige, das ich kann...und das staut sich und staut sich und wird in manchen Momenten viel zu schwer...

Ich möchte also wirklich aus diesem linearen Denkmodell heraus- und in eine neue Welt voller Lichtmalerei hineintreten. Doch wie stelle ich das am besten an, wenn da doch ständig dieser permanente Vergleich mit jenen ist, die einfach in so vielem besser sind und nach außen keine Probleme damit haben, sich und ihre "Werke" zu präsentieren?

Mein guter alter Freund Kai (ja, der lebt auch noch) hat neulich am Telefon zu mir gemeint, ich solle mal Fotos von seiner Tochter, ihm und seiner Frau machen. Ich habe gemeint, ich könne das nie, da ich nicht einmal einen Aufsteckblitz hätte und gar nichts von Lichtführung weiß, gar nichts kann und und und...und da hat er gemeint:

Aber du bekommst das bestimmt besser hin als so ein Normalsterblicher!

Und das hat mir gefallen...denn das übersehe ich total in meinem Theorie- und Vergleichswahn: Ich weiß und kann schon mal mehr als die meisten anderen. Mehr als die IPhone-Spiegel-Generation...mehr als ein Allesknipser, der alles fotografiert, wie es kommt mit Finger über der Linse und heavy Gegenlicht. Das mache ich nicht. Ich schließe störende Türen, entferne Staub von Gegenständen, rücke zurecht, verschiebe, denke mit...und DAS muss ich mir vor Augen halten!!

Dennoch ist da diese Motivationslosigkeit...

Es ist ja nicht so, dass ich keine Ideen hätte. Die habe ich schon...nur fehlt mir irgendwie der Drang, sie auch durchzusetzen. Das muss sich unbedingt ändern.

Ich bin einfach viel zu faul geworden...zu faul die Kamera rauszuholen...wozu auch? Ist doch nur eine Schnecke/Blume/Straße...wozu soll ich das fotografieren? Also habe ich irgendwann auch nicht mal mehr die Kamera mitgenommen, was ich früher IMMER gemacht habe, um Dinge festzuhalten. Käme nun eine tolle Szene, eignet sich diese Methode super, um sich hinterher Vorwürfe zu machen…

Und ihr wisst, das kann ich sehr gut!

Irgendwo habe ich mal folgenden Tip aufgegriffen:

Einfach nicht die Kamera in die Hand nehmen, bevor nicht klar ist, was ich damit machen will. Dasselbe gilt auch für Schreibblockaden. Wenn man sich vor den Rechner/vor die Schreibmaschine/ein leeres Blatt setzt und keine Ahnung hat, wo man anfangen soll, deprimiert einen das nur noch mehr. Also - zuerst die Idee, dann die Umsetzung!

Aberaberaberaber…>___<

Ich könnte das hier ewig weiterspinnen und dennoch auf keinen Trichter kommen…oder doch? Immerhin hat mir dieser Artikel hier (den ich bereits am 2. Juli angefangen und bis HEUTE verdrängt hatte…) einige „Erkenntnisse“ geliefert, die bisher nur in meinem Kopf vorhanden waren…

Posted by Journey

Kategorie: Allgemein

Autor: Journey

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4 Kommentare        

Ich habe ein neues Hobby: Snooker, das Billard der britischen Gentlemen. Es ist absolut sinnlos, mit einem langen Stock eine weiße Kugel auf einem Tisch so anzustubsen, das diese eine farbige
Kugel anstößt, die wiederum verdammt nochmal in eines der sechs viel zu kleinen Löcher plumpst. Dennoch begeistert es mich und ich genieße die Atmosphäre bei diesem eleganten, ruhigen,
konzentrierten „Sport“. Jedesmal, wenn ich aber Zeit und Geld dafür investiere, quält mich der Sinngedanke, und wenn der irgendwann die Oberhand gewinnt (vielleicht wenn der Reiz des Neuen
verflogen ist), dann wird meine Motivation dahin sein.

