Immer, wenn ich eine gute Idee habe, die es vielleicht in einer Diskussion mit einer genialen, berühmten Person aufnehmen könnte, kommt jemand und macht mir das zunichte. Erinnert mich daran, dass ich nur ein kleines, 19-jähriges Mädchen bin und gibt mir deshalb weniger Wert als irgend einer Person, die es ins Fernsehen mit ihrer „Genialität“ geschafft hat. Das ist meine Mutter, die so denkt. Sie interessiert sich eher für den Frühstücksfernsehen-Tratsch von Sibylle Weischenberg, als für die Gedankenwelten ihrer Tochter. Ist ja auch verständlich.
Ich kann mir den Mund fusselig reden, ihr sogar etwas von mir zum Lesen geben, doch es interessiert sie nicht. Es gefällt ihr alles nicht. Aber wenn genau dieselben Ansichten jemand anderes hat, dann ist das auf einmal genial. Lieber sieht sie sich Leute im Fernsehen an oder liest irgendwelche Bücher, die sie nicht versteht. Davor kann man sich mit ihr über nichts unterhalten. Sie muss erst ein Buch lesen und mir mit angelesenen Argumenten kommen, die sie nicht erklären kann. Und wenn man so naiv durch die Welt geht und alles glaubt, was im TV kommt oder in einem Buch steht, ohne darüber nachzudenken, dann ist das sehr gefährlich.
Aber natürlich! Keiner weiß das Hinterfragen und die Zweifel des Lebens zu schätzen. Soll man sie denn nun ernst nehmen oder ist es besser sorg- und gedankenlos durch die Tage zu gehen? Verschwendet man seine Zeit, weil man nicht nachdenkt oder weil man zu viel nachdenkt?
Meine Mum hat ja in einem Recht: Es gibt wirklich so einige geniale Leute in den Medien. Wie zum Beispiel bei Literatursendungen oder anderen Sendungen wie Nachtcafé, etc. Aber ab wann ist man denn ein Genie? Ab wann ergibt das Denken eines Menschen Sinn?
Ich weiß nicht, ob man es ist, wenn man nachdenkt ohne dass die schlichte Sinnlosigkeit des Lebens einen auffrisst, oder ob man es erst ist, wenn man etwas in dieser Welt bewegt. Denken allein scheint jedenfalls nicht auszureichen, um die Leute zu erreichen…
Ich glaube manchmal, dass ich einfach zu spät geboren bin. Wäre ich vor hunderten von Jahren geboren, so würde ich entweder auf dem Scheiterhaufen verbrannt oder geschätzt werden. Und heute? Liegt genial vielleicht im Auge des Betrachters, wie alles andere auch? Ich finde vieles an Literatur genial. Meine Mum findet es genial, wenn man nichts tut und trotzdem alles hat. Wenn man eine Villa mit Swimmingpool besitzt und einen Kerl, der zufällig Richard Gere heißt.
Aber was hat eigentlich heute noch Bestand? Wenn die Bücher von damals keiner liest und die Leute lieber 1000 andere Sachen machen, als über das Leben nachzudenken, was braucht man da noch? Millionen auf dem Konto um anderen zu imponieren? Eine Firma? Ein Haus? Eine perfekt aussehende Familie?
Warum soll man denn noch versuchen, etwas Geniales zu schaffen, wenn es doch schon alles gibt und die Leute sowieso nichts zu schätzen wissen?