Letze Woche besuchte ich zu einem scheinbar sehr ungünstigen Zeitpunkt Mr. Chocolate. Ich bekam dank dem Sonntag, einem Unwetter und Bauarbeiten nämlich erstmals einen Teil der negativen Seite der Deutschen Bahn zu spüren.
Wenn ich mich normalerweise auf die Weltreise zu meinem Freund begebe, fahre ich zuerst mit dem Bus von K. nach V. und von dort aus weiter nach Rttw. Von dort fährt dann wiederum ein Zug nach Stuttgart, wo ich eine halbe Stunde Aufenthalt habe, bis es weiter nach Würzburg geht. Ab da ist es nicht mehr weit. Nur noch einmal eine Viertelstunde Zugfahrt und eine Busfahrt (falls ein Bus fährt). Da allerdings diesmal kein Zug direkt von Stuttgart nach Würzburg fuhr, erwies sich das schon mal als kompliziert und ich musste auf den Schienenersatzverkehr zurückgreifen, da alles andere nicht möglich oder aufwändiger war. Da ich der DB-Webseite nicht traue, habe ich nämlich alle möglichen Verbindungen eingegeben. Wer weiß, was die mir unterschlagen wollen? Die Seite hält es ja auch nicht für nötig mir mitzuteilen, dass sich fast 15 € allein auf der Hinfahrt einsparen lassen.
So machte ich mich also auf eine sinnfreie Stunde warten in Stuttgart und zwei weitere Umstiege gefasst, von denen ich einen mit viel Biegen und Brechen sehr sehr knapp erreichen würde. Ja und dann…hielt mein Zug und fuhr nicht weiter. Man bat uns alle auszusteigen und ich erreichte zum Glück noch die S-Bahn, die auch nach Stuttgart fuhr. So löste sich meine Stunde Luft auch wieder auf. Während ich in der S-Bahn saß, fragte ich mich, wo in Stuttgart eigentlich der Unterschied zwischen S und U-Bahn liegt, denn irgendwie fahren beide oben und unten… (Kann mir das jemand erklären?!)
Am Ziel angekommen lief ich zuerst planlos nach oben auf der Suche nach einer Rauchmöglichkeit. An einem Gleis fluchte ich erst einmal leise vor mich hin, bis ein Mann mit seinem kleinen Sohn auftauchte und fragte, ob der Zug Richtung Rttw. denn nicht fahren würde. Ich antwortete ihm dass er da Pech habe und ich gerade aus der Richtung mit der S-Bahn käme. Darauf meinte er nur: „Ach scheiße!!“ Sein kleiner Sohn tänzelte derweil um das Gepäck herum und meinte nur: „Scheiße, scheiße, scheiße,…“ Dem Mann schien das egal zu sein, ich fand es amüsant. Nachdem er dann erfolglos versuchte einen Mitarbeiter der Deutschen Bahn ausfindig zu machen, meinte er zu mir;. „Es ist Sonntag, in Duisburg hatten die auch alle geschlossen!“ Meine nach Gerechtigkeit strebende Seele meinte: „Nein, das geht doch nicht, hier geht alles unter!! Irgendwo MUSS doch eine Informationsstelle sein! Da sollte man das Ticket irgendwie umbuchen können, sodass Sie über eine andere Zugverbindung nach Konstanz können…“ (Wahrscheinlch war die Welt jedoch ungerecht…ich werde es nicht erfahren.) Der Mann bedankte sich und zündete sich nach dem Zugausfallschock erst mal eine Zigarette an. Zum Abschied wünschten wir uns gegenseitig viel Glück beim irgendwie Weiter- und hoffentlich auch Ankommen.
Am Gleis Richtung Würzburg wurde ich dann erst mal beleidigt. Ein Typ fragte alle sehr unfreundlich nach Feuer. Da ihm dank seiner Unfreundlichkeit keiner der rauchenden Menschen eines gab, fluchte und schrie er. Mich fragte er nicht mal, sondern zeigte mir eine abwertende Geste (zum Mittelfinger hat’s nicht ganz gereicht) und meinte: Fick dich, Alter!
Ich meinte nur halblaut zu mir selbst. Oh bitte, lass den nicht in meinen Zug steigen! Aber das ging in dem lauten „Ihr Wixxer“ des jungen Typs unter…ich frage mich, was mit ihm los war…war er etwa auch so sauer auf die Bahn wie ich?
