Ansichtssache(?)

Das ewige Thema Gestaltung.

In meiner bisherigen Ausbildung zur Fotografin habe ich eine Menge gelernt. Ob vom Betrieb, der Schule, neuen Freunden oder von Büchern (und YouTube)…und obwohl ich so ein Theoriejunkie bin, musste ich feststellen, dass ich in der Praxis genau so gut bin. In der Zwischenprüfung hatte ich ja 88 von 100 Punkten. Diese verteilen sich auf jeweils 88 Punkte im Schriftlichen und im Praktischen. Das sollte mir eigentlich neuen Mut machen, mehr zu fotografieren und meinen Stil zu finden (wobei das gar nicht so wichtig sein soll…).

Das Ergebnis meiner Prüfung kann man jetzt positiv werten und sagen: „Hey, ich kann ja doch fotografieren!“ oder negativ: „Oh shit, warum bin ich in der Theorie so schlecht wie in der Praxis, wo ich ja nicht fotografieren kann undundund“
Ich beschließe, mich nicht festzulegen, das Thema abzuhaken, mich neuen Herausforderungen zu widmen. Zugegeben, mein Geist drängt nach einer Bewertung dieser Situation, aber diese fällt seit meinem Stress mit dem Berichtsheft sowie den praktischen Aufgaben dazu und den Vergleichen mit eigentlich weitaus besseren Fotografen aus meiner Klasse, eher positiv aus. Ich beginne zu meinen Bildern zu stehen und dank meinem Kollegen MR auch zu begreifen, wann es lächerlich ist, zu seinen Bildern zu stehen.

Die wichtigste Regel hierbei ist, dass ALLES, jede noch so winzig kleine gestalterische korrekt – oder auch inkorrekt(!) – umgesetzte Idee, NIEMALS „einfach so geworden“ sein darf. Alles muss Hand und Fuß haben und das unterscheidet uns vom Smartphone-Selfie-Maker, vom Schnappschussfotografen. Wir müssen Stilmittel kennen, Gestaltung theoretisch beherrschen und praktisch einbauen können oder auch gegen die Mittel der Gestaltung absichtlich und mit Bedacht verstoßen können, um etwas Neues zu schaffen. Das kann man auch als Gestaltungsmittel werten.

Und all das hier ist ein nie abzuschließender Prozess. An jedem Bild wächst man ein Stück.

Doch wie ist das möglich? Wie kann eigentlich noch bei all dem vorher dagewesenen noch etwas Neues entstehen? Wann fesselt uns ein Bild und wann lässt es uns kalt?
Allgemein gilt: Als „besonders“ wird jenes beurteilt, das bis dato einmalig und noch nie vorher dagewesen ist. Taucht etwas zum ersten Mal auf, so erweckt es (eher) unsere Aufmerksamkeit. Als Beispiel ist hier zu nennen, dass gute Literatur, Architektur, Kunst im allgemeinen von damals als so viel besser gilt, als das „Zeug“ von heute. „Früher war ja alles besser.“
Das stimmt nur gewissermaßen. Wird etwas bereits Vorhandenes und alltäglich Vorkommendes abgebildet, so erachten wir es häufiger als nichts Besonders, es sei denn, es bedeutet uns persönlich etwas durch seine Aussage/seinen Zusammenhang oder wir gestalten es durch die Mittel, die uns bekannt sind, spielen mit der Perspektive, dem Blickwinkel…der Lichtmalerei…erschaffen etwas „Neues“, das auch etwas Alltägliches in so ein faszinierendes Licht rückt, dass wir zuerst gar nicht unseren Augen trauen können.
Diese Arbeit zeichnet einen guten Künstler aus. Gestaltung als Mittel zur Erlangung von Anerkennung, Fesselung von „sehenden Menschen“ in unserer Gesellschaft…
Es wird niemals bei jedem funktionieren, denn sonst wäre dies nicht ein ewiger Prozess, der an seinen Kritike(r)n wächst. Außerdem ist Geschmack ja bekanntlich Ansichtssache.

Anbei:
Was mich jedoch immer wieder aufs Neue wundert, ist diese unerschrockene Verbissenheit der Illustriertenverleger in Photoshop-Cover-Girls. Als wäre der Verflüssigenfilter in Photoshop etwas ganz Neues und porenlose Haut etwas so Erstrebenswertes.
Laaaangweilig – kann ich da nur sagen. Lasst euch mal was Neues einfallen!
Wie zum Beispiel das hier:

Photoshop Has Gone Too Far

Posted by Journey

Kategorie: Allgemein

Autor: Journey

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2 Kommentare        

> dass ALLES […] NIEMALS „einfach so geworden“ sein darf

Ich teile die Künstler ja in zwei Gruppen ein:
1. die normalen, die durchaus beachtenswerte Kunst hervorbringen und dafür erfolgreich all die gängigen, akzeptierten Regeln befolgen, die gerade en vogue sind. Das meine ich ohne Sarkasmus!
2. die genialen, denen das alles Schnuppe ist und die geniale und neuartige(!) Kunst hervorzubringen in der Lage sind.

Beispiel: Von Eric Clapton erzählt man sich, er könne keine Noten lesen. Hat wahrscheinlich keinerlei Ahnung von Musiktheorie oder gar -psychologie. „Komponiert“ hat er dennoch die geilsten Lieder 🙂

Danke! Du darfst mich ab jetzt gerne wieder „belästigen“, denn ich bin zurück und habe auch vor, wieder etwas mehr zu schreiben. Nun ja…ich habe es zumindest vor, also nuuuur kein Stress.
; )

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