Neben der Motivationslosigkeit sprichst Du den Perfektionismus an. Auch der steht immer neben mir, wenn ich Snooker spiele. Momentan bin ich zwar schlechter als mein Spielpartner, aber besser als
alle anderen Menschen, die ich persönlich kenne. Was geschieht, wenn ich irgendwann mit Menschen spiele, die allesamt besser sind, uneinholbar besser? Ich habe schon Hobbies aufgegeben, weil ich
keine Chance sah, einer der besten zu werden.

Zuletzt komme ich zu einer Aussage aus Deinem letzten Post, und die fügt alles zusammen: „ich werde wohl immer erst dann begreifen, dass mir das Jetzt gefehlt hat, wenn es Vergangenheit geworden
ist…“. Snookerspielen ist das Jetzt. Ein Foto Erarbeiten ist das Jetzt. Das Nach-dem-Sinn-Fragen und der Perfektionismus aber machen das Jetzt zum fehlenden Jetzt und dann zur ungelebten
Vergangenheit, da sie uns vom Tun abhalten. Das wissen wir beide, müssen aber hart lernen, gegen unsere Gedanken dennoch ins Tun zu kommen – auch, wenn es keinen (offensichtlichen) Sinn hat, auch
wenn wir nicht die besten sind.

Der Sinn und der Perfektionismus hängen wie ein Damoklesschwert über meinem geliebten Snooker. Ich zwinge mich nach Vermögen, dieses Spiel zu genießen, auch ohne tiefen Sinn. Das ist echt nicht
leicht. Und ich zwinge mich so gut ich kann, mich auch weiterhin nach dem schönen Gefühl beim Spielen zu sehnen, auch wenn ich schlecht spiele.

Das ist für mich das Leben im Jetzt: Spielen, weil ich gerne spiele, fotographieren, weil Du gerne Bilder machst. Und *dass* Du gerne Bilder machst, glaube ich schon nach dem Bisschen, was ich
von Dir weiß.

„Ich habe schon Hobbies aufgegeben, weil ich keine Chance sah, einer der besten zu werden.“

Das ist traurig…sehr traurig…unendlich traurig…weil es das Unaussprechliche in Worte fasst…das, was ein Teil meines
Kopfes wirklich denkt, obwohl es total abstrus ist…

Huhu… ich bin mal wieder da! ^^

Zu allererst mal: „Nobody is perfect!“

Zum zweiten: „Man lernt nie aus… man lernt sein ganzes Leben lang, egal was… es kommt immer was dazu!“ 🙂

Bist du so motivationslos, weil du das ja nur für dich selber machst? Also klar, in erster Linie ist es für dich, aber vlt. hilft es dir, wenn du das mit dem fotografieren kleiner Blumen und
Schnecken unterwegs für Freunde, deinen Freund, oder so machst????? Ich weiß ja nicht, aber vlt. fördert dich das ja etwas, wenn du weißt, dass jmd. der dich mag, deine Fotos mag und zu schätzen
weiß, dass du sie fotografierst!!

Und du solltest Kai avec Familia fotografieren… als Übung!! Da es ein Freund ist, ist es ja pupsegal, ob du zu beginn etwas länger brauchst, ob du hier und da vlt. noch einen Fehler machst…
dann kannst du daran ja sehen und lernen. Dich selber verbessern!! Bei fremden würde mich das dann tatsächlich auch sehr stören, aber bei Freunden, die einem das ja auch noch anbieten fände ich
das echt super!!

Vlt. klappts ja, ich drück dir die Daumen!! :-*

PS: Ich will deinen Blog abonnieren… wie geht das????? ^^

Danke für deinen Kommentar! Momentan läuft es so, dass mir mein Arbeitskollege in den Arsch tritt und mich zum Fotografieren mit etwas Druck motiviert. Dafür bin ich auch total dankbar, auch wenn
ich immer noch öfters die Angst verspüre…

Danke fürs Daumen drücken. : *

Und zu deinem PS: Ich habe gerade auch gemerkt, das das oben in der Leiste nicht funzt…ich behebe das mal ; )

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