Ich konnte mich erst entspannen, als ich wieder im Zug saß. Dort wechselte ich mehrmals den Platz. Das mache ich immer, wenn ich auf die Toilette gehe. Ich stehe auf, nehme alles mit und verlasse das Abteil, wenn ich mich unter den Menschen nicht so wohl fühle. Im neuen Abteil saß ich schräg gegenüber von einem Jungen, der leise Musik hörte und auch sonst ruhig schien. Dort fühlte ich mich wohler und ich löste ein bisschen Sudoku, bis der Zug in der Pampa hielt: Wir mussten wegen eines kreuzenden Zugs anhalten. Zwei gefühlte Meter weiter hielt der Zug dann erneut. Der Grund: Wegen spielenden Kindern im Gleisbereich. (Was ich hier dachte: zensiert) Im Geiste verabschiedete ich mich schon mal von meinem Bus, der gerade losfahren würde. Doch er wartete noch am Bahnhofsvorplatz auf uns und ich ergatterte dank einem Zick-Zack-Sprint (ich wusste nicht, in welche Richtung ich rennen musste) auch einen echt guten Platz.
Kurz nach mir stieg der Junge aus meinem Abteil ein, wir sahen uns kurz an und er setzte sich neben mich…und telefonierte erst mal ausgiebig. Ich konnte es nicht vermeiden zu lauschen und als seine Verbindung abbrach, sprach ich ihn an: „Du hast auch noch ‘ne weite Fahrt, oder?“ Ich erfuhr einiges über ihn. Er war aus Heilbronn gerade auf dem Weg zu seinem zweimonatigen Praktikum nach Lübeck. Ursprünglich hatte er sich für ein Studium beworben, bei dem er das Praktikum brauchte. Leider haben die ihn dann doch nicht genommen, aber er wollte es dennoch machen, da er sonst nichts zu tun hatte und es ihm ja nicht Schaden konnte.
Durch die ganzen Unterbrechungen des vorigen Zuges kamen wir fast eine Viertelstunde später an. Wie bereits geschrieben, war der Bus noch da und der Fahrer gab ordentlich Gummi, sodass wir von den 10 Minuten Umsteigezeit am nächsten Bahnhof noch knapp zwei Minuten hatten, um zum Zug zu hetzen. Ich half dem jungen Kerl mit seinem Gepäck und wir setzten uns wieder zusammen hin und redeten weiter über Handys, EDV, Bildbearbeitung, über alles Mögliche eben. Er war für seine 19 Jahre ein netter Gesprächspartner und ich mochte die Art seiner Mimik und Gestik, denn er riss beim Reden immer besonders weit die Augen auf. Das gab einem ein Gefühl von Begeisterung und Interesse.
In Würzburg brachte ich ihn noch zu seinem IC, da ich mehr Umsteigezeit hatte als er. Wir umarmten uns zum Abschied und er bedankte sich für die Fahrt und alles. Ich fand, dass man sich auch nett mit ihm unterhalten konnte und wir gingen auseinander…wie so oft Menschen auseinander gehen…
An meinem eigenen Gleis angekommen kaufte ich mir erst einmal eine Suppe im Becher und lief etwas umher. Gedankenversunken sah ich dem IC nach und versank anschließend in der Oberfläche und den drei kringelförmigen Nudeln meiner Nudelsuppe. Dann ging es auch schon weiter. Mittlerweile war ich schon fast 7 Stunden unterwegs.
Im Zug blickte ich weiterhin in meine Suppe, als ich bemerkte, wie zwei Männer sich durch das Abteil schlängelten. Der eine blieb vor mir stehen und blickte ebenfalls in meine trübe Suppe. Dann wurde meine Suppe von einem Polizeiausweis überdeckt und die Herren wollten meinen Ausweis sehen. Im Abteil saß noch ein Mann, den sie ebenfalls aufforderten, ihnen den Ausweis zu zeigen. Nur der bekam seinen sofort wieder, bei mir rief er erst mal jemanden an und nuschelte irgendetwas in den Hörer. Im Vergleich zu anderen bin ich immer unschuldig, wenn es um so was geht. Ich sehe einfach nur nicht so aus… deshalb werde ich in Würzburg auch ständig kontrolliert…Mr. Chocolate hingegen wird bis zu dreimal kontrolliert, worüber ich mich endlos aufregen könnte…ich hasse einfach Rassismus…
Der Polizist gab mir hyperfreundlich meinen Ausweis wieder und wünschte mir eine wunderschöne weiterfahrt. Dann verschwanden die beiden wieder. Ich sah rüber zu dem Mann aus meinem Abteil. Synchron zuckten wir mit den Schultern und er meinte: „Seh’n wir etwa aus wie Terroristen??“ Das mündete in eine interessante Unterhaltung von Diskriminierung und Rassismus der Polizei uns Menschen gegenüber.
Er musste auch dort aussteigen, wo ich raus musste und unsere Wege trennten sich. Vor der Sparkasse trauen wir uns dann seltsamerweise wieder und redeten noch zwei drei Sätze, bis ich endgültig zum Taxi lief, das mich zu Mr. Chocolate bringen sollte.
Das lustige war: Er hatte so früh gar nicht mit mir gerechnet…es war noch nicht einmal 17 Uhr, normalerweise verschlief ich immer oder fuhr später. Aber man bemerke: Sich 6 Wecker zu stellen zahlt sich aus! : D
…besonders für meinen Mann…♥♥♥
Autor: Journey