Das gibt es nicht! Niemand gibt sich so raffiniert Mühe anderen das Leben schwer zu machen… Es ist eine Geschichte, die nie enden wird… Jo will einerseits wohl was von mir oder tut so, andererseits wundert er sich, warum er mich nicht los wird.
Es begann mit einem Klingeln. Ein einfaches Geräusch, das ich extrem selten höre. Niemand klingelt Samstag Abend an der Tür. Und wer trat herein? Höflich und zuvorkommend? JO!
Mist, verdammt, ich spring aus dem Fenster. Zum Glück war eine Freundin am Telefon und ich konnte mich in sekundenschnelle beruhigen. Mein Herz raste. Ich sah in den Spiegel und wurde gewahrt, dass ich die letzten zwei bis drei Stunden genug wegen diesem Jo geheult hatte. Und ich war ungeschminkt. Schon den ganzen Tag über…und wer mich kennt, weiß, dass ich nichts ohne Schminke mache.
Ich war mutig, als ich mich erhobenen Hauptes ins Wohnzimmer setzte. Ungeschminkt. Jo sah mich und lächelte sein allzu bewährtes Lächeln, wenn sein Mädl irgendwo aufkreuzt. Er stand auf und wollte mir die Hand schütteln. Ich blieb sitzen. U. starrte betrunken in der Gegend herum und versuchte zu essen. Ich sah Jo finser in die Augen und er setzte sich wieder. Geschlagen. Enttäuscht. Männer sind ja so gute Schauspieler, dachte ich mir. Er meinte, das sei nicht so höflich. Ich meinte, dass es nichts mehr zu sagen gibt. U. meinte, dass Jo doch noch ein Bier trinken könne. Jo wolte gerade nein sagen, da sagte ich: Ja, klar, ich hol uns drei Bier! Jo war schockiert. Ich auch. Ich betete, dass wir drei haben. Wir hatten nur zwei im Kühlschrank. Ich trank also ein warmes, was mir egal war, solange ich niecht die Flaschen vertausche. Beim öffnen zitterten meine Hände, weil Jo mich ansah. Es war ein sehr eindringlicher Blick… Wir steißen an.
Als U. kurz verschwand, saß ich für Sekunden alleine mit Jo da. Er nutze die Situation, beugte sich vor und sah mich so an, dass ich nicht einfach teilnahmslos auf den Fernseher blicken konnte. Also sah ich ihn an. Er meinte: Was habe ich dir getan. Ich: Es gibt nichts mehr zu reden. Er fragte wieder, diesmal in dramatischem Ton: Was habe ich dir getan! Ich hätte eventuell sagen sollen, dass er nicht so theatralisch sein soll. Doch die sauber einstudierten Fremdwörter entfielen mir bei seinem Anblick. Und ich bekam so ein Gefühl. Ein schönes Gefühl bei seinem Anblick. Verdammt. Ich musste unbedingt kalt bleiben. Meine Vernunft zwang mich. Vorerst gewann sie. Ich griff nach meinem Bier. Jo sah mich immer noch an.
U. kam wieder und Jo sah ihn kurz an, dann lehnte er sich zurück, forderte mich mit einem Blick heraus, weil ich auch so dasaß und meinte zu U.: Weshalb ich gekommen bin…. (U. sieht ihn nicht an) …ich liebe deine Tochter. (U. sieht ihn immer noch nicht an) Ein Stich traf mich leicht, als ich Jo ansah. Ich hatte ihn noch nie von Liebe sprechen hören. Dann beugte er sich vor um auch den Blick von meinem Dad einzufangen und meinte: Ich möchte um ihre Hand anhalten. Ich murmelte etwas von: .“..zum wievielten Mal…“ und er sah mich an. Sehr ernst. Sehr entschlossen. Ich redete mir alles aus, was ich denken wollte und sogar dachte. Irgendwann muss Schluss sein. Nichts geschah. Ich war zu verwundert gewesen um mitzuspielen.
Jedenfalls setzte sich meine Mum dazu und wir fingen alle ein Gespräch an. Jo sprach oft das aus, was ich dachte. Zum Beispiel nach der Lotto-Ziehung. Er: Scheiß Zahlen. Ich: Das dachte ich gerade auch. Ich sagte nicht viel. Sogar sehr wenig. Aber das ist mein Haus und mein Revier und Jo hatte diesen Vorteil nicht. Eigentlich kindisch und blöd, aber so denkt er.
Wir unterhielten uns über die streitenden Besitzer vom Nest und Jo meinte auf einmal: Wir Männer sind unschuldig, denn wir machen ja nichts. Ich geriet in rage, beugte mich vor (Ich saß ungeschminkt, mittlerweile sogar unelegant im Schneidersitz mit einer Pulle Bier und Augenringen auf einem Sofa) und meinte: Nein… Aber ich kam nicht dazu den Satz oder besser gesagt auch nur das Wort zu beenden! Jo begann herumzuschreien, zu lachen und mir aus die Schenkel zu klopfen, sprich: Annäherung. Mist. Ich ließ ihn sich wieder beruhigen, lachte aber auch mit, weil ich nicht anders konnte. Ich wurde mitgerissen. Jo meinte: Na sieh mal an, sie bekommt sogar rote Bäckchen! Ich wurde schlagartig ernst und fragte, ob ich jetzt auch mal was sagen durfte. Also sagte ich, dass manchmal Nichtstun auch ein Fehler ist. Wir wollten diskutieren. Wir beide. Ich sah es in seinem angetrunkenen Blick. Ich dachte nicht mehr nach. Ich wusste, nein, ich weiß, dass er das auch vermisst hat. Sonst wäre er nicht gekommen. Warum er wirklich gekommen ist? Er ist von seiner Ex-oder-nicht-Ex weggelaufen, die zu ihm zu Besuch kommen wollte. Er ist zu mir gekommen, um es hinauszuzögern. Er hat so getan, als ob er kein Handy hätte, obwohl es geklingelt hat. Und ich frage mich…macht sich jemand solche Mühe? Spielt jemand solch ein Spiel, nur um eine andere Person im Keim ihrer Hoffnung ersticken zu lassen?
Verdammt…da muss was sein.
Zum Abschied meinte er, ob wir nun alleine zurechtkämen und sah mich an. ich nickte und lächelte. Er gab mir in diesem Moment das Gefühl etwas Besonderes zu sein, ohne es zu wollen…
Aber ich weiß, ich weiß…das wird nie was werden.
Morgen fahre ich für eine Woche nach Prag.
Es hat mir so unbeschreiblich gut getan davor nochmal mit ihm zu reden. Die Sehnsucht…sie war so stark. Zu stark. Ich habe bis jetzt so lange Zeit geschwiegen, weil ich wusste, dass er das alles wieder machen wird. Diese Versprechen, die keine und doch welche sind. Und obwohl ich so getan habe, als wäre das ganze vorbei – was es nicht war, weil so eine Liebe nicht von heute auf morgen aufhört -hat es mir nichts gebracht. Schicksal? Doch ohne Zukunft…