Nachdem ich noch mal über mein Konfliktproblem nachgedacht habe, bin ich nach einer kleinen ICQ/Facebook-Auseinandersetzung mit Kai zu dem Schluss gekommen, dass ich die Wand nicht schwärzer malen werde, als sie sowieso schon ist und einfach in die Schlacht ziehen werde. Die Waffe ist natürlich ein Spickzettel. Wenn ich schon meine Gefühle nicht 1:1 in der Realität in Worte fassen kann, dann schreibe ich sie eben wie Vokabeln auf. Aller Anfang ist eben schwer…
Schade nur, dass ich das alles nicht austesten konnte. Oder nein…schade ist vielleicht das falsche Wort. Zum Glück kann ich nämlich alles erst das nächste Mal austesten. Denn es kam wie immer nicht zu einem klärenden Gespräch. (Irgendwie muss ich immer alles klären…das ist doch irgendwie paradox, wenn man bedenkt, dass ich das eigentlich gar nicht kann…) Diesmal gab’s jedoch wie gesagt nichts zu klären. Diesmal sprachen Taten mehr als Worte…und vor allem endlich wieder einmal mehr, als geschriebene Worte.
Wie alles begann? Ich konnte natürlich nicht dem Drang widerstehen, mein neues ICQ mit Facebook zu verknüpfen, obwohl ich dort gar nicht mehr aktiv war. Der zweite Punkt, dem ich nicht widerstehen konnte war, mich bei Kai zu melden. Vielleicht war es auch gut so. Denn wenn man sich gegenseitig aus dem Weg geht, bringt das ja nichts. Immerhin ist Dr.D. zu was gut, denn das habe ich von ihm gelernt. Wenn einer sich abwendet, wendet sich der andere automatisch auch ab. Mein Problem ist nur, dass ich niemandem auf die Nerven gehen will und mich deshalb normalerweise abwende. Eigentlich ist das ja totaler Quatsch…aber ich suche eben zuerst den Fehler bei mir…vermutlich auch, wenn keiner da ist…
Begonnen hat alles also mit: Hey, bin auf dem Rückflug. Bin, wenn alles gut geht, um 23.09 Uhr in V. Und was machst du so?
Journey: Wohin? Woher? O__o
(Ich hatte natürlich keine Ahnung, um was es ging. Wie immer eben…)
[…]
Kai: Der Zug kommt um 23:09 in V. an. Warum?
Journey: Weil du in S. wohnst.
Kai: Ja, aber dann laufe ich halt rüber. Ist eh der dritte Tag ohne Schlaf. Was macht das schon?
Journey: Willkommen im Klub…
Kai: Warum kannst du nicht schlafen?
Journey: Und ohne richtiges essen… Ist egal.
Kai: Nein das ist es nicht verdammt noch mal.
Journey: Doch. Du hast andere Sorgen
[…]
usw.
Irgendwann war dann zum Glück sein Akku vom Laptop leer.
Und als ich alles schon hinschmeißen wollte, kam ich ins Grübeln…es war 21 Uhr. Ich hatte noch zwei Stunden…und ich entschied mich für Spickzettel und ebenso für nachts um 11 Uhr am Bahnhof warten.
Eine Stunde und dreißig Minuten später lief ich dann über den Platz und rauchte meine Zigarette zu Ende, weil man am Bahnhof direkt nicht rauchen darf.
Als ich um die Ecke bog war allerdings sowieso nichts los und ich bekam leichte Angst. Ich fragte mich nur, woher die kam. Und dann fiel mir ein, dass ich ja noch nie nüchtern um die Zeit alleine hier war…das hört sich böse an, doch ich muss sagen, dass ich allgemein wenig Zug fahre und das daher nicht so dramatisch ist.
Ich zählte die Minuten, sah auf alle Fahrpläne, auch wenn überall das gleiche stand und dann, um 23:12 Uhr kam der Zug. Ich sah Kai, er mich nicht. Er bog runter in die Unterführung und ich musste mich entscheiden, ob ich einfach da stehen bleiben sollte und nie da war oder ob ich hinterherrenne wie ein kleines Mädchen. Ich hatte keine Zeit zum Nachdenken und quetschte mich durch die Menge. Auf dem anderen Bahnsteig zog ich an seiner Jacke. Er drehte sich um und sah mich an. Sah mich an. Sah mich an. …und ich dachte erst, er würde mich nicht erkennen oder es würde gleich ganz großen Ärger geben. Doch dann verabschiedete er sich von seinem Kumpel, der auch noch bei ihm war, nahm meine Hand, was mich wiederum schockierte und wir gingen Richtung Busbahnhof, um zu sehen, wann der nächste Bus nach S. fuhr.
Es begann zu regnen. Es war kalt. Kai hielt meine Hand. Ich schwieg. Ich wollte in Ruhe darüber reden. Und es gab etwas zu reden. Und das denke ich heute immer noch.
Der Bus kam, wir küssten uns, ich lief davon, holte meinen iPod raus und hörte Musik…ich fragte mich, ob das nun gut oder schlecht war und was Wirklichkeit und Einbildung ist. An diesem Abend schlief ich gut. Und heute morgen hatte ich Fieber. Und ich war noch nie so froh darüber. Denn zur Abwechslung blieb ich mal nicht wegen Trübsinn im Bett.