Es ist eigenartig, aber irgendwie glaube ich so langsam, dass irgendetwas hier die Fäden im Spiel hat. Ob Zufall oder Schicksal oder ob ich das am Ende sogar selbst bin, weiß ich nicht; kann ich nicht sagen. Aber irgendwie erkenne ich immer wieder neue Dinge und mir werden noch neuere Dinge bewusst. Ich rede mir zwar ein, erwachsen zu sein. Aber im Grunde bin ich das nicht. Was bedeutet auch schon alt und erwachsen? Ich sollte lieber von dem Gedanken loskommen und endlich jemand sein. Egal ob jung oder alt. Ich sollte auch nicht nur auf mein Gewissen hören. Und ich sollte mir vor allem nicht einreden, dass Konflikten aus dem Weg zu gehen die einzige Lösung ist. Denn es kann nicht alles perfekt sein. Man kann nicht einfach seine Gefühle unterdrücken und nur daran denken, dass man mit sich selbst keinem anderen schadet und wehtut.
Mag sein, dass ich durch diese Denkweise den Leuten noch mehr geschadet habe. Mag sein, dass ich selbst abgehauen bin, bevor alles eskaliert ist. Ich dachte bis heute Nacht, dass ich in der Lage wäre, mit Menschen umzugehen. Aber in Wahrheit kann ich es nicht.
Das Schicksal oder der Zufall oder meine Gedanken haben es jedenfalls paradoxerweise so eingerichtet, dass ich meine zwei Wochen Praktikum genau von diesem Thema gehandelt haben: Selbstwert, Konflikte, soziale Kompetenz,… Vielleicht muss ich selbst das ja noch lernen. Vielleicht muss ich als Mitglied der Streitgruppe, die eigentlich Wege zur Konfliktlösung vermitteln will, selbst das ganze Programm durchmachen. Denn im Grunde kann ich nicht konstruktiv streiten. Ich rede mir vielleicht selbst etwas ein, indem ich das Weglaufen als richtig tarne. In dem ich versuche, nichts zu fühlen und alles richtig und ordentlich zu klären. Richtig und ordentlich, bedeutet das etwa Alleinsein? Ich als Antirelativistin sollte mich nicht auf so etwas festlegen.
Vielleicht hat mein Pädagogiklehrer, mit dem ich wohl ebenfalls in einem Konflikt stehe, ja recht und die Welt konstruiert sich nicht von selbst und ich kann daran teil haben und die Welt verändern, wenn ich daran arbeitete. Aber dazu muss ich erst einmal verstehen, dass der Mensch nicht zum Alleinsein geboren ist und mit anderen Menschen nun mal in einer Gesellschaft lebt. Dass irren menschlich ist. Und dass Gefühle zum Leben dazugehören.
Vielleicht sollte ich wieder Gefühlen nachgehen, so wie damals. Vielleicht sollte ich nicht für mich allein im Kopf über richtig und falsch nachdenken und das einfach mal ausleben. Und vielleicht sollte ich endlich lernen, Mensch zu sein, zu Gefühlen zu stehen und sie nicht andauernd als falsch zu verteufeln.
Denn das Leben besteht aus Kompromissen zwischen Herz und Verstand und das eine ist ohne das andere sinnlos und nicht möglich, wie ich schmerzhaft miterleben musste.
Ich habe jetzt zwei Möglichkeiten:
Entweder ich komme zu allen Menschen, die ich verlassen habe zurück und entschuldige mich, baue wieder etwas Neues auf und lerne endlich mal nicht nur mir sondern auch anderen zu vertrauen.
Oder ich bleibe weiter auf dem Weg der einsamen Kämpferin, die nie wieder ein Gefühl zeigen will, weil es sowieso alles sinnlos ist. Die Misanthropin ist. Und die ständig mit sich selbst über das richtig und falsch diskutiert und versucht, alles auf rationale und korrekte Weise zu lösen. Doch wenn ich untergehe, dann gehe ich alleine unter…und was ist schon korrekt?
Was gibt einem noch Sicherheit? Im Grunde ist bei diesen zwei Möglichkeiten eine unsicherer als die andere…denn ich kann mich alleine in meinem geschlossenen System namens Hirn genau so irren wie in den Menschen selbst, wenn ich versuche zu vertrauen.
Aaaah, verflixer doppelter Antirelativismus! Im Grunde bin ich eine Schlange, die sich selbst immer wieder in den Schwanz beißt…